17.08.2004
Erstmals in Thüringen "Hirnschrittmacher" eingesetzt
Neues Operationsverfahren bei Parkinson am Universitätsklinikum Jena erfolgreich angewendet
Neue Hoffnung für Thüringer Parkinson-Patienten: Neurologen und Neurochirurgen des Universitätsklinikums Jena haben gemeinsam erstmals in Thüringen einen "Hirnschrittmacher" zur Linderung der Parkinson'schen Erkrankung erfolgreich eingesetzt. Bei diesem auch als "Tiefenhirnstimulation" bezeichneten Verfahren wurden einem 70jährigen Parkinson-Patienten zwei Elektroden in die Tiefe beider Großhirnhälften eingesetzt, über die ein Neurostimulator ständig hochfrequente schwache Stromimpulse abgibt. Diese stimulieren eine nur wenige Millimeter im Durchmesser große Ansammlung von Nervenzellen, einen sogenannten "Kern" (subthalamischer Kern oder Nucleus subthalamicus), und lindern dadurch die Hauptsymptome der Parkinson'schen Krankheit wie das Zittern und die Einschränkung der Beweglichkeit.
Nach der erfolgreichen "Hirnschrittmacher"-Operation zeigt auch der Jenaer Patient eine erfreuliche Besserung seiner Beweglichkeit, erklärten die behandelnden Oberärzte Dr. Günther Heide (Klinik für Neurologie, Direktor: Prof. Witte) und Dr. Rupert Reichart (Klinik für Neurochirurgie, Direktor: Prof. Kalff). Der Patient konnte bereits nach Hause entlassen werden.
Der bei dem Eingriff gleichzeitig mit den Hirnelektroden eingesetzte Neurostimulator ähnelt einem Herzschrittmacher, ist etwas größer als eine Streichholzschachtel und wird unter dem Schlüsselbein eingesetzt. "Die Stromimpulse sind für den Patienten völlig schmerzfrei und werden nur an der Besserung seiner Beschwerden bemerkt", erläutert der Neurochirurg Rupert Reichart die Funktionsweise. Um bei dem aufwändigen Eingriff das Kerngebiet von der Kopfoberfläche mit den Elektroden zielsicher anzusteuern, ist ein spezielles Operationsverfahren notwendig (die sogenannte Stereotaxie), mit dem die Lokalisation eines Zielpunktes im Gehirn auf Bruchteile von Millimetern genau erfolgen kann. Hierfür sind umfangreiche Untersuchungen mit dem Kernspin- und Computertomografen und eine computergestützte Bildbearbeitung notwendig. Die korrekte Lage der Elektroden wird während der Operation durch Ableitungen der Nervenzellsignale aus der Tiefe des Gehirns überprüft und vor Beendigung des Eingriffs über einen Computertomografen direkt im Operationssaal gesichert.
"Mit der in Frankreich entwickelten "Tiefenhirnstimulation" steht uns jetzt eine neue Methode zur Verfügung, mit der die Behandlung der fortgeschrittenen Stadien einer Parkinson'schen Krankheit revolutioniert wird", ist Oberarzt Heide überzeugt.
In Deutschland sind schätzungsweise 250.000 Menschen von der Parkinson'schen Krankheit betroffen. Bisher kommt es einige Jahre nach Beginn der medikamentösen Therapie der Erkrankung häufig zu einem zunehmend schlechteren Ansprechen auf die Tabletten. Die Patienten leiden unter unvorhersehbar auftretenden, immer länger werdenden Phasen, in denen Bewegungen trotz größter Willensanstrengung kaum mehr möglich sind. Durch die "Tiefenhirnstimulation" werden diese für den Patienten sehr quälenden Zustände entscheidend verringert und damit die Lebensqualität nachhaltig verbessert. Zudem ist meist eine deutliche Reduktion der Medikamentendosis möglich.
Mit der Einführung des "Hirnschrittmachers" am Universitätsklinikum Jena steht nun auch in Thüringen ein Zentrum zur Verfügung, in dem das innovative Verfahren durchgeführt werden kann, nachdem bisher die Patienten aus der Region zum Teil in weit entfernten Kliniken behandelt werden mussten.
Ansprechpartner:
Oberarzt Dr. Günther Heide
Klinik für Neurologie, (Direktor: Prof. O.W. Witte) , Universitätsklinikum Jena
Tel. 03641/9 32 34 21
E-Mail:
Oberarzt Dr. Rupert Reichart
Klinik für Neurochirurgie, (Direktor Prof. R. Kalff), Universitätsklinikum Jena
Tel. 03641/ 9 32 30 20
E-Mail: