02.03.2004
Herzinfarkttherapie mit Wachstumsfaktoren
Neues Therapieverfahren mit ermutigenden Ergebnissen jetzt erstmalig weltweit von Jenaer Kardiologen in der neuesten Ausgabe der Deutschen Medizinischen Wochenschrift vom 27.02.04 publiziert (Dtsch Med Wochenschr. 129 (2004) 424-28)
In Deutschland treten pro Jahr etwa 277.000 Herzinfarkte auf. Hervorgerufen durch ein verschlossenes Herzkranzgefäß bedeutet eine solche Erkrankung den Verlust von funktionstüchtigem Herzmuskelgewebe.
Das Ziel der gegenwärtigen Therapie ist, das verschlossenen Kranzgefäß schnellstens mit Hilfe von Blutgerinsel-auflösenden Medikamenten oder besser mittels Herzkatheter und Einbringung einer Gefäßstütze wieder zu eröffnen, um damit den Verlust von funktionstüchtigem Herzmuskelgewebe zu begrenzen. Trotz dieser Maßnahmen gehen aber viele Herzmuskelzellen aufgrund der meist für mehrere Stunden unterbrochenen Durchblutung zugrunde. Seit ca drei Jahren wird nun versucht, durch körpereigene Stammzellen eine Regeneration von Herzmuskelgewebe zu erreichen. Hierzu wird den Patienten ca 5 Tage nach dem Infarkt Knochenmark entnommen, aufgereinigt und über das in der Akutphase eröffnete Herzkranzgefäß werden diese körpereigenen Stammzellen rückinfundiert mit dem Ziel, daß sich diese Zellen im Milieu der durch den Infarkt zugrunde gehenden Herzmuskelzellen in wieder funktionsfähige Muskel- und Blutgefäßzellen umwandeln. Erste Ergebnisse mit diesem Therapieverfahren sind ermutigend. Nachteile dieses Verfahrens sind jedoch, daß eine erneute, den Patienten belastende Punktion des Beckenkammes zur Gewinnung von Knochenmark notwendig ist, und daß die Aufreinigung dieser Zellen zum lokalen Wiedereinspritzen nur meist in solchen Kliniken durchgeführt werden kann, die Voraussetzungen für die Knochenmarktransplantationen haben.
Dr. Friedhelm Küthe untersuchte zusammen mit dem Direktor der kardiologie der Jenaer Universitätsklinik, Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla, und weiteren Mitarbeitern der Unikliniken, ob nicht ein anderer Weg zur Reparation von Herzmuskelzellen beschritten werden kann. Im Zeitraum von Juli bis November 2002 wurde 5 Patienten das verschlossene Herzkranzgefäß sofort nach Ankunft in der Klinik mit einem Herzkatheter und Einbringung einer Gefäßstütze wieder eröffnet. Zwei Tage nach dem akuten Infarkt wurde dann durch die Injektion des Wachstumsfaktors G-CSF in das Unterhautfettgewebe ein ca 10-facher Anstieg der weißen Blutkörperchen induziert, der mit einem ca 25-fachen Anstieg der adulten Stammzellen verbunden war. Die jetzt im Blut zirkulierenden Stammzellen hatten nun die Möglichkeit, sich entlang des wieder eröffneten Herzkranzgefäßes in dem Herzinfarktareal einzunisten und das Gewebe in den folgenden Wochen partiell zu reparieren.
Zur Kontrolle des Therapieerfolges wurde die Pumpfunktion, regionale Wandbewegung des Herzens im Infarktareal und die Durchblutung unmittelbar vor der Entlassung und nach drei Monaten kontrolliert. Die Ergebnisse weisen jetzt erstmalig weltweit aus, daß sich die Funktion der linken Herzkammer deutlich gebessert zeigte, ebenso die Durchblutung des vom Infarkt betroffenen Areals des Herzmuskels. Die jetzt veröffentlichten Ergeb-nisse waren so ermutigend, daß die Behandlung in der Zwischenzeit an wei-teren 8 Patienten durchgeführt wurde. Zwischenergebnisse bestätigen die bei den ersten 5 Patienten erhobenen, ermutigenden Befunde.
"Das Besondere dieser Methode besteht u.a. auch in der einfachen Durchführbarkeit und der geringen Belastung des Patienten gegenüber der Stammzellgewinnung aus dem Beckenkamm, so daß dieses reparative Behandlungsverfahren in allen Krankenhäusern, welche die Akut-Rekanalisa-tion von verschlossenen Herzkranzgefäßen durchführen, eingesetzt werden kann und somit vielen Patienten zugute kommen kann", betonen die Wissen-schaftler.
Mit den erzielten Ergebnissen haben die Jenaer Wissenschaftler eine gute Ausgangsposition für die internationale Weiterentwicklung der Therapie des Herzinfarktes geschaffen und damit vielleicht einen bedeutenden Meilenstein gesetzt.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla (Tel.03641-9324000)
Dr. Friedhelm Küthe (Tel. 03641-9324538)
Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101, 07747 Jena