Jena (UKJ/as). Meist befindet sich die neunjährige Nelly hoch oben. Bei Türmen und anderen Haltefiguren, die sie zusammen mit ihren Kolleginnen Jette und Emilia baut, ist sie diejenige, die den krönenden Abschluss bildet. Um Balance und Dynamik geht es vor allem bei der Sportakrobatik, die die drei Mädchen seit mehr als vier Jahren zusammen betreiben. 2016 erzielten sie sogar den ersten Platz ihrer Altersklasse bei den Thüringer Meisterschaften. Kein Zuschauer kommt auf die Idee, dass Nelly an Mukoviszidose erkrankt ist. „Dass sie mit dieser lebensbegrenzenden Erkrankung bessere Leistungen als viele Gleichaltrige erzielt, ist wirklich bemerkenswert“, so PD Dr. Jochen Mainz, Leiter des Mukoviszidose-Zentrums an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Jena (UKJ).
Bei der Erbkrankheit, die auch Cystische Fibrose genannt und daher meist mit CF abgekürzt wird, ist der Salz- und Wassertransport der Drüsenzellen gestört. Verschiedene Sekrete sind daher zähflüssiger als gewöhnlich. Gerade in der Lunge führt dies zu Schleim, der sich nur schwer abhusten lässt, so dass sich Bakterien ansiedeln können. Viele Patienten leiden daher an chronischem Husten, häufigen Lungenentzündungen und Infekten der Atemwege. Weil der Schweiß mehr Chlorid enthält als bei Gesunden, kann die Erkrankung über einen sogenannten Schweißtest erkannt werden. So sind auch Nellys Eltern zu der Diagnose gekommen. „Da waren wir bereits sechs Monate von Arzt zu Arzt gelaufen, weil wir das Gefühl hatten, dass etwas nicht stimmt“, erinnert sich Jens Höfer, Nellys Vater.
„Noch bis vor 30 Jahren wurde Menschen mit Mukoviszidose verboten, Sport zu treiben“, so Dr. Mainz. Das hing vor allem mit der Sorge zusammen, dass die ohnehin schon dünnen Kinder durch Bewegung zu viel Energie verlieren würden. Fehlende Verdauungsenzyme im Darm erschweren bei Mukoviszidose die Aufnahme von Nährstoffen, was wiederum zu Untergewicht führt. Erst, seitdem Enzyme in Kapseln hergestellt werden können, die die Aufgabe der Bauchspeicheldrüse übernehmen, begann der Dogmenwechsel. Durch bis dahin nicht empfohlene fettreichere Nahrung wurden die Kinder kräftiger und die positiven Effekte von Sport rückten in den Vordergrund.