Jena (UKJ/km) Ist der Blutzuckerspiegel ständig erhöht, leiden die Blutgefäße. Besonders die kleinen, empfindlichen Kapillaren der Netzhaut können Schaden nehmen. Diese Folgeschäden werden diabetische Retinopathie genannt. Ohne Behandlung kann sie zu einer Minderung des Sehvermögens führen – in extremen Fällen bis hin zur Erblindung. In der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Jena (UKJ) gehören Diabetiker regelmäßig zu den ambulant oder stationär behandelten Patienten.
„Bei einer diabetischen Retinopathie bilden sich zunächst Mikroaneurysmen, das sind winzige Gefäßaussackungen“, erklärt Oberarzt Dr. Ulrich Voigt von der Augenklinik am UKJ. „Einblutungen und Fettablagerungen, sogenannte harte Exudate, in der Netzhaut sorgen im weiteren Verlauf dafür, dass ganze Netzhautareale nicht mehr richtig durchblutet werden.“ Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zur krankhaften Neubildung von Blutgefäßen und zu Schwellungen im Bereich des schärfsten Sehens, einem Makulaödem. Erst dann, wenn die Sehschärfe spürbar beeinträchtigt ist, merken die Patienten die Augenschädigung selbst.
„Umso wichtiger ist es, dass Diabetiker regelmäßig zur Untersuchung durch einen Augenarzt gehen“, so der Leiter der Augen-Poliklinik. Die Standard-Untersuchung des Augenhintergrundes ist Teil der Chroniker-Behandlungsprogramme (DMP), von der heutzutage ein Großteil der Diabetiker profitiert. Augenschäden bei diesen Patienten würden so in der Regel nicht übersehen, schätzt Dr. Voigt ein. „In der heutigen Zeit muss niemand mehr wegen Diabetes erblinden.“
Zur Diagnostik in die Jenaer Augenklinik kommen Erkrankte mit Überweisung ihres behandelnden Augenarztes, wenn eine genauere Einschätzung des Krankheitsstadiums erforderlich ist. Mithilfe einer Spezialuntersuchung, der Fluoreszenzangiografie, lassen sich hier die winzigen Aneurysmen, Spuren von Einblutungen, unerwünschte Gefäßneubildungen und schlecht oder nicht durchblutete Areale der Netzhaut darstellen. Dazu wird den Patienten ein fluoreszierender Farbstoff gespritzt, um die Gefäße besser sichtbar zu machen. Das Verfahren gibt Aufschluss darüber, ob eine gezielte Augenbehandlung erforderlich ist. „Oftmals ist das nicht der Fall, so dass die regelmäßige Kontrolle beim heimischen Augenarzt ausreichend ist“, so der Mediziner.
Bei festgestellter Behandlungsbedürftigkeit sind Lasern oder Spritzen die Therapieoptionen. Die Laserbehandlung, bei der die schlecht durchbluteten Netzhautareale verödet (koaguliert) werden, bezeichnet Dr. Voigt als „Goldstandard“. Bei Schwellungen im Makulabereich greifen die Mediziner zunächst zur Spritzentherapie. Die dafür verwendeten Medikamente (Anti-VEGF), die auch bei der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zum Einsatz kommen, wirken antiödematös und bekämpfen die Schwellung der Makula. Darüber hinaus bremsen sie das krankhafte Wachstum minderwertiger Gefäße.
„Eine gute Blutzucker- und Blutdruckeinstellung kann das Entstehen der diabetischen Retinopathie deutlich hinauszögern oder ihr Fortschreiten hemmen“, betont Dr. Voigt. Wichtig sei es vor allem, starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels zu vermeiden und regelmäßig die augenärztlichen Kontrolluntersuchungen in Anspruch zu nehmen. „Nach der Diabetes-Erstdiagnose sollte zeitnah auch ein Augenarzt aufgesucht werden, danach mindestens alle zwei Jahr einmal, bei bereits vorliegenden Veränderungen der Netzhaut sind in Abhängigkeit des Befundes häufigere Kontrollen erforderlich. Das Kontrollintervall wird dann vom behandelnden Augenarzt bestimmt. Bei schwangeren Diabetikerinnen, deren Blutzuckerspiegel wegen der Hormonveränderungen größeren Schwankungen unterliegen kann, ist ein Augenarztbesuch in jedem Schwangerschaftsdrittel angezeigt.“
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