Jena (UKJ). Um die alljährliche Grippeschutzimpfung ranken sich viele Mythen. Viele haben Vorurteile gegen die Wirksamkeit des Impfstoffes. Eine echte Grippe ist jedoch eine ernsthafte Erkrankung, gegen die wir uns und andere Menschen nachweisbar nur mit der richtigen Impfung schützen können.
Prof. Mathias W. Pletz, ist Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena. Er gehört außerdem dem Expertenbeirat Influenza am Robert-Koch-Institut (RKI) an. Der Expertenbeirat Influenza berät das RKI vor und während einer Influenzapandemie bei wissenschaftlichen Fragen zur Influenza. Im Interview erklärt er, warum die Grippeschutzimpfung so wichtig ist.
Warum sollten sich alle Menschen gegen die Grippe impfen lassen?
Prof. Pletz: Grippe kann jeden treffen. Das wird oft unterschätzt. Nicht nur ältere Menschen sind einem hohen Risiko ausgesetzt, sondern auch Schwangere, Kinder unter fünf Jahren und chronisch Kranke. Sie alle riskieren im Falle einer Ansteckung ernsthafte gesundheitliche Probleme. Außerdem können nichtgeimpfte jüngere Menschen, die unter Umständen nur wenig Symptome zeigen, das Virus verbreiten und damit ältere und geschwächte Haushaltsmitglieder anstecken, die schwer erkranken können. Die Grippewelle im vergangenen Winter zeigte zum Beispiel, dass bei Influenza-bedingten Arztbesuchen sowie der geschätzten Anzahl der Krankenhauseinweisungen besonders Personen in den Altersgruppen ab 35 Jahre von der Influenza betroffen waren.
Im vergangenen Jahr konnten zwei große internationale Studien zeigen, dass in den ersten drei Tagen nach Beginn einer Influenza das Herzinfarktrisiko bei über 40-Jährigen um bis das Zehnfache ansteigt. Auch diese Gefahr kann – belegt durch Studien – durch eine Impfung vermieden werden.
Hat die Grippeschutzimpfung seit dem vergangenen Jahr eine größere Wichtigkeit erlangt?
Prof. Pletz: Absolut. Die Grippewelle im Winter 2017/18 war außergewöhnlich schwer, die schwerste seit 17 Jahren. Laut RKI hat es geschätzte neun Millionen influenzabedingte Arztbesuche (zwei Millionen mehr als in den starken Grippesaisons 2012/13 und 2014/15) gegeben, außerdem geschätzte 5,3 Millionen Influenza-assoziierte Arbeitsunfähigkeiten sowie geschätzte 60.000 Influenzabedingte Krankenhauseinweisungen. Allein für Berlin werden 1.100 Influenzaassoziierte Todesfälle geschätzt. Solche erdrückenden Zahlen führen dazu, dass sich immer mehr Menschen gegen Grippe impfen lassen.
Warum ist die Grippeschutzimpfung wichtig?
Prof. Pletz: Studien belegen, dass bis zu ein Drittel der Infizierten keine Symptome entwickeln, aber das Virus übertragen können – in der Klinik, in der Bahn, zu Hause: überall. Mit keiner anderen Impfung lassen sich mehr Leben retten.