Jena (ukj/ac). Ob beim Autofahren oder gemütlichen Liegen auf der Couch: Ute Kadenbach kann nicht richtig entspannen. Denn sie leidet schon seit vielen Jahren an chronischen Schmerzen in Rücken, Gelenken und Muskeln – und das vor allem, wenn sie zur Ruhe kommen will. Viel hat sie dagegen schon probiert, nichts hat geholfen – bis sie am Modellprojekt PAIN2020 teilgenommen hat. Das Projekt will Betroffene vor einer Chronifizierung ihrer Schmerzen bewahren. Dank ihrer Teilnahme daran hat sie mit dem Interdisziplinären Therapieprogramm für Schmerz-Patienten am Universitätsklinikum Jena (UKJ) nach kurzer Zeit eine auf sie zugeschnittene Therapie erhalten.
„Wenn trotz haus- und fachärztlicher Behandlung keine hinreichende Ursache für Beschwerden gefunden werden kann und die Schmerzen weiter bestehen, können sie chronisch werden“, so apl. Prof. Winfried Meißner, Leiter der Sektion Schmerztherapie und der Schmerz-Tagesklinik am UKJ. „Hier setzt PAIN2020 an. Das Projekt vernetzt die verschiedenen medizinischen Fachgebiete – Ärzte, Psychologen und Physiotherapeuten – viel früher als bisher miteinander, um Patienten eine optimale Diagnostik und Therapie zu bieten.“ Im Mittelpunkt von Pain2020 steht ein eintägiges Assessment durch physiotherapeutische, psychologische und ärztliche Schmerz-Spezialisten.
Davon konnte auch Ute Kadenbach profitieren. Mit Yoga, Pilates und Reha-Sport hat sie zunächst selbst versucht, ihre Schmerzen zu lindern. „Die genaue Ursache meiner Beschwerden konnte kein Mediziner diagnostizieren,“ so Kadenbach. „Meist sprachen sie von einer berufsbedingten Abnutzung – als Kindergärtnerin gehört Bücken, Heben und Knien zu meinem Alltag – und verschrieben mir Massagen.“ Die verschiedenen Behandlungen waren dabei oft nicht aufeinander abgestimmt. Ein interdisziplinäres Team hat Ute Kadenbach erst bei ihrem Auftaktgespräch am UKJ untersucht. Die Empfehlung der Experten: eine vierwöchige Behandlung in der Schmerz-Tagesklinik. „Dort hatte ich endlich Zeit, mich intensiv damit auseinanderzusetzen, was meine Schmerzen verschlimmert oder lindert, und was ich selbst dazu beitragen kann. Im Alltag kommt das oft zu kurz – hier verdrängt man die Probleme eher“, so die Patientin. In der tagesklinischen Behandlung steht dabei nicht nur im Fokus, wie Schmerzen theoretisch entstehen, sondern vielmehr, wie man zukünftig mit ihnen umgehen kann: nicht nur mit Medikamenten, sondern auch mit Sport, Atemübungen oder progressiver Muskelentspannung. „Mir ist nun bewusst, dass ich ein angespannter Mensch bin, der es oft allen recht machen will. Deshalb werde ich versuchen, mir jetzt mehr Pausen zu gönnen, um mich zu entspannen.“ Das ist eine der vielen Erkenntnisse, die Ute Kadenbach nach ihrer Therapie mit nach Hause nimmt. „Eigentlich hatte ich nur wenige Erwartungen an die Behandlung, da ich schon so viel probiert habe. Rückblickend bin ich aber wirklich froh und dankbar, teilgenommen zu haben. Besonders gefallen hat mir die Zusammenarbeit der Mediziner und Therapeuten, die wirklich als Team arbeiten und sich immer wieder gegenseitig abgesprochen haben.“
Hintergrund zu PAIN2020
Seit 2019 etablieren die Deutsche Schmerzgesellschaft und die BARMER mit dem Modellprojekt „PAIN2020“ eine neue Versorgungsform. PAIN steht dabei für Patientenorientiert, Abgestuft, Interdisziplinär und Netzwerk. Partner in Thüringen sind bisher das Universitätsklinikum Jena und die Zentralklinik Bad Berka. Das Projekt zielt darauf ab, dank einer strukturierten fachübergreifenden Herangehensweise, Patienten vor einer Chronifizierung ihrer Schmerzen zu bewahren und ihnen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Es richtet sich an BARMER-Versicherte ab dem 18. Lebensjahr, die seit mehr als sechs Wochen an schmerzbedingten Einschränkungen leiden. Mehr unter www.pain2020.de.
Schmerz-Tagesklinik am UKJ
Seit sechs Jahren gibt es am UKJ die Interdisziplinäre Multimodale Tagesklinik für Schmerzpatienten, in der jährlich etwa 100 Patienten an einer vierwöchigen, umfassenden Therapie teilnehmen. Zusätzlich erhalten etwa 250 Patienten pro Jahr dort eine schmerzmedizinisch fundierte Diagnostik.
Kontakt
apl. Prof. Winfried Meißner
Leiter der Interdisziplinären Multimodalen Tagesklinik für Schmerz-Patienten
Universitätsklinikum Jena
Am Klinikum 1
07740 Jena
Telefon: 03641 9-323150
schmerztagesklinik@med.uni-jena.de