Jena (UKJ/as). 10.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an Suizid – das sind mehr als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen. Die Zahl der Suizidversuche liegt noch um ein Vielfaches höher. Darüber aufzuklären ist Ziel des „Welttags der Suizidprävention“ am 10. September. Zahlreiche Aktionsstände am Johannistor in der Jenaer Innenstadt sind geplant sowie Vorträge und Kurzfilme im Haus an der Mauer. Am 11. September steht außerdem das Konzert „Depression unplugged“ im historischen Rathaus auf dem Programm, bei dem die Künstlerin Marie-Luise Gunst in ehrlichen Songs den schwermütigen Lebenskosmos beleuchtet.
Initiator der Aktionen ist das Netzwerk für Suizidprävention in Thüringen, kurz NeST. „Um mehr Leben zu retten, müssen alle Institutionen, die suizidgefährdete Personen betreuen, enger vernetzt werden. Außerdem ist es notwendig, vorhandene Hilfsangebote aus- und neue aufzubauen“, beschreibt Prof. Karl-Jürgen Bär, Direktor der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) das Ziel des Netzwerks.
Seit gut einem Jahr kooperieren die Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie am UKJ, die Thüringen-Kliniken „Georgius Agricola“ Saalfeld, das Asklepios-Fachklinikum Stadtroda und die Helios Fachkliniken Hildburghausen in diesem Netzwerk. Mit neuen Therapieangeboten, einer Beratungsstelle für Betroffene aus dem LSBTIQ*-Bereich, zahlreichen Weiterbildungen und Aktionen hat NeST bereits viel erreicht. Bis Ende 2020 wird das Projekt vom Bundesministerium für Gesundheit mit etwa 540.000 Euro gefördert.
„Suizidales Verhalten ist ein komplexes Phänomen“, so Prof. Bär. Einen Suizidversuch zu verhindern, sei daher auch eine vielschichtige Aufgabe. Wichtig sei, den Betroffenen, aber auch den involvierten Personen und Institutionen Unterstützung anzubieten. Oft erkennen Angehörige und wichtige Schlüsselpersonen wie Lehrer, Erzieher oder Psychotherapeuten suizidales Verhalten nicht. Deshalb liegt ein Schwerpunkt von NeST darin, diese Personen individuell zu schulen. Mehr als 2.000 Menschen hat die Projektgruppe im vergangenen Jahr bereits mit verschiedenen Weiterbildungen erreicht. Da das Thema Suizid stark durch die Berichterstattung in den Medien geprägt ist, haben die Experten auch Journalisten und Polizisten im richtigen Umgang mit der Thematik geschult. Aber auch die Thüringer Bürger gilt es, für das Thema Suizid zu sensibilisieren und Vorurteile abzubauen. Ein Mittel dafür sind Aktionstage wie der am 10. September.
NeST-Daten aus Geprächen mit Patienten nach Suizidversuch
- Seit April 2018 sind 123 Patienten nach einem Suizidversuch in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UKJ aufgenommen worden.
- Der Anteil von Frauen und Männern war in etwa gleich groß.
- Drei Viertel der Patienten war bereits früher schon einmal in psychiatrischer/psychotherapeutischer Behandlung, mehr als die Hälfte hatte bereits mindestens einen Suizidversuch unternommen.
- Fast die Hälfte der Patienten war an einer Depression erkrankt.
- Die meisten Patienten waren zwischen 20 und 29 Jahren alt, gefolgt von 40- bis 49-Jährigen.
- Die Hälfte der Suizidversuche fand zu Hause statt.
- Als häufigste Gründe wurden Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit sowie Konflikte mit dem Partner genannt.
Veranstaltungen im Überblick:
10. September 2019
„Welttag der Suizidprävention“
11 bis 19 Uhr
Aktionsstände vor dem Johannistor am „Faulloch“ sowie Vorträge und Kurzfilme im Haus auf der Mauer
11. September 2019
Konzert „Depression unplugged“ von und mit Marie-Luise Gunst
Beginn 19.30 Uhr (Einlass: 18.30 Uhr)
Plenarsaal des historischen Rathauses Jena
Informationen zum Projekt und zur Entstehungsgeschichte:https://www.startnext.com/depressionunplugged
Informationen zur Künstlerin:https://www.gunstwerk.com/
Kontakt:
Netzwerk zur Suizidprävention in Thüringen (NeST)
Mail:
Tel.: 03641-9390465
www.nest-thueringen.de