Jena (vdG/UKJ). Ein klares „Ja“ antwortet Prof. Dr. Veronika Engert auf die Frage, ob Stress ansteckend ist. „Wenn Menschen eine Stresssituation, zum Beispiel ein Prüfungsgespräch, miterleben, dann können wir unmittelbar einen erhöhten Hormonspiegel im Blut feststellen, auch wenn sie nicht selbst geprüft werden. Diese Reaktion gehört zu unserem sozialen Wesen, sie ist umso stärker ausgeprägt, desto enger wir dem Prüfling verbunden sind“, ergänzt die 44-jährige Psychologin. Sie hat seit dem vergangenen Wintersemester die Professur für Soziale Neurowissenschaft am Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena inne. Eines ihrer Forschungsgebiete beschäftigt sich damit, wie diese Stressübertragung vermittelt wird, zum Beispiel zwischen Mutter und Kind.
Ein anderer Schwerpunkt sind die Auswirkungen von chronischem Stress oder der Einfluss früher Lebenserfahrungen auf die langfristige Stressregulation. Diese Langzeitveränderungen können zu neurologischen, metabolischen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen, die auch mit dem Älterwerden assoziiert sind. Mit Hilfe labormedizinischer Untersuchungen und Hirnbildgebungsverfahren wie Magnetresonanztomographie untersucht Veronika Engert, wie Stress die Widerstandfähigkeit von Seele und Körper schwächt und warum die individuellen Unterschiede darin so groß sind. „Dabei interessiert uns besonders, wie sich mentales Training auswirkt und ob wir diese Wirkung physiologisch nachweisen können“, so Veronika Engert.
Schon in ihrem Psychologiestudium an der Universität Trier beschäftigte sich die Wissenschaftlerin mit den psychobiologischen Aspekten von Stress. In ihrer Promotion untersuchte sie den Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen und elterlicher Fürsorge auf die Wirkung von ADHS-Medikamenten. Nach einem mehrjährigen Forschungssaufenthalt an der McGill University in Montreal wechselte sie an das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, um auch zur Wirkung von Trainingsinterventionen zu forschen. Sie leitet hier die Forschungsgruppe „Sozialer Stress und Familiengesundheit“, die sie auch weiterhin betreuen wird.
In Jena findet Veronika Engert starke Kooperationspartner an Universität und Klinikum. Viele Anknüpfungspunkte sieht sie zum Beispiel für die Untersuchung der Empathie-abhängigen physiologischen Stressresonanz innerhalb der Patient-Therapeut-Beziehung oder die Fortführung der Stressinterventionsforschung auch für Patienten mit klinischen Erkrankungen, vor allem im Bereich der Alterserkrankungen. Mit Lehrveranstaltungen im Bereich der Psychoneuroendokrinologie möchte Professorin Engert Studierende sowohl in der Psychologie als auch in der Medizin für ihr Fachgebiet interessieren und sie in studentischen Projekten an die Forschungsarbeit heranzuführen. Gern ist die Mutter von drei Kindern Mentorin für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Vorbild dafür, dass sich der Koordinationsstress von Forschungstätigkeit und Familienleben bewältigen lässt.
Kontakt:
Prof. Dr. Veronika Engert
Soziale Neurowissenschaft, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 0 3641 939 80 45
E-Mail: veronika.engert@med.uni-jena.de