Jena (ukj/ac). Es gibt Situationen in einer Klinik, auf die man nicht vorbereitet ist: Wenn der junge Vater dreier Kinder die Diagnose einer unheilbaren Krankheit erhält. Wenn ein Kind nach einem schweren Verkehrsunfall nicht reanimiert werden kann. Oder wenn ein Kollege Suizid begeht. All dies sind belastende Erfahrungen, die verunsichern und verängstigen – sowohl die Patienten und Angehörigen als auch die Mitarbeiter selbst. Unterstützung erhalten die Betroffenen nun vom siebenköpfigen Klinischen Kriseninterventionsteam (KIT) am Universitätsklinikum Jena (UKJ). „Wir geben Orientierung und Halt in absoluten Ausnahmesituationen, schenken den Betroffenen die notwendige Zeit und unterstützen sie dabei, das eigene Gleichgewicht wieder zu finden“, fasst Dr. Teresa Deffner, Psychologin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin die Aufgabe des KIT zusammen. Damit gehört das Jenaer Uniklinikum zu einem der wenigen Kliniken deutschlandweit mit einem solchen Angebot.
„Ob auf Intensivstation, Palliativstation oder in der Onkologie, Psychologen sichern eine psychosoziale Grundversorgung bereits in verschiedenen Bereichen des UKJ – um Patienten und Angehörige zu unterstützen, aber auch um die ärztlichen und pflegerischen Kollegen zu entlasten“, sagt Dr. Deffner. „Obwohl die Klinikseelsorge zusätzlich im gesamten Klinikum in Krisenfällen tätig ist, gibt es nach wie vor Zeiten und Bereiche, die nicht abgedeckt werden können.“ Das möchte das Kriseninterventionsteam ändern – in dem es die Betreuung auf die Bereiche ausweitet, in denen sie vorher noch nicht vorhanden war und gleichzeitig das bestehende Angebot sinnvoll ergänzt. „Zunächst unterstützen wir an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 8 bis 18 Uhr. Perspektivisch möchten wir unser Team vergrößern, um die Zeiten weiter ausbauen zu können“, so Babet Lehmann, Klinikseelsorgerin am Jenaer Uniklinikum. Am Kriseninterventionsteam beteiligen sich aktuell Kolleginnen des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, der Abteilung Palliativmedizin, der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, der Sektion Neonatologie/ Pädiatrischen Intensivmedizin und die Klinikseelsorge am UKJ – also langjährig erfahrene Mitarbeiterinnen aus Bereichen mit hoher Krisenwahrscheinlichkeit.
Der Begriff „Krise“ ist weit gefasst. „Es geht grundsätzlich um Situationen, in denen die Betroffenen aufgrund einer hohen emotionalen Belastung überfordert sind oder sein könnten“, betont Lehmann. „Das kann beispielsweise die Mitteilung einer schwerwiegenden Diagnose am Sonntag sein oder die starke Trauer eines Patienten, dessen Ehefrau zu Hause verstorben ist während er in der Klinik liegt.“ Wichtig ist, dass das behandelnde Team auf Station das Kriseninterventionsteam möglichst frühzeitig alarmiert, wenn sich eine Krisensituation abzeichnet. Das Kriseninterventionsteam ist dann innerhalb von 45 bis 60 Minuten vor Ort, um die Betroffenen zu unterstützen und bei Bedarf die weitere Versorgung zu planen – damit niemand einsam die Krise überwinden muss.