Jena (ukj/ac). Ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Fragen einen erkrankten Menschen beschäftigen, ist das wichtigste bei Ulrike Spenglers Tätigkeit. Seit Februar ist sie als Evangelische Klinikseelsorgerin am UKJ tätig und macht damit das Seelsorge-Quartett am Klinikum komplett. „Krankheit verunsichert oft auch die Seele. Auch sie braucht Zuwendung – wie das gebrochene Bein den Gipsverband oder das kranke Herz den Bypass“, so Spengler. „Daher verstehen wir Seelsorge als Teil eines ganzheitlichen Heilungsansatzes, den wir gern in das System Krankenhaus mit einbringen.“
Nur den Namen und die Zimmernummer, mehr kennt die Seelsorgerin nicht von den Patienten, die sie besucht. „Mehr benötige ich auch nicht. Denn allein der Patient bestimmt das Thema des Gesprächs“, sagt Spengler. Ob Smalltalk, existenzielle Fragen oder Glaubensfragen – die Bandbreite ist groß. „Manchmal helfe ich den Patienten dabei, die eigenen Gefühle zu sortieren, die konkrete Angst zu benennen oder ein Gebet zu sprechen. In anderen Situationen bin ich da, um die Schwere einer Krise mitzutragen, gemeinsam nach Hoffnung in einer scheinbar hoffnungslosen Situation zu suchen oder einfach nur, um zuzuhören“, beschreibt die Klinikseelsorgerin.
Die Nähe zum Thema Seelsorge durchzieht Spenglers Biografie wie ein roter Faden – genauso wie ihre Verbundenheit zur Stadt Jena. Direkt nach ihrem Theologie-Studium in Jena zieht die gebürtige Jenenserin mit ihrer Familie zunächst nach Südthüringen, um dort ihre erste Stelle als Klinikseelsorgerin in Meiningen anzutreten. Zurück in Jena arbeitet die Theologin neun Jahre als Gemeindepfarrerin in Jena-Ost, bevor sie eine Stelle als Referentin für Seelsorge im Landeskirchenamt in Erfurt antritt. Weitere neun Jahre später ist sie nun wieder in Jena angekommen. „Und damit auch wieder an der ‚Basis‘“, so Spengler. „Denn Menschen in schwierigen Situationen zu begleiten, ist für mich das wesentliche in meinem beruflichen Selbstverständnis.“
Gerade in Corona-Zeiten wird deutlich, wie wichtig die Seelsorge in einem Klinikum ist. „Für Patienten ist ein Krankenhaus oft ein Ort voller Umbrüche und Veränderungen. Und wir haben zum Glück weiterhin das Privileg, die Patienten auf Station dabei begleiten zu können“, freut sich Spengler. Aber nicht nur die strengen Hygienevorschriften stellen sie und ihre Kollegen vor neue Herausforderungen. „Teilweise sind wir nun mit ganz anderen Problemen konfrontiert: Wie soll sich ein Patient beispielsweise von einem geliebten Verstorbenen verabschieden, wenn er nicht an der Trauerfeier teilnehmen kann?“, fragt die Theologin. Eine Lösung: via Video an der Beerdigung teilnehmen und mit den Anwesenden ins Gespräch kommen. Auch das kann sehr bewegend sein – nicht nur für den Patienten.
Ulrike Spengler pendelt nun täglich zwischen den Standorten des UKJ. Denn sie betreut nicht nur die Patienten der Geriatrie und Strahlentherapie in der Bachstraße, sondern auch die Patienten der A-Gebäude sowie die onkologischen Patienten der B-Gebäude am Standort Lobeda. Außerdem hat sie auch für die Mitarbeiter des UKJ stets ein offenes Ohr – in beruflichen wie privaten Belangen.
Natürlich gehen die Gespräche mit Patienten und Mitarbeitern nicht spurlos an der Klinikseelsorgerin vorüber. Neue Kraft schöpft sie vor allem auf dem spirituellen Weg, beispielsweise im Gebet vor Gott. Oder mit Sport: Denn wenn sie mit dem Fahrrad von Lobeda durch den Paradiespark in die Bachstraße radelt, bekommt sie den Kopf wieder frei, um auch für die Seele des nächsten Patienten zu sorgen.