Jena (UKJ/kbo). Kontaktbeschränkungen, viel Zeit Zuhause, viel Zweisamkeit – und dadurch auch mehr Geburten? Was während des ersten Lockdowns im Frühjahr viel spekuliert wurde, hat sich zumindest in Thüringen nicht bestätigt. „Es gab keinen Babyboom im Herbst“, sagt Professor Ekkehard Schleußner, Direktor der Klinik für Geburtsmedizin am Uniklinikum Jena (UKJ). Im Vergleich zum Jahr 2019 seien sogar insgesamt weniger Kinder geboren worden. „Allein in Thüringen sank die Anzahl der Geburten um fast sechs Prozent. Das sind im Jahr 2020 mit 14.950 Geburten fast 1.000 Geburten weniger als im Jahr zuvor“.
Auch wenn am UKJ tatsächlich mehr Kinder als 2019 das Licht der Welt erblickten, lässt sich der Geburtenzuwachs vor allem im Frühjahr zwischen Januar und Mai verzeichnen – Zeugungszeitpunkt war damit eindeutig und lange vor dem Lockdown.
Für den generellen Geburtenrückgang hat Schleußner auch eine Erklärung: „Unsichere Zeiten, wie es die Corona-Pandemie zweifelsohne ist, führen nicht zu mehr Geburten. Stattdessen schieben Paare ihren Kinderwunsch auf, soweit es möglich ist.“ Dies habe sich beispielsweise in den 1990er Jahren gerade in den neuen Bundesländern gezeigt, wo zur Wendezeit die Geburtenzahlen deutlich, teils um mehr als die Hälfte, zurückgingen und erst langsam wieder anstiegen.
Auch eine weitere These zu Geburten während der Corona-Pandemie lässt sich bisher in Thüringen nicht bestätigen, nämlich dass es während des Lockdowns weniger Frühgeburten gab. Hier liegen allerdings erst die Zahlen für das erste Halbjahr 2020 vor. Diese zeigen aber bislang keinen Unterschied zum Vorjahr.
Und selbstverständlich gilt für alle Schwangeren auch in Pandemie-Zeiten: „Gehen Sie regelmäßig zur Schwangerschaftsvorsorge.“ In der Jenaer Geburtsklinik finden nach wie vor alle Sprechstunden statt, Partner begleiten ihre Frauen zur Geburt in den Kreißsaal. „Wir wollen allen werdenden Eltern so viel Normalität wie möglich geben“, sagt Schleußner.