Jena (UKJ). Wie sich nach einem Schlaganfall die Nervenzellen im Gehirn neu vernetzen, wie der gestörte Fettsäurestoffwechsel bei Diabetes das Nierengewebe schädigt, wie sich Wirkstoffe gegen eine Sepsis mit Nanopartikeln zur Unterstützung der Organfunktion zielgerichtet in die Leber bringen lassen – das sind nur drei der Ergebnisse, die Forschungsteams des Universitätsklinikums Jena (UKJ) in weit über eintausend Fachartikeln im zurückliegenden Jahr veröffentlichten. Den drei Beispielen ist gemeinsam, dass sie zu unserem Verständnis von Mechanismen im gesunden und kranken Körper beitragen und konkrete Ansätze für bessere Behandlungsmöglichkeiten liefern. Gemeinsam ist den Erkenntnissen auch, dass sie nur mithilfe von Versuchstieren erzielt werden konnten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am UKJ sind sich dabei ihrer großen Verantwortung für den respektvollen Umgang mit den Tieren bewusst. „Mit der Beantragung eines Tierversuchs erfolgt die sorgfältige Abwägung, ob der Versuch unerlässlich ist oder das Versuchsziel durch alternative Verfahren erreicht werden kann“, betont Dr. Sabine Bischoff, die Leiterin der Stabsstelle Tierschutz. „Wenn wir Tierversuche durchführen, orientieren wir uns an dem 3R-Prinzip.“ Dieses Prinzip ist darauf gerichtet, Experimente möglichst tierschonend durchzuführen (englisch: Refine), die Zahl der Versuchstiere zu verringern (Reduce) und Alternativmethoden zum Tierversuch zu entwickeln (Replace).
Zahl der Versuche und Belastung der Tiere im geringstmöglichen Maß
Am UKJ werden vielseitige Maßnahmen des 3R-Prinzips umgesetzt, so werden die Tiere artgerecht mit Spiel- und Versteckmöglichkeiten gehalten und stets die schonendsten Methoden im Tierversuch gewählt. Am UKJ entwickelte Organchips, die menschliche Gewebefunktionen nachbilden können, werden beispielsweise für die Impfstoffforschung, für die Untersuchung von Lungeninfektionen und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt und tragen damit zur Verringerung der Tierversuche durch Ersatzmethoden bei. Der Erfahrungsaustausch in einer weltweit genutzten, am UKJ entwickelten Datenbank hilft, dass die Wiederholung fehlgeschlagener Tierversuche vermieden wird. Sabine Bischoff: „Es ist unser zentrales Anliegen, die Zahl der Versuche und die Belastung der Tiere auf das geringstmögliche Maß zu beschränken.“ Alle Tierversuchsanträge in Deutschland werden nach diesem Prinzip begutachtet. Nur nach entsprechender Genehmigung dürfen Versuche durchgeführt werden und werden dabei genau kontrolliert.
Im Jahr 2021 wurden am UKJ 16.137 Tiere in Versuchen eingesetzt, überwiegend Mäuse mit 15.241 Tieren, aber auch 799 Ratten, sechs Kaninchen, acht Schafe, fünf Schweine und 78 Frösche. „Komplexe biologische Prozesse lassen sich nur im lebenden Organismus untersuchen. Tierversuche sind ein unverzichtbarer Baustein für wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse und medizinische Anwendungen“, stellt Prof. Dr. Thomas Kamradt, Dekan der Medizinischen Fakultät und Wissenschaftlicher Vorstand des UKJ klar. „Wir bekennen uns zur transparenten Information und Kommunikation über Tierversuche.“ Das UKJ gehört zu den Erstunterzeichnern der Initiative Transparente Tierversuche.
Als Bestandteil dieser Kommunikation lädt die UKJ-Homepage z.B. zu einem Videorundgang in die Tierhaltungen ein, zeigt die Arbeit der Stabstelle Tierschutz und informiert über die Tierversuche am UKJ. Dargestellt sind konkrete 3R-Projekte des UKJ, von denen mehrere bereits mit Tierschutzpreisen ausgezeichnet worden sind. Auch die Forschenden selbst kommen zu Wort. Sabine Bischoff: „Gelegenheiten wie die Lange Nacht der Wissenschaft im kommenden November nehmen wir gern wahr, um alle Fragen rund um Tierversuche am UKJ zu beantworten. Wir suchen den offenen Dialog und freuen uns über Anfragen und das Interesse an unseren Versuchstierhaltungen.“