Verlegt I
Einige Ausstellungsstücke aus unserem Schatzkästchen rund um die Universitätsmedizin finden Sie im Eingangsbereich des Universitätsklinikums. Vor dem Hörsaal I finden Sie Schaukästen in denen Sie medizinische Geräte aus vergangenen Zeiten bestaunen können, sowie zwischen Haus A und Magistrale Schautafeln, die Bilder und medizinische Geräte aus über 100 Jahren Klinikalltag zeigen. Bitte beachten Sie, dass die Ausstellung anlässlich der Fertigstellung des sogenannten "2. Bauabschnittes" - also der Erweiterung des Klinikneubaus - 2017 konzipiert wurde. Dies spiegelt sich in den Bilder und Texten teilweise wieder.
Hier finden Sie die Texte auf den Plakaten noch einmal zum nachlesen:
Äther-Inhalator
Louis Ombredanne (1871 - 1956), der als Kinderchirurg an der Universität Paris tätig war, entwickelte 1908 einen einfachen, aber zu dieser Zeit sehr fortschrittlichen, mobilen Apparat, mi dem Äther-Narkosen durchgeführt werden konnten. Das kugelförnige, leichte Metall-Gehäuse enthielt mit Äther getränkte Filz-Stücke (oder Gaze). Das Gehäuse war mit Anschlüssen für eine Gesichtsmaske und einem Rückatembeutel aus einer Tierblase ausgestattet. Über einen graduell regelbaren Schieber mit einer Öffnung konnte eingeatmete Raumluft die Filzstücke so durchströmen, dass der verdunstete Diethylether ("Schwefeläther") in gewünschter Konzentration zum spontan atmenden Patienten gelangte. Je nach Schieberposition erfolgte parallel dazu eine anteilige Rückatmung in den Beutel sowie eine Ausatmung in die Athmosphäre.
Der Äther-Inhalator war sicher zu handhaben und wurde in großer Stückzahl weltweit bis in die 1970er-Jahre produziert und unter anderem in Südamerika und Osteuropa bis in die 1980er-Jahre eingesetzt. Das abgebildete Exemplar eines unbekannten Herstellers wurde um das Jahr 1940 produziert.
Recherche: Dr. Reiner Gottschall (UKJ | Förderverein | Arbeitskreis Medizingeschichte)
Babywaage
Die Babywaare wurde von der Firma VEB Wartburg-Schnellwaagenfabrik in Eisenach produziert. Seit etwa dem Jahr 1970 wurde sie im Kreißsaal der Jenaer Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe genutzt und bestimmte das Geburtsgewicht zahlreicher Jenaer Bürger. Um die Jahrtausendwende übergab der damalige Direktor der Jenaer Universitätsklinik, Prof. Dr. Hans-Joachim Seewald, die Waage an die medizinhistorische Sammlung am Institut für Geschichte der Medizin.
Recherche: PD Dr. Jürgen Kiefer (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin)
Frauenmilch-Sammelstellen
Die Tafel "abgabe überschüssiger Muttermilch" stammt aus der Frauenmilch-Sammelstelle, die von Dr. Marie-Elise Kayser in Erfurt gegründet worden war. Kayser (1885 - 1950) studierte seit 1906 Medizin in Berlin, Rom und Jena, wo sie 1911 das Staatsexamen ablegte. Im selben Jahr wurde sie als erste Frau an der Medizinischen Fakultät der Universität Jena promoviert. Nach ihrer kinderärztlichen Ausbildung in Magdeburg und Heidelberg eröffnete sie 1922 in Magdeburg eine Kinderarztpraxis. Hier errrichtete sie 1919 auch die erste Frauenmilch-Sammelstelle Deutschlands. 1927 erfolgte eine zweite in Erfurt, wohin sie ihrem Mann gefolgt war, der 1925 die Leitung der dortigen Landesfrauenklinik übernommen hatte. Nach ihrem Leitfaden zum Sammeln von Muttermilch wurden in ganz Deutschland, in Argentinien, Finnland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sowie in anderen Staaten Sammelstellen für Frauenmilch eröffnet.
Recherche: PD Dr. Jürgen Kiefer (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin)
Lichtkasten
Transportable Lichtkästen wurden seit Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere zur Wärmetherapie bei Patienten mit Schmerzen des Bewegungsapparates eingesetzt. Ebenso fanden die Lichtkästen unter anderem bei der postoperativen Aufwärmung der ausgekühlten Patienten, der Auffärmung der betreffenden Körperregionen vor Massagen, bei Schüttelfrost und gelegentlich zur schnellen Aushärtung des Gipses bei Knochenbrüchen Verwendung. Zum Schutz vor Verbrennungen durch die heißen Glühbirnen war bei allen Anwendungen die Abdeckung nackter Hautpartien wichtig. Ab Mitte der 1970er-Jahre ging der Einsatz der Lichtkästen zurück.
Recherche: PD Dr. Jürgen Kiefer (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin)
Pedalbohrmaschine
Den weltweit ersten Tretbohrer ließ der amerikanische Zahnarzt J. B. Morrison (1829 - 1917) im Jahr 1871 patentieren. Analog einer Nähmaschineerfolgte der fußbetätigte Antrieb zum Bohrhandstück mit wechselbarem Bohrer über eine Treibschnur und ein Schwungrad, wobei eine ummantelte flexible Metallspirale die Rotationsbewegung ermöglichte. Es bedurfte einer Hilfsperson, um eine möglichst konstante Drehzahl des Bohrers zu erzielen. Die für den Behandler mühevolle und den Patienten wenig komfortable Technik war bis etwa 1940 in Deutschland weit verbreitet. Bereits an Ende des 19. Jahrhunderts wurden derartige Bohrer zuweilen mit Elektroantrieb kombiniert, was die Methode revolutionierte. Die gezeigten Gerätschaften stammen aus dem Besitz des Zahnarztes Dr. W. Wetzstein (1886 - 1963) aus Bad Liebenwerda.
Recherche: Heike Schaft (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin)
Portabler Ventilator
Der tragbare Ventilator "Beaver II" wurde 1955 - 1965 von der britischen Firma The British Oxygen Co. Ltd. in London hergestellt. Anlass der Entwicklung war unter anderem die dramatische Polio-Epidemie 1952 im dänischen Kopenhagen, um Patienten mit muskulärer Atemlähmung über in die Luftröhre eingeführte Luftbrücken künstlich beatmen zu können. Später wurde das Gerät zur maschinellen Beatmung während einer Narkose verwendet. Die Überdruck-Beatmung erfolgte mit Luft oder Sauerstoff, wobei der Vorratsbalg über einen elektrisch-mechanischem Antrieb abwechselnd komprimiert und ausgedehnt wurde. Ein elektromagnetisches Ventil trennte die Ein- und Ausatemphase, deren Verhältnis einstellbar war. Bei Stromausfall konnte der Vorratsbald auch manuell betätigt werden.
Recherche: Dr. Reiner Gottschall (UKJ | Förderverein | Arbeitskreis Medizingeschichte)
Pulmoter
Der so genannte Pulmotor wurde im Drägerwerk Lübeck laut Seriennummer um 1920 hergestellt. Entwickelt wurde das Gerät für die Wiederbelebung bei Rauch- und Gasvergiftungen sowie bei Badeunfällen. 1908 ging der Pulmotor mit einer Wechseldruck-Steuerung als erster automatischer Sauerstodd-Wiederbelebungs-Apparat in Serie. Untergebracht wurde das Gerät in einem tragbaren Rettungskasten. Anfangs geschah der Antrieb mechanisch durch ein aufziehbares "Uhrwerk", ab 1910 pneumatisch durch Drucksauerstoff. Das äußerst schwere Gerät kam bei Notfällen mit Atemlähmung beziehungsweise Sauerstoffmangel im Bergbau, bei der Feuerwehr (wie dieses Modell) und durch Rettungsorganisationen zum Einsatz. Dabei wurde dem Verunglückten eine Gesichtsmaske aufgesetzt. Das "Pulmotorprinzip" erfuhr eine jahrzentelange Fortentwicklung in anderen Beatmungsgeräten.
Recherche: Dr. Reiner Gottschall (UKJ | Förderverein | Arbeitskreis Medizingeschichte)
Weitere Informationen:
Dank für die Unterstützung geht an:
Dank für die Unterstützung geht an: Dr. Reiner Gottschall (UKJ | Förderverein | Arbeitskreis Medizingeschichte), PD Dr. Jürgen Kiefer (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin), Heike Schaft (UKJ | Institut für Geschichte der Medizin) - und alle uns namentlich nicht bekannten Bewahrer und Sammler.
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