Zwar betreffen nur 27% der Neuerkrankungen an bösartigen Tumoren der weiblichen Geschlechtsorgane die Eierstöcke, jedoch sind 50% der Sterbefälle durch Eierstockkrebs bedingt (1). Eierstockkrebs wird meist erst in fortgeschrittenen Stadien entdeckt, hat eine schlechte Prognose und es gibt noch keine wirksamen Früherkennungsmöglichkeiten. Deshalb versterben jedes Jahr in Deutschland über 5000 Frauen an Eierstockkrebs, bei ca. 7000 Neuerkrankungen (2).
Heute geht man davon aus, dass die Eileiter eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Eierstockkrebs spielen. Bei jedem Eisprung nimmt das zu einem Trichter erweiterte Ende der Eileiter engen Kontakt zum Eierstock auf. Dabei können Krebsvorstufen, die sich im Eileiter oder der Gebärmutter gebildet haben, auf die Eierstöcke übergehen (3). Die Weltgesundheitsorganisation hat auf Basis dieser Erkenntnisse bereits die Nomenklatur für Eierstockkrebs geändert (4) und betrachtet Eierstockkrebs nun in den meisten Fällen als eine gemeinsame bösartige Erkrankung der Eileiter und Eierstöcke.
Eine komplette Entfernung beider Eileiter nach Abschluss der Familienplanung kann diese Prozesse stoppen und Eierstockkrebs wirksam vorbeugen. Diese Möglichkeit besteht im Rahmen von Beckenoperationen, wie z. B. Gebärmutterentfernung, Myom-Ausschälung, Endometriose-OP oder als permanente Kontrazeption.
An der Frauenklinik Jena wird von dem Team um Prof. Runnebaum bereits seit 2005 standardmäßig allen Frauen vor der Menopause bei jeder Gebärmutterentfernung die Möglichkeit der Eileiterentfernung angeboten. Dadurch kann nicht nur das Risiko für Eierstockkrebs gesenkt werden, sondern auch anderen von den Eileitern ausgehenden Erkrankungen wirksam vorgebeugt werden. Die OP sollte nur von erfahrenen Operateuren durchgeführt werden, damit die Blutversorgung der beiden Eierstöcke sicher erhalten bleibt. Dies ist wichtig, um ein verfrühtes Einsetzen der Wechseljahre zu vermeiden. Nach den Wechseljahren werden zur Verringerung des Krebsrisikos bei der Gebärmutterentfernung meist die Eileiter zusammen mit den Eierstöcken komplett herausgenommen.
Die Frauenklinik hat jetzt mittels einer Fallzahl-Analyse (Opportunistische Salpingektomie zur primären Ovarialkarzinom-Prävention (aerzteblatt.de)) aufgezeigt, dass seit 2011 zunehmend auch viele andere Kliniken in Deutschland die Eileiter zusammen mit der Gebärmutter entfernen und sich somit de facto ein neuer Standard etabliert hat (5).
Zur permanenten Kontrazeption erfolgt aus Kostengründen bisher meist nur die Durchtrennung oder Verödung der Eileiter. Die Krebsprophylaxe ist dabei jedoch nicht so effektiv wie bei der kompletten Entfernung. Es wäre wünschenswert, dass zukünftig jede Frau mit abgeschlossener Familienplanung vor einer Becken-OP oder vor einer Sterilisation über die Möglichweit der beidseitigen Eileiterentfernung aufgeklärt werden würde.
Literaturverzeichnis
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- Buttmann-Schweiger N, Kraywinkel K: Epidemiologie von Eierstockkrebs in Deutschland. Onkologe 2019; 25(2): 92–8.
- Zentrum für Krebsregisterdaten: Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom). https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Eierstockkrebs/eierstockkrebs_node.html (last accessed on 7 February 2022).
- Kurman RJ, Shih I-M: The origin and pathogenesis of epithelial ovarian cancer: a proposed unifying theory. Am J Surg Pathol 2010; 34(3): 433–43.
- McCluggage WG, Singh N, Gilks CB: Key changes to the World Health Organization (WHO) classification of female genital tumours introduced in the 5th edition (2020). Histopathology 2022; 80(5): 762–78.
- Runnebaum IB, Kather A, Sehouli J: Opportunistic salpingectomy for the primary prevention of ovarian cancer. Kurzmitteilung. Deutsches Ärzteblatt international 2022(119): 846–7.