Schilddrüsenvergrößerung und Schilddrüsenknoten
Übersicht
Definition, Ursachen, Symptome
Definition
Die normale Schilddrüse ist schmetterlingsförmig und besteht aus zwei Lappen, die miteinander verbunden sind. Sie ist dem Kehlkopf am Schildknorpel angeheftet und bewegt sich deshalb beim Schlucken auf und ab.
Eine Vergrößerung der Schilddrüse (Struma, Kropf) kann gleichmäßig (Struma diffusa) oder knotig (Struma nodosa) sein. Jodmangel verursacht meist eine Vergrößerung der Schilddrüse bei normaler Schilddrüsenfunktion. Diese Form der Schilddrüsen- erkrankungen nennt man auch euthyreote Struma.
Ursachen
Die häufigste Ursache einer Schilddrüsenvergrößerung ist der Jodmangel in der Nahrung. Die Schilddrüse reagiert mit einer Größenzunahme und versucht, den Jodmangel durch mehr Schilddrüsengewebe für die Hormonproduktion auszugleichen. Denn je mehr Schilddrüsengewebe vorhanden ist, desto mehr Hormone können produziert werden. Hierzu wird die Schilddrüse von der Hirnanhangsdrüse stimuliert. Um genügend Jod für die Produktion von Schilddrüsenhormonen aufnehmen zu können, beginnt das Schilddrüsengewebe zu wachsen. Durch diese Vergrößerung kann die Schilddrüse gerade die für den Stoffwechsel ausreichende Menge an Schilddrüsenhormonen produzieren.
Betroffen sind vor allem Bewohner von so genannten Jodmangelregionen und Menschen mit erhöhtem Jodbedarf wie beispielsweise während einer Schwangerschaft und in der Stillzeit. Eine Jodmangelernährung erhöht das Erkrankungsrisiko ebenso wie die Einnahme von Medikamenten, die die Jodverwertung negativ beeinflussen. Seltene Ursachen der Schilddrüsenveränderung sind: Erkrankungen, bei denen das Immunsystem den eigenen Körper angreift (Autoimmunerkrankungen), Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose), medikamentös bedingte Schilddrüsenvergrößerung (z.B. durch Substanzen, die den Einbau von Jod hemmen) sowie Schilddrüsenentzündungen oder Halszysten.
Symptome
Die Schilddrüsenvergrößerung fällt durch eine Verdickung des Halses auf. Später kann ein Druck- oder Kloßgefühl im Hals auftreten. Bei sehr starker Vergrößerung können Schluckbeschwerden und sogar Erstickungsgefühle auftreten. Manchmal kann man selbst oder der Arzt im Schilddrüsengewebe auch Knoten tasten.
Diagnose
Der Arzt kann durch Bestimmung des thyreoidstimulierenden Hormons (TSH; das in der Hirnanhangdrüse produziert wird und die Schilddrüse steuert) und der Schilddrüsenhormone herausfinden, ob es sich um eine Überfunktion, eine Unterfunktion oder eine Vergrößerung bei normaler Stoffwechsellage handelt. Um das Volumen der Schilddrüsen- vergrößerung zu bestimmen und eventuelle Knoten oder flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (Zysten) festzustellen, wird der Arzt in der Regel die Schilddrüse mit Ultraschall untersuchen. Stellt der Arzt hiermit Veränderungen in der Schilddrüse fest, so ist in manchen Fällen eine Schilddrüsenszintigraphie notwendig. Diese wird in der Nuklearmedizin vorgenommen. Bei der Schilddrüsenszintigraphie wird durch Verabreichung eines radioaktiven Stoffes die Aktivitätsverteilung innerhalb der Schilddrüse dargestellt. So genannte kalte Knoten sind nicht stoffwechselaktiv und nehmen das verabreichte Jod nicht auf, sie gelten als krebsverdächtig. Demgegenüber sind heiße Knoten stoffwechselaktiv und speichern die verabreichte Substanz sehr stark. Zum Teil produzieren sie große Mengen an Hormonen. Das übrige Schilddrüsengewebe ist schwach oder gar nicht erkennbar. Bei Verdacht auf Bösartigkeit wird zur Abklärung eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse oder durch eine Operation eine Probeentnahme aus dem verdächtigen Bezirk notwendig.
Therapie
Eine Schilddrüsenvergrößerung sollte mit Iodid und/oder Schilddrüsenhormonen behandelt werden. Eine medikamentöse Behandlung kann über Jahre dauern und unter Therapie muss die Schilddrüsengröße regelmäßig kontrolliert werden. Besteht die Struma schon lange, kann es sein dass eine medikamentöse Behandlung mit Iodid nicht anspricht. In diesem Fall oder bei Komplikationen sollte die Struma durch eine Schilddrüsenoperation behandelt werden. Dabei wird die Schilddrüse je nach Befund bis auf einen ausreichend funktionstüchtigen Rest entfernt. Bei Krebsverdacht wird Ihr behandelnder Arzt umgehend eine Operation empfehlen. Bei der Operation besteht das Risiko, einen für die Stimmbildung wichtigen Nerv, den Nervus recurrens zu verletzen. Eine solche Verletzung kann zu chronischer Heiserkeit oder gar zur Stimmbandlähmung führen (ca. 1 % der Fälle). Um das Risiko so klein wie möglich zu halten, wird in der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Jena jede Schilddrüsenoperation mit einem Recurrensmonitoring vorgenommen: Die Nervenfunktion wird durch eine elektrische Ableitung während der gesamten Operation überwacht. Kommt der Operateur dem Nerv zu nahe, wird er visuell und akustisch durch ein Signal darauf hingewiesen. Des Weiteren besteht bei einer Schilddrüsenoperation die Gefahr, dass die Nebenschilddrüse mitentfernt wird, was zur Funktionsstörung des Kalziumhaushalts führt. Nach der Operation ist eine Behandlung mit Iodid und eventuell auch mit Schilddrüsenhormonen indiziert, falls das verbleibende Drüsengewebe nicht ausreichende Mengen produzieren kann. Als Ersatz bekommt der Patient das Medikament und Schilddrüsenhormon L-Thyroxin mit Rezept verordnet. Die Radiojodtherapie ist eine Alternative zur Operation, wenn es sich nicht um eine bösartige Erkrankung handelt. Dabei wird dem Patienten radioaktives Iodid verabreicht, das sich in die vergrößerte Schilddrüse einlagert. So kann nach drei bis sechs Monaten eine Verkleinerung um 30-50 % erreicht werden. Auch die Radiojodtherapie kann eine Schilddrüsenunterfunktion hervorrufen.
Vorbeugung einer Schilddrüsenerkrankung
Durch eine gute jodreiche Ernährung kann jeder selbst einem Jodmangel vorbeugen. Jod ist beispielsweise in speziell jodiertem Speisesalz, jodhaltigem Mineral- oder Heilwasser sowie in jodhaltiger Zahnpasta enthalten. Mit einem Jodsiegel können die Hersteller die Verwendung von jodiertem Salz positiv hervorheben. Dagegen sollte bei einer Schilddrüsenüberfunktion die Aufnahme von größeren Mengen Jod vermieden werden!
Recurrensmonitoring
In Deutschland werden jährlich etwa 100.000 Schilddrüsenentfernungen ausgeführt. Bei der Operation kann es zu einer Verletzung der Stimmbandnerven (Nervus laryngeus inferior = Nervus recurrens) kommen. Der Nerv zieht auf jeder Seite hinter der Schilddrüse bis an den Kehlkopf. Bei der Operation sollten dieser Nerv nicht verletzt werden, da es sonst zu einer anhaltenden Heiserkeit kommen kann.
Die Häufigkeit an Schädigungen des Nervus recurrens wird in der Literatur mit unter 1% bis 14% angegeben. Um eine solche Nervenverletzungen zu vermeiden, wenden wir eine spezielle Untersuchungsmethode, das so genannte Neuromonitoring an. Mit dieser Technik kann eine Identifikation und eine Funktionsbeobachtung der Nerven während der Operation erfolgen. Dazu wird vor der Operation eine Mikro-Kabelelektrode in die Stimmbandmuskulatur eingelegt. Diese Methode steht nur an wenigen Zentren zur Verfügung und wird routinemäßig in unserer Abteilung eingesetzt um das Risiko von Verletzungen des Kehlkopfnerven zu reduzieren.
Ansprechpartner
Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Oberarzt