"STUFENPLAN", ÜBERTRAGUNG, GEGENÜBERTRAGUNGZUR INTEGRIERBARKEIT VERHALTENSTHERAPEUTISCHER METHODEN IN EIN STATIONÄRES TIEFENPSYCHOLOGISCHES KONZEPT FÜR ESSGESTÖRTE JUGENDLICHE |
|
Dr. med. C. Stockmann-Fleck Psychosomatische Station KJPPP des Universitätsklinikum Jena |
Matthias Bolz Tagesklinik Altenburg KJPPP des Universitätsklinikum Jena |
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Friedrich-Schiller-Universität Jena |
Ist ein Stufenplan bzw. eine vereinbarte Gewichtszunahme als Rahmensetzung wichtig oder notwendig?
Kann die Gewichtszunahme nicht erst Folge einer gelungenen Psychotherapie sein?
Ist bei stärkerem Gewichtsverlust aufgrund der anzunehmenden Funktionsstörung des Gehirns eine Psychotherapie sinnvoll bzw. möglich?
Ist eine Integration verschiedener Therapieschulen überhaupt möglich, oder verwaschen dadurch wesentliche Elemente so stark, dass Wirksamkeit verloren geht?
Uhrzeit |
Montag |
Dienstag |
Mittwoch |
Donnerstag |
Freitag |
Wecken, Morgentoilette, Puls, Temperaturmessung = Wiegetag = |
= |
= |
= |
= Putztag Betten beziehen |
|
7.30 Uhr |
Frühstück |
= |
= |
= |
= |
8.15- 9.00 Uhr |
8:45– 9:45Uhr Visite |
08:30-09:30 Uhr Gruppe |
08:15- 08:45Uhr KBT |
08:30 – 09:30Uhr Gruppe |
09:00- 12:30Uhr Kochgruppe |
9.00- 10.00 Uhr |
Aufnahme |
Therapie/Schule |
09:00– 10:00Uhr Gruppe |
= = = |
|
10.00 Uhr |
2. Frühstück |
= |
= |
= |
|
10.00- 11.00 Uhr |
Therapie/Schule |
= |
= |
= |
|
11.00- 11.45 Uhr |
Therapie/Schule |
= |
= |
= |
|
11.45- 12.15 Uhr |
Mittagessen |
= |
= |
= |
= |
13.00- 14.00 Uhr |
12.20 - 14:00 Uhr Ergogruppe / Gruppe Mittagsruhe |
14:00 – 14:30 Uhr Entspannung |
|||
14.00- 14.15 Uhr |
Kaffeetrinken |
= |
= |
= |
= |
14.15- 18.00 Uhr |
unbegl. Gruppenausgang 16:00- 18:00 Uhr Stadt |
Besuchszeit |
14.30- 16:00 Uhr Bilder malen begl. Gruppenausgang 16:00- 18:00 Uhr Botanischer Garten |
15.00 - 16.00 Uhr Musikgruppe unbegl. Gruppenausgang 16:00- 18:00 Uhr Stadt |
begl. Gruppenausgang ab 15:00 Uhr Geocaching |
18.00- 18.30 Uhr |
Abendbrot |
= |
= |
= |
= |
18.30- 19.00 Uhr |
Blitzlicht/Skillgruppe |
= |
= |
= |
= |
19.00- 20.00 Uhr |
Telefonzeit |
= |
= |
= |
= |
20.00 Uhr |
Spätstück |
= |
= |
= |
= |
21.15 Uhr |
Nachtruhe |
= |
= |
= |
22.00 Uhr Nachtruhe |
Therapiefokus
|
Aufgaben
|
Instrumente
|
Verantwortung für Gewicht und Gesundheit liegt beim Therapeuten, alles andere ist dem untergeordnet |
Therapiefokus
|
Aufgaben
|
Instrumente
|
Starkes Ausmaß and Aktivitätsbeschrenkung und Schwerpunkt auf Gewichtsaufbau, Verantwortung weitgehend noch bei Therapeuten |
Therapiefokus
|
Aufgaben
|
Instrumente
|
In dem Maß, in dem vom Patienten Verantwortung übernommen wird, werden Einschränkungen verhandelbarer. Im Sinne der Zuverlässigkeit und Autonomiegewährung keine Änderungen außerhalb der Visite. |
Therapiefokus
|
Aufgaben
|
Instrumente
|
Im Sinne des Autonomiegewinnes und der positiven Verstärkung relativ wenig Einmischung in Besonderheiten der Nahrungsauswahl. |
Therapiefokus
|
Aufgaben
|
Instrumente
|
Abschied als wichtigste psychotherapeutische Aufgabe |
Körpergröße: 1,78 m | |
Ausgangsgewicht: 44,7 kg (BMI 14,1 kg/m²) | Zielgewicht: 60 kg (BMI 18,4 kg/m²) |
Therapieziele:
|
|
Vereinbarungen:
|
Die Sonderphase tritt bei über das Aufnahmegewicht hinausgehender Gewichtsreduktion in Kraft. Hauptziel ist das Begrenzen der körperlichen Folgeerkrankungen. |
||
Vereinbarungen: Es erfolgt eine kontrollierte Nahrungsaufnahme bei ebenfalls strikt kontrollierter und reduziert körperlicher Aktivität. Bei weiterer Gewichtsabnahme erfolgt abhängig vom körperlichen Zustand ggf. eine Zwangsernährung sowie eine Psychopharmakotherapie. Jeden Tag ist (abhängig vom Wetter) ½ h Ausgang mit dem Pflegepersonal möglich. |
||
Stufe |
Gewicht |
|
0 |
< 44,1 kg |
Kontrollierte Einnahme der Mahlzeiten im Zimmer. Strenge Bettruhe (ohne Beschäftigung, Schlafanzug anziehen, Waschen am Bett), keine Telefonate, keine Besuche, Ergo- und Mototherapie am Bett. |
Die Ausgleichsphase dient der Reduktion bzw. der Abwehr körperlicher Folgeerscheinungen durch den Aufbau eines Grundgewichtes unter Kontrolle der Nahrungszufuhr. Es erfolgt zunächst eine patientenzentrierte Einzelpsychotherapie sowie familientherapeutische Sitzungen. |
||
Vereinbarungen: Gemeinsame Einnahme von 6 Mahlzeiten , Nahrungsmittelmenge wird vom Behandlungsteam festgelegt. Nach den Hauptmahlzeiten ist eine Ruhezeit von 30 min Pflicht. Essensverweigerung (Nicht-Aufessen) sowie Erbrechen führen zur Bettruhe bis zur nächsten Hauptmahlzeit. Bei Überschreiten der maximalen Gewichtszunahme erfolgt eine Konsequenz. Jeden Tag ist (abhängig vom Wetter) ½ h Ausgang mit dem Pflegepersonal möglich. |
||
Stufe |
Gewicht |
|
1 |
44,1 kg - 45 kg |
Stationsaufenthalt. 10 Minuten Telefonat mit Stationshandy. Keine Besuche. ½ Gehzeit mit Eltern 1x/Woche. |
2 |
45,1 kg - 46 kg |
Ergotherapie außerhalb der Station. 4h Besuch auf Station am Wochenende (kann zweigeteilt werden). |
3 |
46,1 kg - 47 kg |
1h Telefonzeit mit eigenem Handy. |
4 |
47,1 kg - 48 kg |
2x 4h Besuch auf Station. |
5 |
48,1 kg - 49 kg |
3x 4h Besuch auf Station. |
Die Aufbauphase dient dem weiteren Gewichtsaufbau unter Kontrolle einer vom Behandlungsteam definierten Mindestkalorienzufuhr. Mahlzeiten werden unter Assistenz des Pflegeteams selbst ausgewählt. Psychotherapeutischer Fokus liegt auf der Gruppenpsychotherapie mit Gleichaltrigen. Teilnahme an der Kochgruppe. |
||
Vereinbarungen: Gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten, Mindestkaloriengrenze wird vom Behandlungsteam festgelegt, Essen wird selbst bestellt. Frühstück und Abendbrot werden selbst geschmiert. Zwischenmahlzeiten können mit kalorienäquivalenten Alternativen ausgetauscht werden. Nach den Hauptmahlzeiten ist eine Ruhezeit von 30 min Pflicht. Essensverweigerung (Nicht-Aufessen) sowie Erbrechen führen zur Bettruhe bis zur nächsten Hauptmahlzeit. Bei Überschreiten der maximalen Gewichtszunahme erfolgt das Streichen einer Vergünstigung. |
||
Stufe |
Gewicht |
|
6 |
49,1 kg - 50 kg |
Teilnahme an der Gruppenpsychotherapie sowie der Sporttherapie. Besuchszeit am Wochenende mit Ausgang. |
7 |
50,1 kg - 51 kg |
Klinikschule. |
8 |
51,1 kg - 52 kg |
Alle Besuchszeiten mit Ausgang. |
9 |
52,1 kg - 53 kg |
1x begleiteter Gruppenausgang. |
10 |
53,1 kg - 54 kg |
2x begleiteter Gruppenausgang. |
Die Autonomiephase dient dem Gewichtsaufbau bei nicht mehr durch das Personal kontrollierter Nahrungsaufnahme und gleichzeitiger Steigerung der alltäglichen Belastungen. |
||
Vereinbarungen: Gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten. Essen wird selbst bestellt. Schrittweiser Aufbau des Freien Essens. |
||
Stufe |
Gewicht |
|
11 |
54,1 kg - 55 kg |
Teilnahme an unbegleiteten Gruppenausgängen. |
12 |
55,1 kg - 56 kg |
Besuch der Musikschule (1h / Woche). |
13 |
56,1 kg - 57 kg |
Besuch des Tennis-Trainings (1h / Woche) |
14 |
57,1 kg - 58 kg |
1x Tagesurlaub am Wochenende. |
15 |
58,1 kg - 59 kg |
2x Tagesurlaub am Wochenende. |
16 |
59,1 kg - 60 kg |
Wochenendbeurlaubung. |
|
||
Die Stabilisierungsphase dient dem selbstverantwortlichen Halten einer Gewichtsstabilität über dem Zielgewicht für 6 Wochen unter alltäglichen Belastungen. |
||
Vereinbarungen: Gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten. Besuch der Außenschule sowie an das häusliche Niveau angelehnten Freizeitaktivitäten. Ggf. ist eine tagesklinische Stabilisierungsphase möglich. Beim Unterschreiten des Zielgewichtes (auch beim unangekündigten Zwischenwiegen) beginnt die 6-wöchige Stabilisierungsphase von vorn. |
||
Stufe |
Gewicht |
|
17 |
Ab 60,0 kg |
Besuch der Außenschule |
Ist ein ähnlich gestuftes Vorgehen auch für den ambulanten Rahmen denkbar?
Welche Abstufungen im strukturellen Rahmen wären ambulant vorstellbar?
Welche möglichen Instrumente wären denkbar?
17-jähriges Mädchen, Aufnahmegewicht 43,6 kg (BMI 14,0 kg/qm), anorektische 14-jährige Schwester kurz vor Aufnahme aus anderer Klinik entlassen, schwerste Auseinandersetzungen zwischen getrennten Eltern
15-jähriges Mädchen, Aufnahmegwicht 37,2 kg (BMI 16,1 kg/qm), Kloßgefühl im Hals verhindert Essen
14-jähriges Mädchen, Aufnahmegewicht 38,2 kg (BMI 14,1kg/qm), Oma sagte, dass sie Acht geben muss, nicht so dick zu werden (wie Mutter/Schwiegertochter), 2.Erkrankungsphase, bereits ein Klinikaufenthalt (“gemästet”)
16-jähriges Mädchen, Aufnahmegweicht von 43 kg (BMI 16,4 kg/qm), komorbide depressive Störung
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.