Prof. Veronika Engert wirbt DFG-Projekt zu Untersuchung der Rolle von Hormonen auf empathische Prozesse ein:
Der Einfluss von Geschlechtshormonen und Glukocorticoiden auf empathische Prozesse – die weibliche psychische Gesundheit im Fokus
Soziale Fähigkeiten wie Empathie, Mitgefühl und Perspektivübernahmefähigkeit ermöglichen erfolgreiche soziale Interaktion. Nicht nur im Familien- und Berufsleben, sondern auch im Umgang mit globalen Problemen sind diese Fähigkeiten wichtig. Einige Stimmen befürchten jedoch, dass, ungeachtet ihrer adaptiven Eigenschaften, soziale Fertigkeiten wie die Empathie eine “dunkle Seite” haben und zu Erschöpfung und Burnout führen können. Diese negativen Folgen der Empathie sind in manchen Gruppen möglicherweise besonders stark ausgeprägt. So zeigen Studien einen Einfluss von Geschlecht und Stress auf empathische Prozesse.
Frauen berichten stärkere Empathie und zeigen höhere Kompetenz und Motivation für empathische Übereinstimmung. Geschlechtsspezifische Empathie-Unterschiede zeigen sich auch auf neuronaler Ebene. Wechselwirkungen von Geschlecht und Stresserfahrung auf empathische Prozesse sind ebenfalls beschrieben, allerdings mit inkonsistenten Effekten. Diese scheinbaren Widersprüchlichkeiten könnten auf eine mangelnde Differenzierung zwischen biologischen und sozial gelernten Geschlechtsunterschieden zurückzuführen sein. Und obwohl biologische und soziale Geschlechts-Aspekte nicht völlig getrennt voneinander betrachtet werden können, so ist es doch möglich, „best practice“ Leitfäden bezüglich deren Spezifizierung auf die aktuelle Empathie-Forschung anzuwenden.
Unser übergeordnetes Ziel ist daher die Erfassung biologischer Geschlechtsunterschiede in empathischen Prozessen. Da Stress in unserer Gesellschaft zu einem omnipräsenten Phänomen geworden ist, untersuchen wir auch die Rolle der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden Achse (HHNA). Mittels Laboruntersuchungen erfassen wir die Aktivierung der HHNA im Verlauf verschiedener Zyklusphasen und vergleichen diese mit männlichen Aktivierungsmustern und denen von Frauen mit herabregulierten Geschlechtshormonen, basierend auf aktueller „best-practice“ für das Zyklus Monitoring. Als zweites Studienziel explorieren wir im Rahmen einer experimentellen Manipulation der HHNA Aktivität im Labor, wie Geschlechtshormone alleine und in Kombination mit Stress und stressinduzierter Cortisol Freisetzung empathische Prozesse beeinflussen. Im Rahmen unseres dritten (untergeordneten) Studienzieles explorieren wir, inwieweit Hormon-spezifische Empathie-Muster mit Depressionsrisiko zusammenhängen. Wenn die Identifikation robuster Empathie-Veränderungen im Menstruationszyklus gelingt, legen diese Daten den Grundstein für die Entwicklung hormonell-abgestimmter Empathie-bezogener Interventionen. Damit wäre nicht nur ein wichtiger Schritt in der geschlechtsspezifischen Medizin getan, sondern ein neuer, weiblicher Blickwinkel auf psychische Gesundheit und stressbedingte Erkrankungen eröffnet.