Hintergrund. Obwohl die Wiedervereinigung Deutschlands fast 35 Jahre zurückliegt, wird aktuell in der Öffentlichkeit darüber diskutiert, ob die negativen Folgen der SED-Diktatur bereits genügend bekannt, im Sinne einer Rehabilitation auch anerkannt und in die medizinische und psychosoziale Versorgung integriert sind. Aus einem seitens des Bundestages geförderten Forschungsverbund zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen der SED-Diktatur lassen sich Schlussfolgerungen ableiten, die für die primärärztliche Versorgung relevant sind.
Fragestellung. Sind bei spezifischen Opfergruppen (z. B. Dopingopfer, Opfer von Zersetzung) heute noch gesundheitliche Folgen feststellbar? Welche Schwierigkeiten und Stigmatisierungen begegnen Betroffenen heute noch? Welche Wissens- und Versorgungsbedarfe gibt es in der primärärztlichen Versorgung zum Umgang mit den Betroffenen?
Methoden. Die im Verbund durchgeführten Studien umfassen qualitative Interviews, Fragebogenerhebungen und eine psychobiologische Studie zur Stressreagibilität bei Betroffenen.
Ergebnisse. Die Ergebnisse deuten an, dass auch heute noch Gesundheitsschäden sowohl bei der betroffenen Generation als auch in der Nachfolgegeneration erkennbar und messbar sind und dementsprechend daraus auch eine Behandlungsverpflichtung resultiert. Diese wird oftmals nicht erfüllt, da manche Angebote entweder zu hochschwellig erscheinen, zum anderen aber auch Personen innerhalb des Gesundheitssystems wenig über die Folgen des SED-Unrechts und ihre Manifestationen wissen. Ziel ist es, ihre Versorgung zu verbessern - dies nicht nur für Menschen, die biographisch mit der DDR verbunden sind, sondern auch für andere Opfer politischer Gewalt und Unterdrückung, die auch in unserem Land ärztliche Hilfe benötigen.
Diskussion. Es werden Ansätze zur Information und Sensibilisierung für das beschriebene Thema für die ärztliche Weiterbildung und die fachärztliche Fortbildung dargestellt und diskutiert.