04.09.2013
Überprüfung der Lebertransplantationszentren in Deutschland: Ergebnisse in Berlin vorgestellt
Am Universitätsklinikum Jena keine Manipulationen / 136 Lebertransplantationen im Untersuchungszeitraum
Jena (ukj/dre). Am Universitätsklinikum Jena (UKJ) hat es keine Manipulationen beim Lebertransplantationsprogramm gegeben. Das ist das Ergebnis der intensiven Überprüfung aller 24 deutschen Lebertransplantationszentren in Deutschland, zu denen auch Jena zählt.
Der Abschlussbericht der Prüfungskommission und Überwachungskommission von Deutscher Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband und Bundesärztekammer wurde heute (4.9.2013) in Berlin vorgestellt. Für das Thüringer Universitätsklinikum gibt es demnach „keine Anhaltspunkte für systematische Richtlinienverstöße“. „Dies hat die Kommission in ihrem Abschlussbericht deutlich herausgestellt. Unsere eigenen stichprobenartigen Prüfungen der vergangenen Monate wurden damit bestätigt“, erklärte der Medizinische Vorstand des UKJ, Prof. Dr. Klaus Höffken, nach der Veröffentlichung.
Im März und im Mai 2013 war die Kommission insgesamt zwei Tage in Jena vor Ort, um Akten zu überprüfen, Protokolle einzusehen und mit den Verantwortlichen des Lebertransplantationsprogramms am UKJ zu sprechen. Die Überprüfung erstreckte sich dabei auf Lebertransplantationen in den Jahren 2010 und 2011. In diesen beiden Jahren wurden am UKJ insgesamt 136 Lebern (incl. Leber-Lebendspenden) transplantiert.
Zudem zeigte die deutschlandweite Überprüfung: Auch an den Lebertransplantationszentren, an denen es keine systematischen Richtlinienverstöße oder mutmaßliche Manipulationen gab, stellte die Kommission in Einzelfällen Abweichungen von den Richtlinien fest. Zu dieser insgesamt 20 Kliniken umfassenden Gruppe gehört auch das Thüringer Klinikum. Hierzu gab es einen intensiven fachlichen Austausch mit der Kommission seitens des UKJ. Wichtig dabei: „Daraus ist kein Schaden entstanden und niemand wurde bevorzugt. Die am UKJ bereits realisierten Maßnahmen zur weiteren Qualitätssicherung wurden von der Kommission als sinnvoll bewertet. Auch das war für uns eine wichtige Bestätigung“, so Prof. Höffken.
Die diskutierten Abweichungen betrafen unterschiedliche Bereiche. In einem Fall musste z.B. eine Dialyse zur Beherrschung einer lebensbedrohlichen Komplikation bei einem Patienten verschoben werden und wurde erst nach der Transplantation durchgeführt. In einem anderen Fall wurde ein anderes bildgebendes Verfahren verwendet als es die Richtlinien vorsehen. Prof. Dr. Utz Settmacher, der Transplantationschirurg am UKJ: „In unserer Stellungnahme haben wir klar gemacht: Solche Abweichungen waren für uns aus dem klinischen Handlungsablauf begründet und medizinisch nachvollziehbar.“ Das bedeutet: Für jeden Fall hat das UKJ der Kommission eine Erklärung vorgelegt.
Allerdings zeige die relativ große Anzahl von Kliniken mit Einzelabweichungen auch: Die entsprechenden Richtlinien müssen ebenfalls offen analysiert werden. „Präzise Richtlinien sind die Voraussetzung für eine lückenlose und klare Dokumentation. Hier gibt es offenbar Unschärfen, daher ist nun eine wissenschaftliche Diskussion nötig“, so Prof. Höffken. Hierzu heißt es auch in der Pressemeldung zum Abschlussbericht: „Deshalb sei die Ständige Kommission Organtransplantation mit der Weiterentwicklung des MELD-basierten Leberallokationssystems, nicht aber mit der Erarbeitung eines alternativen Modells befasst. Auch in den USA werde entsprechend verfahren. National wie international werde beispielsweise die Einbeziehung weiterer Parametern und MELD-Änderungen, die Revision der Ausnahmeregelungen sowie die Entwicklung von zusätzlichen Scores zur Einschätzung der Erfolgsaussicht nach Lebertransplantation erörtert.“ (Pressemeldung ist abrufbar unter www.baek.de).
Bundesweites Transplantationsregister für mehr Transparenz
Ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen in die Transplantationsmedizin wieder zu stärken, sei auch die Einführung eines Transplantationsregisters, betont Prof. Settmacher. In einem solchen Register sollten deutschlandweit alle Transplantationen erfasst werden. Die Daten, etwa zum Langzeitüberleben, können dann u.a. Auskunft über die Qualität der Transplantationszentren geben und so einen wichtigen Beitrag zur Transparenz leisten.
Gestern, am 3. September 2013, wurde die 35. Leber im Jahr 2013 am UKJ transplantiert. Aktuell stehen am Thüringer Universitätsklinikum 118 Menschen aktiv auf der Warteliste für eine neue Leber. Auch die Warteliste wird regelmäßig auf ihre Korrektheit überprüft.
Zum Hintergrund: Maßnahmen und Prüfbericht
Bereits vor der Prüfung durch die Kommission hatte das UKJ die bundesweit geforderten Maßnahmen zur weiteren Qualitätssicherung sofort umgesetzt. Dazu zählt z.B. die gemeinsame wöchentliche Transplantationskonferenz mit dem Acht-Augen-Prinzip. Auch der entsprechende Anforderungskatalog zur Beurteilung des Abstinenzverhaltens von Patienten wurde präzisiert. Die Kontakte des medizinischen Personals zu Eurotransplant werden zudem noch ausführlicher dokumentiert.
Den Prüfbericht der Kommission und die Stellungnahme der Fachvertreter des UKJ wurden durch den Vorstand an das Thüringer Gesundheitsministerium und das Thüringer Wissenschaftsministerium sowie an die Ärztekammer Thüringen als zuständige Aufsichtsbehörden weitergeleitet.