5. Abschiedsparty im Weinberg
Es ist Donnerstag, der vorletzte Tag im Labor. Stefanie Deinhardt –Emmer sitzt mit OP-Maske in ihrem Cubicle im Buck-Institute („die sind da noch ganz streng hier, obwohl die Inzidenzen seit längerem sehr niedrig sind und in Kalifornien alles wieder geöffnet hat“) und erzählt von den Vorbereitungen für die Rückreise nach Deutschland. „Die 29 Kartons für den Überseecontainer sind schon weg - es hat sich ja so viel angesammelt! Der Rest muss in unsere acht Koffer passen, in denen waren eigentlich nur unsere Sommersachen drin, als wir im letzten August hier ankamen. “
Gut zehn Monate wohnte die UKJ-Wissenschaftlerin mit ihrer Familie in Kalifornien und arbeitete am Buck-Institut nördlich von San Francisco. Ihr Forschungsthema: Warum kann sich das Immunsystem im Alter nicht mehr so gut gegen Krankheitserreger – eben auch nicht gegen Sars-CoV2 – wehren. Die Coronapandemie hat das Abenteuer Forschungsaufenthalt noch besonderer gemacht: Das Infektionsthema ermöglichte erst, dass die lange geplante Reise doch stattfinden konnte, Infektionsschutzregeln bestimmten mit Quarantäne und Fernunterricht viel vom Alltag, Meetings fanden zeitweise nur online statt, wodurch aber auch die Einbindung in Jena viel fester bleiben konnte. Auch für die Heimreise ergeben sich pandemiebedingte Probleme, aber vergleichsweise kleine. „Unser Gesundheitsamt hat Probleme, den Impfnachweis der amerikanischen Gesundheitsbehörde anzuerkennen…“
Buck-Jena Symposium
„Das ging so schnell vorbei“, sagt Stefanie Deinhardt-Emmer und kann nicht richtig glauben, dass es schon in vier Tagen wieder zurück nach Thüringen gehen soll. Allein die letzten Wochen waren dicht gepackt mit Terminen und Vorhaben. Das Buck-Jena Symposium zum Beispiel. Stefanie Deinhardt-Emmer konnte ihre Gastgeberin Prof. Judy Campisi für den Hauptvortrag auf der kleinen Fachtagung gewinnen und gemeinsam mit dem IZKF-Team in Jena ein Symposium zur Alternsforschung organisieren.
Wissenschaftler aus Jena und vom Buck-Institut sprachen über ihre aktuellen Forschungsprojekte, Stefanie Deinhardt-Emmer natürlich über das Oberflächenprotein DPP4, das den Coronaviren den Weg in die Zelle ermöglicht. Über 100 Teilnehmer hatte die Online-Veranstaltung, die sich anschließend in kleine Fachdiskussionskreise teilte. „Die Beteiligung und die positiven Rückmeldungen bestärken uns in der Idee, das Symposium regelmäßig durchzuführen und weitere gemeinsame Projekte anzuschieben“, so Stefanie Deinhardt-Emmer.
„Ich bin deutlich entspannter geworden“
Damit ist auch schon die große Liste der Vorhaben, Pläne und für die nächste Zeit anstehenden Aufgaben eröffnet – die ist naturgemäß recht lang bei einer energiegeladenen Nachwuchswissenschaftlerin. Die größten Brocken darauf sind die Facharztprüfung in der Mikrobiologie und die Habilitation. Projekte, für die Stefanie Deinhardt-Emmer von Kalifornien aus Anträge mitverfasst und Begutachtungen begleitet hat, werden in Jena zunächst Organisation fordern. „Ich muss Stellen ausschreiben und hoffentlich gute PostDocs finden.“
Aber auch in Kalifornien begonnene Messreihen und Untersuchungen warten auf die Fortsetzung. "Manches wollte ich eigentlich am Buck-Institut fertigstellen, aber so ist Forschung – da klappt mal was nicht oder dort tauchen neue Fragen auf, ohne deren Antworten die Sache nicht rund ist. Etwas Halbes zu veröffentlichen lohnt sich nicht, das habe ich gelernt hier und bin da deutlich entspannter geworden.“
Die Massenspektrometrie-Experten des Buck-Instituts werden noch Proben auswerten, und eine Untersuchung an einer neuen Zelllinie wird Stefanie Deinhardt-Emmer in Jena wiederholen. Bei der Analyse im Partnerlabor am Gladstone-Institut lagen die Viruskonzentrationen zu hoch. Die Zelllinie ist schon in Trockeneis verpackt auf dem Weg nach Deutschland. Im Erzählen klickt die Wissenschaftlerin auf den Tracking-Link: „… wartet auf Freigabe beim Zoll? So lange hält das Eis nicht!“ Die Reisevorbereitungen für Experimente und Familie zehren so Einiges von der Entspannung auf.
Aber das wird wieder, denn zum Abschied unternimmt die Arbeitsgruppe einen Ausflug ins Napa-Valley, das berühmt ist für seinen Obst- und Weinanbau. „Wir verbringen den Abend auf einem Weingut bei einer Verkostung, da freue ich mich drauf!“ Und für den Abend darauf hat Judy Campisi ihr gesamtes Laborteam mit Familien eingeladen. Dann können Clara und Friedrich noch einmal mit den Kindern von Kollegen spielen, mit denen sie sich im Urlaub angefreundet haben. „Wir hatten im Mai zusammen ein Ferienhaus im Yosemite Nationalpark gemietet, das war toll. Sogar einen Braunbären haben wir auf unseren Wanderungen gesehen!“
Clara und Friedrich haben nach monatelangem Distance Learning haben den Unterricht in Amerika bestens gemeistert. Die Schuljahresabschlusszeremonie, Graduation genannt, konnten die beiden Grundschüler sehr genießen. „Beide sprechen fließend Englisch, ganz ohne Akzent… Eigentlich wären alle gern hier geblieben.“
Das Visum gilt bis September
„Es ist schon schwer sich vorzustellen, nächste Woche wieder in Deutschland zu sein“, sagt Stefanie Deinhardt-Emmer, und berichtet vom typisch deutschen Bürokratieaufwand: „Wir brauchen für die Fluggesellschaft einen Corona-Test, der bei der Landung nicht älter als 72 Stunden ist, und wir müssen unser Auto wieder zulassen.“ Dann ist da noch die ungeklärte Frage mit dem Impfnachweis und die Hoffnung, dass der Überseecontainer nicht zu lange braucht.
Die Kooperation mit dem Buck-Institut wird auf alle Fäll bestehen bleiben. „Mein Visum gilt bis September, es ist fest geplant, dass ich dann nochmal nach Kalifornien fliege für ein paar Messungen. Und an den wöchentlichen Online-Lab-Meetings kann ich gut weiter teilnehmen, abends um neun sind die Kinder im Bett.“