Der Jenaer Neurologe und Psychiater Hans Berger (1873-1941) erfasste im Sommer 1924 erstmals messtechnisch Hirnströme beim Menschen, das sogenannte „Elektrenkephalogramm“. Diese Entdeckung erwies sich nach zögerlicher Anerkennung als bahnbrechend. Berger gilt damit als Mitbegründer der Klinischen Neurophysiologie. Das später so bezeichnete Elektroenzephalogramm (EEG) erwies sich seit den 1950er Jahren als medizinisch-diagnostische Routinemethode wie auch in modernen Untersuchungen zur Hirnfunktion als unverzichtbar. Berger erfuhr für seine Verdienste zahlreiche Ehrungen, zu Lebzeiten und posthum. Seine wissenschaftliche Leistung ist unbestritten.
Berger stand mit seiner national-konservativen Gesinnung der zu seiner Zeit weltweit verbreiteten Eugenik nahe. Mit Beginn der NS-Diktatur und dem Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ 1934 wurden Kerninhalte des ärztlichen Gelöbnisses außer Kraft gesetzt. Dies betraf insbesondere auch das Fachgebiet von Berger wie die „erbliche Fallsucht“ (Epilepsie). Als Direktor der Psychiatrischen und der Nervenklinik war Berger neben anderen Ärzten als zuständiger Gutachter für regionale Erbgesundheitsgerichte und als „ärztlicher Beisitzer“ am Jenaer Erbgesundheitsobergericht mitverantwortlich für zahlreiche - auch von ihm persönlich beantragte - Zwangssterilisationen an Patienten. Damit hat Berger Menschen großen Schaden zugefügt und das ärztliche Ethos verletzt. Obgleich kein Mitglied der NSDAP machte sich Berger damit auch der NS-Ideologie dienstbar.