29.09.2009
Gefährliche Mini-Thrombosen
Fachtagung zu Thrombotischen Mikroangiopathien beginnt am 1. Oktober in Weimar
Jena/Weimar. Zum 4. Mal werden in der kommenden Woche führende internationale Experten in einem Workshop die aktuellen Ergebnisse auf dem Gebiet der Thrombotischen Mikroangiopathien diskutieren. Zu der Fachtagung in Weimar, die Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Jena und Jenaer Hans-Knöll-Institut gemeinsam ausrichten, werden über 100 Teilnehmer erwartet.
Unter dem Oberbegriff Thrombotische Mikroangiopathien werden Krankheiten zusammengefasst, bei denen es zum Verschluss von kleinsten arteriellen Blutgefäßen kommt. Zu dieser Krankheitsgruppe zählt unter anderem das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das meist bei Kindern auftritt, und oft zu akutem Nierenversagen führt, und die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), die Hautblutungen, hämolytische Anämie und neurologische Veränderungen mit sich bringen kann. Mikroangiopathien können auch in der Schwangerschaft, nach Knochenmarktransplantation und bei Sepsis auftreten.
"In den vergangenen Jahren gab es eine rasante Entwicklung bei der Erforschung dieser seltenen Erkrankungen, die unbehandelt fast immer tödlich sind", so Prof. Gunter Wolf, Direktor der Klinik für Innere Medizin III Jenaer Uniklinikum Jena, "neue Therapiemöglichkeiten haben die Aussichten für die Patienten wesentlich verbessert."
Für die Kinderärzte sind die Thrombotischen Mikroangiopathien eine besondere Herausforderung. "Bei den von HUS betroffenen kleinen Patienten kann ein akutes Nierenversagen in einer chronischen Dialysepflicht enden, bei der dann eine Nierentransplantation erforderlich wird", erklärt die Kindernephrologin Dr. Ulrike John, die das Kinderdialyse-Zentrum an der Jenaer Uniklinik leitet. "Ein großes Problem ist, dass eine Nierentransplantation keine sichere Besserung verspricht, weil die Erkrankung auch zu Mini-Gerinnseln in der neuen Niere führen und diese wieder schädigen kann."
Einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Krankheitsmechanismen leisteten die Grundlagenforscher. Sie untersuchten zum Beispiel Familien, in denen HUS gehäuft auftrat. "Dabei stellten wir genetische Defekte bestimmter Regulatoren im Komplementsystem fest, einem Bestandteil des Immunsystems. Das Immunsystem wird dadurch aktiviert, was zu einer Schädigung der kleinen Gefäße führt", fasst Prof. Peter Zipfel, Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut, ein wesentliches Ergebnis zusammen.
Auch bei der Erforschung der zweiten Erkrankung, der TTP, erzielten die Mediziner große Fortschritte. Auslöser für die hier entstehenden blutplättchenreichen Gerinnsel ist der angeborene oder erworbene Mangel an ADAMTS 13, der von Willebrand Faktor - spaltenden Protease, so dass das Gleichgewicht der Gerinnungsfaktoren gestört ist. "Wir können TTP zwar noch nicht heilen", so Dr. Karim Kentouche, Gerinnungsspezialist an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, "nach der sicheren Diagnose aber ist die Erkrankung durch den regelmäßigen Austausch von Blutplasma sehr gut behandelbar."
Der interdisziplinäre Dialog zwischen klinischer und Grundlagenforschung ist ein Hauptanliegen des Workshops, das spiegelt sich auch im Themenspektrum der Vorträge wider. Es umfasst alle wichtigen Gebiete von der Erforschung der Krankheitsmechanismen und der beteiligten Gene, bis hin zu neuen Therapieansätzen und Vorsorgemaßnahmen bei Thrombotischen Mikroangiopathien.
Terminhinweis:
4th International Workshop on Thrombotic Microangiopathies,
1. - 3. Oktober 2009, Bauhaus Universität Weimar,
Steubenstraße 6, 99423 Weimar
Tagungshomepage: www.hus-ttp.de
Kontakt:
Dr. Ulrike John
Dr. Karim Kentouche
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Jena
Prof. Dr. Gunter Wolf
Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101, 07747 Jena
Prof. Dr. Peter Zipfel
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e.V.
Beutenbergstraße 11a, 07745 Jena