15.05.2009
Studenten und Ärzte lernen voneinander
Prämierter Anästhesie-Workshop von Jenaer Medizinern mitentwickelt
Jena/Stuttgart. Fast ein Drittel der Krankenhäuser in Deutschland gibt an, offene Stellen im ärztlichen Dienst nicht besetzen zu können. Um Ärzte für Krankenhäuser zu gewinnen, verknüpft ein neuer Anästhesie-Workshop am Universitätsklinikum Jena jetzt ärztliche Fortbildung mit studentischer Ausbildung. Laut Befragung unter teilnehmenden Studierenden gewinnt die klinische Tätigkeit mit derartigen Ausbildungsprojekten an Attraktivität. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) zeichnete dieses neuartige Projekt am 9. Mai im Rahmen des Deutschen Anästhesiecongresses in Leipzig mit dem zum sechsten Mal vergebenen "Thieme-Teaching-Award" aus. Die mit 5 000 Euro dotierte Auszeichnung stiftet die Thieme Verlagsgruppe, Stuttgart.
Mit Hilfe der Regionalanästhesie blockieren Ärzte vor einer Operation bestimmte Nerven, um etwa einen gebrochenen Arm oder ein Bein zu betäuben. Damit der Anästhesist das Betäubungsmittel am richtigen Ort verabreicht und keine Schäden verursacht, sind genaue anatomische Kenntnisse wichtig. "Dieses detaillierte Anatomiewissen vermitteln wir im vorklinischen Studienabschnitt", so Dr. Rosemarie Fröber, Oberärztin der Anatomie am Universitätsklinikum. "Studierende verfügen daher häufig über ein detaillierteres anatomisches Wissen als ausgebildete Ärzte. Letztere haben dafür wichtige praktische Erfahrung, die Studierenden noch fehlt", ergänzt Dr. Simone Liebl-Biereige, Oberärztin am HELIOS Klinikum Erfurt.
Dr. Rosemarie Fröber (re) mit Studenten und Ärzten während des Workshops (Foto: M. Szabo/UKJ)
Die beiden Medizinerinnen entwickelten deshalb zusammen mit PD Dr. Winfried Meißner, Leiter der Schmerzambulanz des Uniklinikums und Dr. Martina Lange, Chefärztin am Waldkrankenhaus "Rudolf Elle" in Eisenberg, das Konzept zum "Workshop für Regionalanästhesie zur gemeinsamen Ausbildung von Ärzten in Weiterbildung und Studenten der Humanmedizin". Im ersten Teil dieses Kurses bewerten Studierende im Rahmen ihres Wahlpflichtfaches "Anatomie und regionale Leitungsanästhesie" unter Anleitung von Spezialisten die verschiedenen, im klinischen Alltag praktizierten anästhesistischen Zugangswege durch Farbstoffinjektion. Anschließend legen sie die Nerven an anatomischen Präparaten frei. Den ärztlichen Teilnehmern des einmal jährlich stattfindenden Workshops zeigen sie dabei, welche Gefäße und Strukturen an die zu blockierenden Nerven angrenzen. Im zweiten Teil des Kurses führen die Studenten unter Anleitung der Ärzte eine Nervenblockade am Patienten durch. "Die Regionalanästhesie ist ein wichtiges Verfahren zum Beispiel für operative Eingriffe oder in der Schmerztherapie", so der Schmerzspezialist Meißner, "verlangt aber einige Übung."
"In diesem Workshop lernen Ärzte von Studenten und umgekehrt", erklärt Liebl-Biereige. Die Nachfrage auf beiden Seiten sei sehr groß. Die DGAI zeichnet das neuartige Ausbildungskonzept vor allem für seine Bedeutung und Nachhaltigkeit für die klinische Praxis aus. Entscheidend sind die Originalität der Arbeit und ihr methodischer Ansatz, so die Jury.
Kontakt:
Dr. Rosemarie Fröber
Institut für Anatomie, Universitätsklinikum Jena
Tel. 0 36 41 / 93 8520
E-Mail:
PD Dr. Winfried Meißner
Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena
Tel. 03641 / 9323353
E-Mail: