01.06.2011
Neue Strategien gegen das „post-antibiotische Zeitalter“
Professor Mathias Pletz baut klinisch-infektiologische Forschergruppe am UKJ auf
Der Internist, Pneumologe und Infektiologe Mathias Pletz ist zum Professor für klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) berufen worden. Er vertritt die Infektiologie in der Klinik für Innere Medizin II, Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, und erarbeitet gegenwärtig das Konzept für eine vom BMBF geförderte klinische Forschergruppe.
Nachdem er Richard Prestons Ebola-Viren-Thriller „Hot Zone“ gelesen hatte, wollte Mathias Pletz schon als Student Infektiologe werden - in seiner Dissertation untersuchte er die Mechanismen des durch Viren verursachten Zelltodes. Seitdem konzentriert sich der in Plauen geborene Mediziner auf Infektionskrankheiten und die Möglichkeiten ihrer Behandlung: „Infektiologen können bei akuten Infektionen unmittelbare und kausale Heilungserfolge erzielen, wie sonst eigentlich nur die Chirurgen“, so Mathias Pletz, der in Leipzig, Basel und Houston studierte. „Doch unsere wirksamsten Waffen, die Antibiotika, verlieren durch den unsachgemäßen Einsatz an Schlagkraft.“
Seit einem Forschungsaufenthalt an den Centers for Disease Control and Prevention - dem „amerikanischen Robert-Koch-Institut“ - und der Emory University in Atlanta befasst sich Professor Pletz mit Ursachen und Mechanismen, die zur Entstehung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen führen, um daraus neue Strategien gegen diese bedrohliche Entwicklung abzuleiten. Bei der Suche nach wirksamen Therapien gegen resistente Erreger setzt er nicht auf den breiten Einsatz der wenigen verbleibenden Antibiotika. Er verfolgt zum Beispiel molekularbiologische Ansätze, die aus Bestandteilen des angeborenen Immunsystems neue Wirkstoffe entstehen lassen, oder arbeitet an der Entwicklung eines Schnelltests für Bakterien, die eine breite Resistenz gegen „beta-Laktame“ - die in der Klinik am häufigsten eingesetzte Antibiotikagruppe - entwickelt haben.
„Dann ließe sich die in diesen Fällen meist einzige noch wirksame Gruppe der Carbapeneme punktgenau einsetzen“, beschreibt Pletz das Ziel. „In Griechenland z.B. entwickelten sich in kurzer Zeit Carbapenem-resistente Bakterien, die oftmals auch gegen alle anderen zur Verfügung stehenden Antibiotika resistent sind, weil diese Gruppe sehr häufig und unspezifisch verabreicht wurde. Die Dynamik der Resistenzentwicklung hat schon zu einer Begriffsbildung des ‚post-antibiotischen Zeitalters’ geführt, die die drohende therapeutische Hilflosigkeit gegenüber häufigen Infektionskrankheiten beschreibt.“
Die optimierte Anwendung von Anti-Infektiva ist auch das Ziel einer jetzt in Jena beginnenden klinischen Studie, in der die Inhalation von Wirkstoffen bei Patienten mit Bronchiektasen - einer Bronchienerweiterung, die zu wiederkehrenden Infektionen durch resistente Bakterien führt - getestet wird. Während seiner Tätigkeit an der Medizinischen Hochschule Hannover, wo er seine Facharztausbildung zum Internisten, Pneumologen und Infektiologen absolvierte und eine eigene Arbeitsgruppe leitete, konnte Mathias Pletz weit reichende Erfahrungen als Studienleiter sammeln.
Wichtige Partner in Jena werden u.a. die Sepsisforschungsinitiativen, Mikrobiologen, Intensivmediziner, Klinikhygiene und -apotheke aber auch außeruniversitäre Einrichtungen wie das Friedrich-Löffler-Institut sein. Gemeinsam mit den Pneumologen des Uniklinikums will Mathias Pletz, der im Vorstand des Kompetenznetzes für ambulant erworbene Lungenentzündungen mitarbeitet, in Jena ein regionales Zentrum des Netzwerks etablieren.
Zusammen mit seinen Mitarbeitern ist Mathias Pletz für die infektiologische Station und deren Ambulanz zuständig, die unter anderem Patienten mit Reiseinfektionen, HIV, chronischen Infektionen oder immunsupprimierte Patienten mit Infektionen betreut und auch als Gelbfieberimpfstelle zugelassen ist. Das Team baut einen klinikumsweiten Konsildienst nach Schweizer Vorbild auf, der rund um die Uhr allen Kliniken des UKJ zur Verfügung stehen soll. „Dieser interdisziplinäre Aspekt der Infektiologie macht das Fach für mich besonders reizvoll“, so der 37-jährige Mediziner.
Diese Begeisterung will er den Studierenden im Querschnittsbereich Infektiologie und im Praktischen Jahr und künftig auch jungen Ärzten in der Facharztausbildung vermitteln. Gegenwärtig aber steht das klinische und Forschungskonzept im Vordergrund, mit dem Mathias Pletz im Herbst beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Förderung für seine Arbeitsgruppe beantragen wird.