05.08.2011
Sozialpädiatrische Hilfe für Kinder und Eltern
10 Jahren nach Eröffnung ist Zentrum am UKJ mit doppelten Patientenzahlen gefragte Anlaufstelle
Jena. Seit 10 Jahren ist das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) am Universitätsklinikum Jena Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen, chronischen neurologischen Erkrankungen und Verhaltensproblemen. Statt der bei der Eröffnung 2001 geplanten 1400 Patienten im Jahr kommen jährlich mehr als 3500 in das Jenaer SPZ. Als eines der wenigen universitären SPZ in Deutschland übernimmt es damit eine zentrale Aufgabe bei der Früherkennung und Behandlung kindlicher Fehlentwicklungen.
„Die Geschichte des Zentrums ist zweifellos eine besondere Erfolgsstory“, begeistert sich Prof. Ulrich Brandl, zu dessen Neuropädiatrischer Abteilung an der UKJ-Kinderklinik das SPZ gehört. Aus bis zu 100 Kilometer Entfernung kommen inzwischen die Patienten hierher. Das Spektrum der Probleme reicht dabei von Kleinkindern mit Entwicklungsstörungen über Epilepsiekranke, Kinder mit schweren Muskel- und Nervenerkrankungen oder Stoffwechselstörungen bis hin zu Verhaltensstörungen. Im Zentrum treffen Eltern und Kinder auf ein multiprofessionelles Team aus allen an der Förderung und Behandlung beteiligten zehn Berufsgruppen. Neben Kinderärzten gehören dazu auch Psychologen, Heilpädagogen, Sozialarbeiter und Ernährungsberater. Diese werden im SPZ mit einer Vielzahl verschiedenster Diagnosen konfrontiert. „Als Uniklinikum stehen uns dafür alle modernen Methoden der Diagnostik und auch der Behandlung einschließlich der Neurochirurgie zur Verfügung, das ist ein großer Vorteil für unsere Patienten“, so Brandl.
Die große Nachfrage nach dem sozialpädiatrischen Angebot führt der Kinderarzt auf zwei Faktoren zurück: „Es gibt einen steigenden Bedarf vor allem durch die gewachsene Sensibilität gegenüber Entwicklungs- und Verhaltensstörungen. Dadurch kommen auch viele Kinder mit Leistungsdefiziten zu uns, die eher auf psychologische und erzieherische Ursachen zurückzuführen sind. Hier können wir nur körperliche Ursachen ausschließen und Förderempfehlung geben“.
Aber auch der medizinische Fortschritt spielt eine Rolle. Dank moderner Diagnoseverfahren können jetzt auch dort Krankheitsauslöser identifiziert werden, wo dies bis vor kurzem unmöglich war. Das hat die Bandbreite möglicher Therapien enorm erweitert. „Die Zahl der behandelbaren Erkrankungen steigt, seitdem wir in der Lage sind, die genetischen Auslöser zu finden“, so Brandl. Auch schwere Störungen, die bisher als Schicksal betrachtet werden mussten, sind dadurch therapierbar geworden. Zum Beispiel eine Stoffwechselstörung, bei der ein Defekt der Glukosetransporter dazu führt, dass Hirnzellen nicht mit ausreichend Energie versorgt werden. Die Folge sind schwere Entwicklungsstörungen. „Heute können wir hier mit einer speziellen fettreichen Diät den genetisch verursachten Defekt ausgleichen“, erklärt Prof. Ulrich Brandl. Insgesamt gebe es gerade auf diesem Gebiet eine große Dynamik. „Wir können davon ausgehen, dass uns künftig immer mehr Therapien zur Verfügung stehen werden. Je besser wir verstehen, was genau passiert, desto mehr können wir dagegen tun“, ist Brandl optimistisch.
Auch für diesen wichtigen Aspekt der Beteiligung an medizinischer Forschung bieten sich am Sozialpädiatrischen Zentrum des Jenaer Uniklinikums durch die enge Anbindung an die Wissenschaftler des UKJ beste Bedingungen. „Als universitäres Zentrum sind wir ebenso Teil der Maximalversorgung wie der Spitzenforschung“, sagt SPZ-Leiter Brandl. „In den 10 Jahren seit unserer Gründung hat sich das vor allem für unsere Patienten spürbar ausgezahlt.“