15.11.2012
Krebstherapie bei Kindern schwächt Knochendichte
UKJ-Kinderradiologen stellten Studienergebnisse vor
(Deutsche Röntgengesellschaft) Was in der Kindheit an Knochen aufgebaut wird, davon zehrt der Mensch sein ganzes Leben lang. Doch was ist, wenn der kindliche Knochenaufbau durch Krankheit oder eine Krebstherapie gestört wird? Mit einem modernen Ultraschallverfahren können Kinderradiologen zeigen, dass Kinder krankheitsbedingte Schäden im Knochenaufbau bis zu einem gewissen Grad wieder aufholen können. Im Vergleich zu gesunden Kindern bleibt aber meist ein Defizit bestehen. Entsprechende Studienergebnisse diskutierten Kinderradiologen auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR) in Düsseldorf.
Kinder mit Blutkrebs können heute mit modernen Therapiemethoden häufig dauerhaft geheilt werden. Doch diese hoch effektiven Behandlungen sind nicht ohne: Vor allem wenn zur Blutkrebsbehandlung das Knochenmark ausgetauscht wird, müssen die Kinder teilweise wochenlang im Bett verbringen oder können sich nur sehr eingeschränkt körperlich betätigen. Muskeln und Knochen werden in dieser Zeit zwangsläufig kaum trainiert.
Je schwächer der Schall, desto stärker der Knochen
Dass das nicht ohne Einfluss auf die Knochenentwicklung bleibt, konnten Kinderradiologen um Professor Dr. Hans-Joachim Mentzel von der Universitätsklinik Jena zeigen. Bei der 49. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie e.V. in Düsseldorf stellten sie die Ergebnisse einer klinischen Studie zu dieser Thematik vor. Bei 47 Kindern mit krebsbedingter Knochenmarktransplantation untersuchten die Experten, inwieweit die Behandlung und die damit einhergehende Immobilisierung zu einem Knochenabbau (Osteoporose) führten.
Zum Einsatz kam dabei ein Ultraschallverfahren, das die Knochendichte - im Unterschied zu der bei Erwachsenen üblichen DXA-Messung - ganz ohne Röntgenstrahlen ermitteln kann. „Wir setzen den Schallkopf dabei an der Ferse der Kinder an und können dort die Geschwindigkeit messen, mit der die Ultraschallwellen durch den Knochen dringen“, erläutert Mentzel. Je dichter und damit gesünder der Knochen ist, umso stärker wird der Schall abgeschwächt. Eine zu geringe Abschwächung des Ultraschallsignals spricht für einen krankhaften Knochenabbau, eine Osteoporose.
Pro Kind wurden jeweils drei Messungen vorgenommen. Eine Messung fand vor der Krebstherapie statt und lieferte den Ausgangswert. Die zweite Messung folgte unmittelbar nach der Behandlung und der damit verbundenen Immobilisierung. Und eine dritte Messung ein Jahr später ermöglichte eine Beurteilung des Langzeitverlaufs.
Knochenschwäche kann wieder aufgeholt werden
In den ersten beiden Messungen zeigte sich, dass der Knochen der Kinder durch Krebstherapie und fehlende körperliche Bewegung deutlich in Mitleidenschaft gezogen wird. „Nach der Transplantation betrug der Anteil der Kinder mit radiologischen Hinweisen auf eine Osteoporose 13,5 Prozent und war damit knapp doppelt so hoch wie vorher“, so Mentzel.
Die gute Nachricht: Nach einem Jahr hatten die Kinder den Rückstand bei der Knochendichte größtenteils wieder aufgeholt. „Im Vergleich zu Gesunden sind die Werte aber auch zu diesem Zeitpunkt noch etwas schlechter. Das könnte darauf hinweisen, dass diese Kinder deswegen ein erhöhtes Risiko für eine vorzeitige Knochenschwäche im Alter haben.“
Die Experten ziehen aus den Ergebnissen ihrer Studie zwei Konsequenzen. Zum einen plädieren sie dafür, dem Knochenaufbau nach einer Krebstherapie verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen, beispielsweise durch gezielte Trainingsprogramme. Zum anderen sollte die Knochendichte nach einer Krebstherapie im Kindesalter auch im Erwachsenenalter im Auge behalten werden. Dann lässt sich eine vorzeitige Osteoporose frühzeitig erkennen, und die Betroffenen können rechtzeitig behandelt werden. Eine gute kinderradiologische Diagnostik hat also nicht nur Auswirkungen auf die Behandlung im Kindesalter. Sie kann auch Spätschäden minimieren und dadurch Kosten sparen.