15.08.2013
Europäische Immunbiologen und Komplementforscher treffen sich in Jena
Hans-Knöll-Institut und Universitätsklinikum organisieren internationale Tagung
Jena. Vom 17. bis 21. August treffen sich etwa 400 Wissenschaftler aus aller Welt in Jena, um sich über neueste Forschungsergebnisse zum Komplementsystem auszutauschen. Auf der internationalen Fachtagung „14th European Meeting on Complement in Human Disease“ werden die Experten im Volkshaus Jena die Funktion dieses wichtigen Teils des Immunsystems bei der Entstehung und Bekämpfung von Krankheiten diskutieren. Ziel ist die Entwicklung neuer Therapiemethoden für die Behandlung von Erkrankungen.
Der Medizin-Nobelpreisträger Paul Ehrlich beschrieb das Komplementsystem als wichtiges Element der angeborenen Immunantwort erstmals vor über 100 Jahren. Fehlfunktionen und Defekte in dem sehr komplexen Komplementsystem sind an einer ganzen Reihe von Erkrankungen beteiligt. In den vergangenen Jahren entwickelte sich daher ein eigenständiges, interdisziplinäres Forschungsgebiet, in dem Immunbiologen, Mikro- und Molekularbiologen, und Mediziner eng zusammenarbeiten. Neue Erkenntnisse der Grundlagenforschung konnten auf diese Weise schnell in klinischen Studien überprüft werden. So wurde es möglich neue Therapiekonzepte für bis dahin oft nicht behandelbare Erkrankungen zu entwickeln und umzusetzen.
Das Komplementsystem ist ein hochkomplexes Netzwerk aus immunologisch aktiven Proteinen, die sich gegenseitig aktivieren und miteinander kommunizieren. Vor allem im Kindesalter ist es für die Abwehr von Infektionserregern verantwortlich. Außerdem erhält das Komplementsystem im menschlichen Organismus das zelluläre Gleichgewicht, die so genannten Homöostase, aufrecht. Bereits geringfügige Veränderungen einzelner Bestandteile verändern die empfindliche Balance zwischen Infektabwehr und Homöostase und können zu lebensbedrohenden Erkrankungen führen. Ein Beispiel ist das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), eine schwerwiegende Nierenerkrankung. HUS kann unter anderem durch den EHEC-Erreger ausgelöst werden, dessen Toxin das Komplementsystem aus dem Gleichgewicht bringt.
„Mit dem internationalen Treffen in Jena wollen wir eine Brücke zwischen der Grundlagenforschung und neuen klinischen Ansätzen schaffen“, sagt Prof. Dr. Peter F. Zipfel, stellvertretender Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie - Hans-Knöll-Institut - und einer der Organisatoren des Meetings. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen PD Dr. Christine Skerka und Dr. Teresia Hallström vom gleichen Institut organisiert er die Fachkonferenz in enger Zusammenarbeit mit Medizinern des Universitätsklinikums Jena (UKJ).
Ein wichtiges Thema wird die Diskussion der EHEC-Epidemie in Norddeutschland im Mai 2011 sein. Dort kam es durch den Verzehr von verseuchten Bockshornklee-Sprossen aus Ägypten zur komplementvermittelten Erkrankung HUS und zu Todesfällen. Nach Angaben von Prof. Dr. Gunter Wolf vom UKJ werden die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Epidemie intensiv aufgearbeitet. Prof. Dr. Reinhard Burger, der Präsident des Robert-Koch-Instituts, wird die Erfahrungen der Bundesbehörde zusammenfassen. Die Sicht des Nephrologen in der klinischen Praxis wird Prof. Dr. Ulrich Wenzel vom Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf darstellen. In Hamburg, wo die meisten EHEC-Patienten eingeliefert wurden, wurde erstmals ein Inhibitor des Komplementsystems als neue Therapie gegen HUS eingesetzt. Die innovative Behandlungsstrategie führte dazu, dass diese Patienten zwei Jahre nach ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung weitgehend genesen sind und eine sehr hohe Lebensqualität haben.
Prof. Zipfel liegt auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses am Herzen: „Wir freuen uns sehr, neben vielen renommierten Experten insbesondere talentierten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Gelegenheit zu bieten, ihre neuesten Forschungsarbeiten vorzustellen und ihre eigene Karriere zu fördern. Einen Anreiz hierfür bilden die vom Europäischen Komplement-Netzwerk und der Kongressagentur Conventus ausgelobten Preise für die besten Poster und Vorträge.“
Kongress-Homepage: www.emchd2013.org