Jena (UKJ/kbo). Fast ein ganzes Kilo hat Marlene schon zugelegt. Und um die sieben Zentimeter gewachsen ist sie auch seit ihrer Geburt vor rund neun Wochen. Am 16. Mai ist sie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) auf die Welt gekommen: gerade 1.530 Gramm schwer und 41 Zentimeter klein, elf Wochen zu früh, in der 29. Schwangerschaftswoche. Dass Marlene überhaupt so lange im Mutterleib gedeihen konnte, grenzt an ein Wunder. Denn Mama Marie-Luise Theuerkauf hatte eine komplizierte Schwangerschaft – und bereits in der 25. Schwangerschaftswoche einen Blasensprung.
„Es ist schon etwas Besonderes, dass wir die Schwangerschaft so lange aufrechterhalten konnten. Denn der vorzeitige Blasensprung trat an der Grenze der Überlebensfähigkeit des Kindes auf. Wir haben gemeinsam alles versucht, die Schwangerschaft zu erhalten und dem Kind bessere Chancen für seinen Start ins Leben zu geben“, erklärt der Leiter der Jenaer Geburtsmedizin, Professor Ekkehard Schleußner.
Normalerweise platzt die Fruchtblase erst kurz vor oder während der Geburt, bei manchen Frauen aber auch schon früher. Dann spricht man von vorzeitigem Blasensprung. Bei Marie-Luise Theuerkauf handelte es sich in der 25. Schwangerschaftswoche sogar um einen extrem frühen vorzeitigen Blasensprung, was mit sehr großen Risiken verbunden ist. Unter anderem können Infektionen entstehen, die auf das ungeborene Kind übergehen und schlimmstenfalls eine Neugeborenen-Sepsis auslösen.
Forschungsschwerpunkt Sepsis
Genau hier setzt eine groß angelegte Studie des UKJ an: In der so genannten PEONS-Studie untersuchen Experten aus der Geburtsmedizin, der Neonatologie und der Infektionsmedizin, welche Zusammenhänge zwischen den mütterlichen Bakterien und denen des Kindes bestehen, ob sich dadurch eine frühkindliche Sepsis vorhersagen lässt und wie dem entgegengewirkt werden kann.
Auch Marie-Luise Theuerkauf und ihre Marlene haben an der Studie teilgenommen. „Das war für mich völlig klar. Ich freue mich, wenn ich dadurch anderen Müttern helfen kann, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich es war“, sagt sie. Tochter Marlene hatte Glück. Keine Sepsis, nur zwei kleine Infekte plagten sie. „Alles halb so wild, wenn man bedenkt, was alles hätte passieren können“, findet Papa Ben Theuerkauf. Und so konnten die Eltern einfach dabei zusehen, wie sich ihre Marlene entwickelte, wie sie immer mehr auf ihre Eltern reagierte, lächelte, mitmachte und zu einem kleinen Menschen heranwuchs.
„Am Anfang war es schlimm und schön zugleich“, fasst es Marie-Luise Theuerkauf zusammen. „Sie war so klein, umgeben von Schläuchen und Maschinen. Ich habe ihr nur ganz vorsichtig die Hand in den Brutkasten legen können“, berichtet sie. Vier Tage nach der Geburt lag Marlene dann zum ersten Mal bei ihrer Mama auf der Brust. „Da wurde mir ganz bewusst: Das ist mein Kind!“, erinnert sie sich. Die Schläuche sind längst entfernt. Mittlerweile funktionieren schon erste Stillversuche.
Viele Wochen haben Marie-Luise und Marlene Theuerkauf im UKJ verbracht. „Wir haben den Kreißsaal, die Neonatologie und die Wöchnerinnenstation kennengelernt und möchten uns bei allen Mitarbeitern bedanken. Wir haben uns hier sehr gut aufgehoben gefühlt“, sagen die Eltern. Pünktlich zum Ferienbeginn kommt Marlene nun nach Hause. So hat auch Lehrer Ben Theuerkauf noch ein bisschen Zeit, sich an den neuen Alltag zu Hause zu gewöhnen. Dabei kann er auch auf die Unterstützung aus dem UKJ zählen. Das Elternteam der Neonatologie wird in den kommenden vier Wochen Familie Theuerkauf regelmäßig an ihrem Wohnort Weimar besuchen.