Jena (UKJ/vdG). „Ich bin nicht Pathologe geworden, sondern geblieben“, beschreibt Prof. Dr. Nikolaus Gaßler die Entscheidung für sein Fach. Gewebeuntersuchungen in der Augenmedizin und die Möglichkeit, den Patienten anhand dieser Untersuchungsergebnisse den Hergang und die Heilungsaussichten ihrer Erkrankung genau erläutern zu können, haben ihn als jungen Arzt im Praktikum fasziniert. Seit April hat der 50-Jährige die Professur für Pathologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne und leitet die Sektion für Pathologie am Universitätsklinikum Jena. Ihn reizen die fachlichen und organisatorischen Anforderungen, die der moderne interdisziplinäre Klinikbetrieb unter Einbindung externer Partner an die Pathologie stellt.
Interdisziplinäre Diagnostikplattform für zentrale klinische Dienstleistung
Gerade in der interdisziplinären Tumordiagnostik wächst neben der mikroskopischen Beurteilung von Zellen und Geweben die Bedeutung der molekularpathologischen Diagnostik, die in den Proben nach Veränderungen charakteristischer Gene und Genprodukten fahndet. Dies ist die Grundlage für eine umfassende „morphomolekulare Diagnose“ und sich dadurch ergebende individualisierte Therapiekonzepte. Zur Qualitätskontrolle klinischer Prozesse trägt das Tätigkeitsspektrum der Pathologie entscheidend bei. Unter anderem ist hier auch die Obduktionstätigkeit zu nennen. „Im Sinne einer zentralen klinischen Dienstleistung wollen wir die Abläufe der umfassenden diagnostischen Tätigkeit weiter optimieren und in Kooperation mit den Instituten für Humangenetik und Rechtsmedizin eine interdisziplinäre Diagnostikplattform aufbauen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Weiterführung der Digitalisierung“, so der Pathologe.
Sein Medizinstudium absolvierte Nikolaus Gaßler in Leipzig, wo er auch promoviert wurde. Anschließend forschte er als DFG-Stipendiat an der Universität Heidelberg und absolvierte am dortigen Universitätsklinikum die Facharztausbildung in der Pathologie. Für seine Habilitation erforschte und charakterisierte Gaßler ein Enzym, das im Dünndarm eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung langkettiger Fettsäuren spielt. 2005 folgte er dem Ruf auf eine Professur an das Universitätsklinikum der RWTH Aachen University, wo er als leitender Oberarzt tätig war und die stellvertretende Leitung des Instituts für Pathologie innehatte. Parallel absolvierte er ein Fernstudium der Volkswirtschaftslehre und Geschichte. Zuletzt leitete er als Chefarzt das Institut für Pathologie am Klinikum Braunschweig.
Partner in der translationalen Forschung
Neben Untersuchungen zum Fettstoffwechsel liegen die wissenschaftlichen Schwerpunkte von Professor Gaßler in der Erforschung der Mechanismen von Entzündung und Tumorentstehung sowie in der Wechselbeziehung von Darmbakterien und menschlichem Organismus. Nikolaus Gaßler: „Das Mikrobiom im Darm beeinflusst die Entstehung chronischer Erkrankungen in Leber und Darm, wir beginnen gerade zu verstehen, wie. Inzwischen wissen wir auch, dass die Darmbakterien die Komposition von Signalstoffen beeinflusst, die entscheidend für zentralnervöse Funktionen sind.“ Für diese Themen sieht er ideale Anknüpfungspunkte an die Jenaer Schwerpunkte Infektion und Altern, aber auch in der medizinischen Photonik, zum Beispiel im Bereich der Fluoreszenzbildgebung. In der klinischen Forschung möchte Gaßler unter anderem die in der Jenaer Pathologie aufgebaute Expertise in der Interpretation von Weichgewebstumoren fortführen. „Die Pathologie hat naturgemäß eine Mittlerfunktion zwischen Labor und Klinik, diese Rolle wollen wir als Partner in der translationalen Forschung ausfüllen“, so Gaßler.
Dass das umfangreiche und lernintensive Fach bei den Studierenden nicht ganz so hoch im Kurs steht, tut dem Engagement des neuen Pathologieprofessors keinen Abbruch: „Die Studierenden lernen bei uns, warum und wie sich Zellen, Gewebe und Organe bei Krankheiten verändern. Es wird ihnen ein grundlegendes Krankheitsverständnis vermittelt, das letztlich unentbehrlich für ihre zukünftige ärztliche Tätigkeit ist.“ Aus Heidelberg und Aachen bringt Professor Gaßler große Erfahrungen mit dem Modell- und dem reformierten Medizinstudium mit, die er in das neigungsorientierte Studium in Jena einfließen lassen möchte.
Kontakt:
Prof. Dr. Nikolaus Gaßler (M.A.)
Sektion für Pathologie, Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Jena
Tel.: +49 3641 9397001
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