Jena (UKJ/as). Natürlich habe er Trauriges erlebt. Das sei Teil der Arbeit jeder Klinikseelsorgerin und jedes Klinikseelsorgers, sagt Heinz Bächer. 14 Jahre lang hat er als evangelischer Seelsorger am Universitätsklinikum Jena (UKJ) gewirkt. „Wenn das Telefon geklingelt hat – nachts, früh morgens, am Wochenende – dann war klar, dass es sich um eine schwere Situation handeln wird.“ Dann ging es vor allem darum, bei Verlust und schwierigen Entscheidungen beratend zur Seite zu stehen. Er habe aber auch Paare im Krankenzimmer getraut, erzählt Heinz Bächer. „Das waren sehr bewegende Momente und in ihrer Tiefe von ganz besonderer Schönheit.“
Bevor er im Mai 2006 erstmals am UKJ ein Patientenzimmer als Seelsorger betrat, hatte Heinz Bächer unter anderem in Gemeinden in Hainspitz, in Jena und viele Jahre in Trockenborn gearbeitet. Doch bereits während seines Studiums in Leipzig sammelte er bei Praktika Erfahrungen in Krankenhäusern. Die Arbeit als Klinikseelsorger sei für ihn eine sehr passende, so Heinz Bächer. Hier ist er viel mehr am Menschen, ohne die in vielen Gemeinden notwendige Verwaltungsarbeit.
Die Rolle als Seelsorger liegt ihm besonders. Neben seiner Gemeindetätigkeit entdeckte er früh das Feld der systemischen Familientherapie für sich. Nach der friedlichen Revolution absolvierte er eine Ausbildung zum Familientherapeuten, war Mitbegründer der ersten Familienberatungsstelle im Saale-Holzlandkreis und arbeitet bis heute freiberuflich als Coach und Supervisor.
Der Besuch des Klinikseelsorgers am Krankenbett sei ein wichtiger Baustein im Genesungsprozess, so Heinz Bächer. „Spiritualität gehört zum Leben.“ Und sie sei nicht an eine Religion gebunden. „Rund ein Drittel der Patienten, die ich besucht habe, hatten keine Kirchenzugehörigkeit.“ Auf keinen Fall wolle er missionieren, so Bächer, sondern dem Gesprächspartner ein Gegenüber sein für die existentiellen Fragen, die sich in Krankheitssituationen und speziell im Krankenzimmer eröffnen. Einige Patienten suchten auch über den Klinikaufenthalt hinaus das Gespräch mit ihm.
Auch Mitarbeiter des Klinikums gingen auf Heinz Bächer zu. Nicht selten steckten sie in einem Dilemma, das auch dadurch entsteht, dass Gerätemedizin heute höher vergütet wird als Zwischenmenschliches. „Das Patientenwohl sollte immer ganz weit oben stehen.“ Diesem Grundsatz folgte Heinz Bächer auch in den sieben Jahren, in denen er in der Ethikkommission am UKJ mitwirkte. Dass der ganze Patient im Mittelpunkt der Behandlung steht und ökonomische Gesichtspunkte wieder weiter in den Hintergrund treten, sei aus seiner Sicht eines der wichtigsten (politischen) Aufgaben im Gesundheitswesen.
Besonders gefordert waren Heinz Bächer und das Team der Klinikseelsorge in der Hochphase der Corona-Pandemie. Als plötzlich kein Besuch mehr am Krankenbett erlaubt war, mussten die Klinikseelsorger diese Lücke füllen, zwischen den Patienten, Ärzten und Pflegekräften im Klinikum und ihren Angehörigen „draußen“ vermitteln und auch die Abschiednahmen vorübergehend begleiten. Die Schutzkleidung und vielfältigen Hygienemaßnahmen stellten hingegen keine Herausforderung für den Seelsorger dar. „Das gehört zum Alltag. Daran habe ich mich schon lange gewöhnt.“
Die Dankbarkeit von Patientinnen und Patienten empfand Heinz Bächer immer als besonders wertvoll. „Und wenn Wunder geschehen.“ Er erinnert sich noch genau daran, wie er Eltern beistand, als ihr Säugling am Kopf operiert werden musste. „Es sah gar nicht gut aus.“ Doch als er einige Tage später wieder zu Besuch kam, lag das Kind munter in den Armen der Mutter.
Diese Erinnerungen nimmt Heinz Bächer mit, wenn er nun das Telefon für die Rufbereitschaft an seine Klinikseelsorger-Kollegen weitergibt. Auf den 63-Jährigen warten jetzt neue Herausforderungen: In den kommenden Wochen wird sein zweites Enkelkind das Licht der Welt erblicken.