Jena (UKJ/kbo). Eine große Narbe am Bauch: Das ist die tägliche Erinnerung an die große Operation, die Susann Eismann erfolgreich überstanden hat – und die wohl ihr Leben gerettet hat. Denn die 46-Jährige Jenaerin hatte einen Bauchspeicheldrüsentumor. Die Chirurgen der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) haben Susann Eismann rund sechs Stunden lang operiert, und den krebsbefallenen Bauchspeicheldrüsenkopf entfernt. Ein schwieriger und komplexer Eingriff, der viel Erfahrung erfordert und in spezialisierten Zentren wie dem Pankreaskrebszentrum am UKJ erfolgen sollte. „Eine Operation ist bei Bauchspeicheldrüsenkrebs die einzige Chance auf Heilung“, erklärt Prof. Dr. med. habil. Utz Settmacher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. „Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der bösartigsten Krebsformen überhaupt. Die 5 Jahres-Überlebensrate liegt unter 20 Prozent“, weiß er. Das Tückische: Gut die Hälfte der Betroffenen zeigen keinerlei Symptome, oft ist es eher ein Zufallsbefund. „Zum Zeitpunkt der Diagnose sind nur etwa 20 bis 30 Prozent der Tumoren operabel“, so Prof. Dr.med. habil. Settmacher. Susan Eismann gehört zu dieser Patientengruppe.
Bauchspeicheldrüsenkrebs entwickelt sich oft unbemerkt
Rund zehn Jahre leidet die Physiotherapeutin immer wieder unter Rückenschmerzen. Sie schiebt es auf Stress. Ihre Ärztin findet keine konkrete Ursache. An Ostern dieses Jahres kommen schließlich extreme Schlafstörungen hinzu, erinnert sich Susann Eismann. „Ich hatte außerdem Rückenschmerzen auf der rechten Seite und das Gefühl, unter meinen Rippen sitzt ein Ei“, beschreibt sie ihre Beschwerden. Eine typische B-Symptomatik wie Fieber, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust, die bei vielen Krebsarten auftreten, hat sie nicht. Daher denkt sie auch nicht an eine Krebserkrankung. Zwei Monate später geht dann aber alles ganz schnell: Susann Eismann wacht mit gelben Augen auf – und kommt ans UKJ. Ursache hierfür ist ihr massiv verengter Gallengang, wodurch sich die Gallenflüssigkeit staut. Die Experten am Uniklinikum setzen Susann Eismann einen Stent ein, der ihren Gallengang weitet und entlastet. Obwohl es ihr dadurch deutlich besser geht, fangen ihre Diagnose und Behandlung jetzt erst richtig an: Ein Ultraschall zeigt eine Raumforderung an der Bauchspeicheldrüse, eine Computertomographie, bestätigt einen raumfordernden Prozess am Pankreaskopf der 46-Jährigen.
Komplexe Operation als Chance auf Heilung
Im interdisziplinären Tumorboard besprechen die Chirurgen der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie gemeinsam mit weiteren Krebsexperten des UKJ, die zum Mitteldeutschen Krebszentrum gehören, die am besten geeignete Therapie für Susann Eismann. „Wir entscheiden hier bei jedem Patienten und jeder Patientin individuell. Ist eine Operation möglich? Braucht es zunächst eine Chemotherapie?“, erklärt Prof. Settmacher. Bei Susann Eismann ist klar: Sie benötigt eine Pankreasresektion mit Erhalt des Magens. Die magenschonende Operation steigert die Lebensqualität.
Um Susann Eismann die Angst vor dem komplizierten Eingriff zu nehmen, bestand die Möglichkeit mit einer betroffenen Patientin zu sprechen. „Das hat mir Sicherheit gegeben“, sagt Susann Eismann. „Wir haben über zwei Stunden gesprochen, ich konnte alle meine Fragen loswerden und bin deutlich entspannter in die Operation gegangen“, ist sie dankbar. Überhaupt versucht das Team des Pankreaskrebszentrums alles, um die Patientinnen und Patienten über die rein chirurgische Seite hinaus zu unterstützen. „Jedem Patienten wird auch der Kontakt zur Selbsthilfegruppe der Pankreatektomierten vermittelt“, sagt PD Dr. Astrid Bauschke.
Die Operation verläuft bei Susann Eismann erfolgreich, sie verbringt einige Tage auf der Intensivstation und kann schon bald auf die Normalstation verlegt werden, wo langsam aber stetig ein Kostaufbau beginnt. Sie benötigt ein synthetisches Verdauungsenzym, das die Funktion der Bauchspeicheldrüse unterstützt. Obwohl der Krebs bei Susann Eismann nicht gestreut hat – ihre Lymphknoten sind nicht befallen – benötigt sie über ein halbes Jahr lang eine Chemotherapie. Außerdem nutzt sie die Angebote der komplementären Medizin des Mitteldeutschen Krebszentrums, die ihr guttun. Ihr geht es heute gut. „Mein Bauch gluckert und rumort, aber ich habe keinerlei Unverträglichkeiten, keinen Diabetes und meine Werte sind gut“, berichtet sie. „Ich darf glücklicherweise alles essen, musste mich aber natürlich Schritt für Schritt rantasten“, erzählt sie. „Die Erdbeeren schmecken jedenfalls auch nach der OP wie Erdbeeren“, freut sie sich und rät Betroffenen, trotz des schweren Eingriffs ruhig und positiv zu bleiben. „Ich weiß aber, dass ich großes Glück hatte und der Krebs rechtzeitig erkannt wurde.“
Über das Pankreaskrebszentrum
Seit 2020 ist das Pankreaskrebszentrum am UKJ ein durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziertes Organkrebszentrum und auf die Diagnostik und Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert. Es gehört zum onkologischen Spitzenzentrum Mitteldeutschlands. Etwa 80 Operationen an der Bauchspeicheldrüse nehmen die Jenaer Chirurgen pro Jahr vor – viele davon aufgrund von Pankreaskrebs. Ist die Erkrankung zu weit fortgeschritten, der Tumor zu groß oder hat er Metastasen gebildet, können Patienten meist nur noch palliativ betreut werden. Wichtig ist es für die Betroffenen, Hilfe in spezialisierten Zentren zu erhalten, in denen qualifizierte Experten verschiedener Fachdisziplinen zusammenarbeiten.
Pankreassprechstunde am UKJ immer donnerstags, 9 bis 12 und 13 bis 15 Uhr
Termine/ Anmeldung telefonisch unter: 03641 9-322445
Kontakt Selbsthilfegruppe:
Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V., Regionalgruppe: Bernd Rühling, Kretschmerstraße 28, 07549 Gera