Jena (UKJ/me). Rund 1,5 Millionen Menschen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland wegen einer Herzerkrankung im Krankenhaus behandelt. Ein Großteil der Patientinnen und Patienten leidet an der koronaren Herzerkrankung. Prof. Dr. Paul Christian Schulze, Direktor der Klinik für Innere Medizin I, Kardiologie, erklärt im Interview, welchen Einfluss Sport und Ernährung haben können und wo Grenzen bestehen.
Worauf sollte ich bei der Ernährung schauen?
Nach wie vor gilt die „Mittelmeerdiät“ als vorbildliche Ernährungsweise, also einen Lebensstil zu praktizieren, der ballaststoffreich ist, gesättigte Fettsäuren wie Olivenöl, Fisch, Nüsse, Obst und Gemüse enthält. Gleichzeitig bedeutet das für uns, in Maßen zu genießen, etwa Alkohol. Auch der negative Einfluss stark gesüßter Nahrungsmittel wird immer wieder unterschätzt. Nicht nur ist damit häufig eine starke Gewichtszunahme verbunden, sondern wird auch vermutet, dass Süßstoffe krebserregend sein können. Außerdem sollte man auf eine salzarme Ernährung achten, um beispielsweise den Blutdruck zu kontrollieren. Bei Bluthochdruck raten wir ausdrücklich, Salz in der Ernährung zu reduzieren. Langfristig können durch eine mediterrane und abwechslungsreiche Ernährung bzw. Ernährungsumstellung positive Effekte erzielt werden. Allerdings muss man wissen, dass die koronare Herzerkrankung als Folge von Arteriosklerose, einer krankhaften Verengung und Verkalkung der Blutgefäße, immer auch eine medikamentöse Therapie benötigt. Darüber hinaus können Sport und Bewegung positiv Einfluss nehmen.
Welche Sportarten tun unserem Herzen gut?
Ausdauersportarten, wie Fahrrad fahren, Wandern, Joggen halten uns nicht nur fit, sondern sind insbesondere gut für unser Herz-Kreislauf-System. Hier gilt trotzdem, in Maßen zu trainieren. Bewegung sollte ausgewogen sein. Wer regelmäßig über seine Belastungsgrenze geht, also in extremen Bereichen trainiert, kann einen gegenteiligen Effekt bewirken und eine maximale Ausdauerbelastung der Gefäßmuskulatur schaden. Viel hilft viel, ist hier ein Irrtum. Und es gibt natürlich spezielle Herzsportgruppen, die Kardiotraining anbieten - das ist dann speziell „Sport fürs Herz“.
Welche neuen Therapiemöglichkeiten gibt es?
Bei Fettstoffwechselstörungen können wir zahlreiche neue Medikamente einsetzen, die oft noch schonender und verträglicher sind. Denn die Ausprägung für erhöhte Blutfettwerte, also der Gesamtspiegel des LDL-Cholesterins ist nur bis zu 20 Prozent von Bewegung und Ernährung beeinflussbar. Über eine gezielte medikamentöse Therapie kann das Langzeitcholesterin aber gut beeinflusst werden. Darüber hinaus können kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes einfacher behandelt werden. Mittlerweile können wir Medikamente nutzen, die Patientinnen und Patienten nur noch einmal im Monat oder auch seltener nehmen müssen. Das verbessert wiederum die Compliance.
Was kann vorbeugend gegen die koronare Herzerkrankung getan werden?
Wichtig ist, frühzeitig Risikoprofile zu erfassen. Das heißt, ab einem Alter von 40 Jahren sollten vor allem Menschen mit erhöhtem familiären Risiko, also Herzinfarkt und Schlaganfall in der Familie, einmal jährlich Blutdruck und Blutwerte untersuchen lassen. Hier sind die Hausärztinnen und –ärzte häufig Erstkontakt. Außerdem empfehle ich, die körperliche Belastbarkeit testen zu lassen. Hierfür rate ich zur Vorstellung in der Kardiologie oder in einem Gefäßzentrum. Bei der koronaren Herzerkrankung darf nicht nur das Herz als solches kontrolliert werden, sondern die Gefäße müssen im gesamten Körper überprüft werden, insbesondere die Bein- und Halsgefäße. Leider steht manchmal nur das Herz im Fokus. Wir wissen, dass ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Herzerkrankung bei Patienten mit peripheren Durchblutungsstörungen besteht. Deshalb arbeiten in unserer Klinik in der Kardiologischen Ambulanz und der Gefäßambulanz Kardiologen und Gefäßmediziner interdisziplinär eng zusammen. Nur so ist eine hochwertige kardiovaskuläre Betreuung und Behandlung möglich. Außerdem müssen Patientinnen und Patienten nach einem Herzinfarkt engmaschig nachbetreut werden. Dafür wiederum ist eine enge Zusammenarbeit mit ambulanten Partnern entscheidend, damit umfassend auf Herz und Gefäße geachtet werden kann und alle Patienten umfassend betreut und behandelt werden können.
Kontakt:
Klinik für Innere Medizin I,
Direktor der Klinik für Innere Medizin I,
Kardiologie, Internistische Intensivmedizin, Angiologie
Am Klinikum 1
07747 Jena
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