Diabetes und Auge (Diabetische Retinopathie)
Was ist Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus)?
Zuckerkrankheit ist eine Stoffwechselerkrankung bei der der kleinste Zuckerbaustein (Glukose) nicht ausreichend aus der Blutbahn in die Körperzellen aufgenommen werden kann, um dort weiter abgebaut zu werden. Ursache für die Zuckerkrankheit ist ein Mangel an einem Hormon (Insulin), welches für die Aufnahme der Glukose in die Körperzellen verantwortlich ist. Die Zuckerkrankheit kann schon bei Kindern und Jugendlichen oder jüngeren Erwachsenen bzw. als Alterszucker auftreten.
Die Glukose wird in die Gefäßwände eingebaut. Die Struktur der Gefäßwände wird verändert und dadurch eine Störung des Sauerstoff- und Nährstofftransportes aus er Blutbahn in die Gewebe verursacht.
Wenn bei jüngeren Menschen die Zuckerkrankheit auftritt, spüren diese ein deutlich vermehrtes Durstgefühl und sie müssen häufig Wasserlassen. Meistens treten Müdigkeit, Abgeschlagenheit und deutlicher Gewichtsverlust ein.
Ältere Menschen entwickeln die Zuckerkrankheit häufig langsam. Bei ihnen ist noch eine gewisse Menge Insulin vorhanden und die Blutzuckerwerte sind nicht so stark erhöht. Meist wird der erhöhte Blutzuckerwert zufällig entdeckt.
Damit die Entstehung von Folgeschäden verhindert bzw. hinausgeschoben wird, ist eine genaue Einhaltung der Diät bzw. Durchführung der Insulintherapie mit Selbstkontrolle erforderlich. Die Behandlung sollte von einem Zuckerspezialisten (Diabetologen) betreut werden.
Welche Folgeerscheinungen treten am Auge auf?
Was ist diabetische Retinopathie?
Die Netzhaut besteht aus Sinneszellen, Nervenzellen und -fasern. Sie ist für die Lichtaufnahme und Weiterleitung zum Gehirn verantwortlich. Nervengewebe benötigt ausgesprochen viel Sauerstoff. Dadurch ist die Netzhaut besonders gegenüber der Zuckerkrankheit empfindlich. Netzhautveränderungen infolge der Zuckerkrankheit werden als diabetische Retinopathie bezeichnet.
Die Diabetische Retinopathie entwickelt sich sehr langsam. Im Durchschnitt tritt sie nach 10 bis 12 Jahren Diabetes auf. Bei schlechter Zuckereinstellung kann sie wesentlich früher, bei guter auch wesentlich später entstehen. Der Augenartz kann verschiedene Stadien der Diabetischen Retinopatie unterscheiden.
Nichtproliferative RD:
Milde nichtproliferative RD:
Von einer milden nichtproliferativen Retinopathie spricht man, wenn wenigstens ein Mikroaneurisma vorhanden ist. Mikroaneurismen sind kleine Ausbeulungen der Kapillaren im Bereich der geschädigten Kapillarwand.
Mäßige nichtproliferative RD:
Mikroaneurismen, Punkt- und Fleckblutungen und harte Exsudate (fettige Ablagerungen) sind die Kennzeichen dieses Stadiums. Es können schon einzelne Cotton Wool-Herde sichtbar sein (Nervenfaserinfarkte).
Schwere nichtproliferative RD:
Neben Veränderungen der mäßigen nichtproliferativen RD treten Kaliberschwankungen der Gefäße, besonders der Venen auf. Diese können teilweise perlschnurartig aussehen. In den äußeren Netzhautanteilen werden vermehrt minderdurchblutete Areale sichtbar. Die Zahl der Cotton-Wool-Herde nimmt zu. Kaliberschwankungen, Cotton-Wool-Herde und nichtdurchblutete Areale in mehr als drei Quadranten gelten als Hochrisikofaktoren zum Übergang in eine proliferative RD.
Proliferative RD:
Beginnende proliferative RD:
Von diesem Stadium spricht man, wenn irgendwo in der Netzhaut eine beginnende Gefäßneubildung sichtbar ist.
Schwere proliferative RD:
Bei Gefäßneubildungen an der Papille bzw. in mehr als zwei Quadranten liegt eine schwere proliferative RD vor. Die genannten Merkmale treten zusätzlich zu den bei der nichtproliferativen Einteilung genannten auf. Eine nichtproliferative DR kann in eine proliferative RD übergehen. Die Hochrisikofaktorenn sind die gleichen und zeigen sich fließend.
Was ist ein klinisch signifikantes Maculaödem?
Unter einem klinisch signifikanten Maculaödem versteht man eine Verdickung der Netzhaut im Bereich der Macula. Diese Verdickung (Quellung) - aber auch harte Exudate - sind meistens in der Umgebung von Mikroaneurismen zu finden.
Das klinisch signifikante Maculaödem kann in allen Stadien der RD auftreten.
Wie verläuft die diabetische Retinopathie ohne Behandlung?
Die milde und die mäßige RD kann sich bei guter Stoffwechseleinstellung zurückbilden. Dann ist keine augenärztliche Behandlung der RD erforderlich. Bei schlechter Stoffwechseleinstellung ist ein Übergang in die schwere nichtproliferative RD wahrscheinlich.
Liegt eine schwere nichtproliferative RD vor, wird die Netzhauterkrankung fortschreiten, da sich auf Grund der fortgeschrittenen Gefäßveränderung und des Sauerstoffmangels die RD verselbständigt.
Eine unbehandelte proliferative RD führt innerhalb der nächsten fünf Jahre sehr wahrscheinlich zur Erblindung.
Wie erkennt man eine diabetische Retinopathie?
Der Patient hat zunächst bei einer beginnenden RD keinerlei Beschwerden. Eine Sehverschlechterung tritt erst auf, wenn die Macula durch die RD mitbetroffen ist oder eine Blutung aus neugebildeten Gefäßen erfolgt. Aus diesem Grund ist es so wichtig, daß regelmäßige Kontrollen beim Augenarzt erfolgen.
Die Netzhautveränderungen können nur bei einer genauen Untersuchung des Augenhintergrundes bei weitgestellter Pupille erkannt werden. Eine genauere Differenzierung der RD-Stadien kann mit der Fluoreszenzangiographie (FAG) erfolgen. Durch sie können winzigste Gefäßneubildungen und minderdurchblutete Areale früher erkannt werden. Die FAG hilft außerdem bei der Verlaufskontrolle. Man erkennt, ob sich nach erfolgter Laserbehandlung Quellungszustände bzw. Gefäßneubildungen zurückgebildet haben.
Wie wird die diabetische Retinopathie behandelt?
Die beste Behandlung ist eine frühzeitig beginnende gute Stoffwechseleinstellung, damit eine RD gar nicht erst auftritt. Bei schweren nichtproliferativen Retinopathien und proliferativen Retinopathien muß eine Argonlaserkoagulation der Netzhaut durchgeführt werden.
Indem die peripheren Netzhautanteile mit vielen Laserherden behandelt werden und damit die Netzhaut in den gelaserten Bereichen zerstört wird, erreicht man ein besseres Verhältnis zwischen dem Sauerstoffangebot und dem Sauerstoffbedarf. Die nichtbehandelten Netzhautareale können besser versorgt werden. Setzt die Laserbeandlung ein, ist es in den meisten Fällen möglich, die Retinopathie zu stoppen und eine Erblindung zu verhindern.
Die Laserbehandlung erfolgt fokal um die Macula zur Behandlung des klinisch signifikanten Maculaödems bzw. panretinal (im Bereich der gesamten Netzhaut). Insgesamt können über 2/3 der Netzhautfläche mit Laser zerstört werden. Dazu sind 3000 bis 4000 Laserherde erforderlich. Kommt es im Rahmen der proliferativen RD zu einer Glaskörperblutung und/oder Netzhautablösung durch Zug, ist eine ppV (pars plana Vitrektomie) erforderlich.
Nicht in jedem Fall gelingt es, durch Laserbehandlung ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Laserbehandlung zu spät einsetzt. Wird die Zuckerkrankheit festgestellt, sollte - auch wenn keine RD vorliegt - einmal pro Jahr die Netzhaut bei weitgestellter Pupille kontrolliert werden. Treten Veränderungen im Sinne einer RD auf oder schreitet eine bisher milde RD fort, sind mindestens einhalbjähliche Kontrollen erforderlich. Beim Übergang von einer mäßigen in eine schwere sollte vierteljährlich nach Einsetzen der Laserbehandlung, ggf. noch öfter kontrolliert werden. Nach Empfehlung des Augenarztes werden entsprechende Termine vereinbart.
RD und Schwangerschaft?
Durch eine Schwangerschaft kann sich eine RD verschlechtern. Deshalb sollten schwangere Diabetikerinnen wenigstens vierteljährlich vom Augenarzt untersucht werden. Eine evtl. notwendige Laserbehandlung schadet dem Kind nicht und kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft durchgeführt werden.