Makuladegeneration
Wie ist die Netzhaut (Retina) aufgebaut?
Die Netzhaut ist die innerste Schicht des Augapfels. sie besteht aus Sinneszellen (Rezeptoren), Schaltzellen (Ganglienzellen) sowie verschiedenen Nervenzellen und -fasern, welche in mehreren Lagen angeordnet sind. Ihre Fortsätze ragen zapfenartig in das Pigmentepithel. Die Rezeptoren (Stäbchen und Zapfen) bilden die äußere Schicht der Netzhaut. Die Zapfen sind für das Farbensehen, die Stäbchen für das Schwarz-Weiß-Sehen zuständig. Am hinteren Pol des Auges befindet sich der gelbe Fleck (Macula) mit einem Durchmesser von etwa 5mm. Zentral vertieft er sich als Grube des schärfsten Sehens (Fovea, Durchmesser 1,5mm) bis zum Zentrum (Foveola, Durchmesser 0,35mm). Die Foveola besitzt nur Zapfen, hier ist die höchste Auflösung des Auges (Sehschärfe) möglich. Von jedem Zapfen verläuft eine Nervenfaser direkt zum Sehnervenkopf (Papille). Mit der Papille ist die Farbunterscheidung möglich. Außerhalb der Macula befinden sich die Stäbchen, mit denen keine hohe Auflösung möglich ist. Sie sind für ein großes Gesichtsfeld verantwortlich und ermöglichen das Sehen bei Dämmerung und in der Nacht. Es wird die Information von je 100 bis 200 Stäbchen über nervale Verbindungszellen (Interneurone) auf eine Nervenfaser geleitet / geschaltet. Die Versorgung der Netzhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen erfolgt in den inneren Anteilen über die eigenen Netzhautgefäße. Die äußeren Lagen, einschließlich der Sinneszellen, werden über das Pigmentepithel der Aderhaut versorgt. In der Macula befinden sich keine Gefäße.
Was ist eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD)?
Bei der Maculadegeneration kommt es aufgrund verschiedener Stoffwechselstörungen zu einer Schädigung und einem Umbau der Macula, welche mit einer Zerstörung der Sinneszellen einhergeht. Dadurch ist das scharfe Sehen im zentralen Gesichtsfeld bis hin zum Verlust der Lesefähigkeit. Betroffene Patienten sehen zentral einen dunklen Fleck, wellige Linien oder stark verschwommen. Dagegen bleibt die Funktion der Stäbchen in den Bereichen außerhalb der Macula erhalten. Somit können sich betroffene Patienten weiterhin orientieren und räumlich zurechtfinden.
Verlaufsformen der AMD:
Man kann eine sogenannte trockene (nicht exsudative) Maculadegeneration von einer feuchten (exsudativen) Maculadegeneration unterscheiden. Bei der trockenen Maculadegeneration sind Stoffwechselablagerungen im Bereich der Macula vorhanden (Drusen) oder es sind zurückgebildete (atrophische) Areale erkennbar. Wenn Flüssigkeit oder Blutbestandteile zwischen Aderhaut und Netzhaut bzw. den Netzhautschichten nachweisbar sind, spricht man von einer feuchten AMD. Einige Formen der trockenen AMD können im Verlauf in eine feuchte AMD übergehen. Bei einer trockenen AMD ist in den meisten Fällen noch eine relativ gute Sehschärfe vorhanden. Eine feuchte AMD geht immer mit einer reduzierten Sehleistung einher. In einigen Fällen ist eine Unterscheidung, ob bereits eine feuchte AMD vorliegt, nur mit einem Fluoreszenzangiogramm (FAG) und / oder OCT möglich.
Ursachen
Risikofaktoren für das Entstehen einer AMD sind allgemeine Erkrankungen wie hoher Blutdruck, Rauchen, Arteriosklerose, Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Zuckerkrankheit und wahrscheinlich familiäre Belastung. Die genauen Mechanismen, wie die AMD entsteht, sind noch nicht geklärt. Man nimmt an, dass eine Störung des Pigmentepithels vorliegt. Dieses kann die erforderlichen Transportmechanismen für die Versorgung der Netzhaut und den Abtransport der Abbauprodukte nicht mehr realisieren. Die Abbauprodukte lagern sich als sogenannte Drusen ein. Kommt es zu Brüchen oder Rissen im Pigmentepithel, entsteht zunächst eine Quellung ("feuchte" AMD). Das Auge versucht, diese Risse zu verschließen. Es wachsen Gefäße aus der Aderhaut durch das Pigmentepithel unter die Netzhaut (chorioidale Neovaskularisation). Sind diese subretinalen Gefäßneubildungen scharf begrenzt, spricht man von klassischer subretinaler Gefäßneubildung. Häufig können diese jedoch nicht abgegrenzt werden. Man spricht von versteckten (okkulten) subretinalen Gefäßneubildungen. Das FAG ermöglicht hier die Unterscheidung.
Wie erkennt man die AMD (Symptome)?
Eine trockene AMD muss nicht zu einer Sehverschlechterung führen. Meistens treten erst Beeinträchtigungen auf, wenn die Erkrankung weit fortgeschritten oder eine feuchte AMD vorhanden ist. Die Quellung der Netzhaut führt zu Verzerrungen und Abknickung von geraden Linien und Kanten. Diese können je nach Ausmaß der Quellung schwanken.
Wenn eine größere subretinale Gefäßneubildung mit Membran vorliegt, die sich unter der Macula ausgebreitet hat, ist eine erhebliche Sehverschlechterung (Sehschärfe unter 10%) vorhanden. Häufig wird ein zentral dunkler Fleck beschrieben oder "fehlende" Buchstaben in einer Zeile, wobei die übrigen Seheindrücke der peripheren Netzhaut ungestört sind.
In einigen Fällen treten plötzliche ausgedehnte Blutungen zwischen Pigmentepithel und Netzhaut auf und führen zu einer plötzlichen Sehschärfereduktion. Da die periphere Netzhaut in aller Regel nicht betroffen ist, bleibt das Gesichtsfeld und die Umfeldwahrnehmung erhalten. Zur Unterscheidung, ob eine trockene oder feuchte AMD vorliegt, wird häufig eine Fluoreszenzangiographie (FAG) durchgeführt. Hierbei wird ein Farbstoff (Fluorescein-Natrium) in die Vene gespritzt. Der Farbstoff verbleibt normalerweise in den Blutgefäßen. Wenn bei einer feuchten AMD Gefäßneubildungen vorhanden sind, tritt der Farbstoff aus den Gefäßen in die Netzhaut aus, da die Gefäßneubildungen einen "undichten" Gefäßwandaufbau besitzen. Somit können die Gefäßneubildungen relativ genau nachgewiesen und lokalisiert werden. Mittels einer speziellen Photographie (Anregung des Farbstoffes zur Fluoreszens) und speziellen Filtern kann der Durchfluss des Farbstoffes durch die Blutgefäße dokumentiert werden.
Behandlungsmöglichkeiten der AMD
Behandlung von Risikofaktoren
Die beschriebenen Risikofaktoren sollten nach Möglichkeit behandelt werden. Dazu zählt eine optimale Einstellung von Blutdruck und Blutzucker. Sportliche Aktivitäten (Wandern) und eine gesunde vitaminreiche Ernährung sollten gefördert werden, Rauchen ist nach Möglichkeit zu unterlassen.
Medikamentöse Behandlung
Die medikamentöse Therapie erstreckt sich auf die medikamentöse Blutdruckregulierung. Eine Förderung der Durchblutung kann mit Aspirin (ASS 100) erreicht werden.
Bei Quellungszuständen ohne Gefäßneubildung kann eine entwässernde Therapie mit Diamox®-Tabletten günstig sein. In einer großen internationalen Studie (AREDS-Studie) konnte nachgewiesen werden, dass die tägliche Einnahme einer Hochdosis von bestimmten Vitaminen und Spurenelementen in bestimmten Fällen die Ausbildung einer feuchten Makuladegeneration signifikant verringern kann. Diese Form der Therapie ist aber nicht bei allen Formen der Makuladegeneration wirksam und muss aufgrund möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden.
Laserbehandlung: Argonlaser
Der Argonlaser (grün) hat eine Wellenlänge von ca. 540nm. Das Laserlicht wird im Pigmentepithel aufgenommen. Man erreicht bei entsprechend hoher Energie eine Erwärmung und Verkochung (Koagulation) des Pigmentepithels und der darübergelegenen Gefäßneubildungen. Dazu sind relativ hohe Energiedichten erforderlich. Da sich die erzeugte Wärme auch in die Umgebung ausbreitet, ist eine Beschädigung benachbarter, noch gesunder Sinneszellen möglich. Die Argonlasertherapie ist nur möglich, wenn es sich um eine scharf begrenzte (klassische) subretinale Gefäßneubildung handelt, die mindestens 200µm von der Grube (Foveola) des schärfsten Sehens entfernt ist. Sonst wird diese durch die Wärmeausbreitung mitgeschädigt und es ist mit einer sofortigen Sehverschlechterung durch die Laserbehandlung zu rechnen. Für eine Laserbehandlung sollte die subretinale Gefäßneubildung nicht größer als der Durchmesser des Sehnervenkopfes sein (1,5 mm). Versteckte subretinale Gefäßneubildungen sind für eine Argonlasertherapie nicht geeignet.
Von allen Patienten, die eine feuchte AMD mit subretinalen Gefäßneubildungen haben, sind ca. 4-8% für eine Laserbehandlung geeignet. Langzeitstudien haben gezeigt, dass 5 Jahre nach der Laserbehandlung maximal 10% der gelaserten Patienten noch einen Vorteil haben. Die Gefäßneubildung kann in der Nachbarschaft des gelaserten Areals erneut wachsen. Es gibt Versuche, die Ablagerungen (Drusen) mit einer vorsichtigen Laserung zu behandeln. Dabei werden zwischen die Drusen schachbrettartig Laserherde von niedriger Energie gesetzt. Man hat beobachtet, dass sich die Drusen in über 50% der Behandlungen auflösen. Großangelegte Studien mehrerer Zentren haben bei Langzeitkontrollen gezeigt, dass bei Patienten nach Laserbehandlung keine Verhinderung des Überganges in eine feuchte AMD zu erwarten ist. Einzelberichte über sehr schnell auftretene Gefäßneubildungen nach der Argonlaserbehandlung von Drusen sind erschienen.
Laserbehandlung: Photodynamische Therapie
Die photodynamische Therapie ist ein Verfahren, das in der Augenheilkunde zur Behandlung von subretinalen Gefäßneubildungen eingesetzt wird. Es handelt sich um eine schonende Laserbehandlung, die ausschließlich die neugebildeten Blutgefäße verschließt und die umgebenden Sinneszellen schont.
Untersuchungsablauf: Wenn die Gefäßneubildung durch das FAG nachgewiesen und lokalisiert ist, wird ein Farbstoff (Verteporfin, Visodyne ®) in die Gefäße gespritzt. Nach einer genau definierten Zeit (15 Minuten) hat sich der Farbstoff an die Innenwände der Blutgefäße geheftet. Eine besonders starke Haftung an die Innenwände der Gefäßneubildungen ist bekannt. Wird der Farbstoff durch einen Diodenlaser (689nm beim Laser der Fa. Zeiss) angeregt, entsteht eine phototoxische Reaktion. Der Farbstoff wird umgewandelt und bewirkt eine Verödung der Gefäße. Die Anregung durch den Diodenlaser erfolgt genau definiert (Ausdehnung und Dauer), damit die Gefäßverödung nur dort geschieht und die übrigen Gefäße der Netz- und Aderhaut nicht beschädigt werden. Der Farbstoff bleibt auch längere Zeit in den Gefäßen der Haut liegen. Deshalb muß nach der Photodynamischen Therapie auf jeden Fall eine stärkere Sonnenbestrahlung bzw. Lichtbelastung für 48 Stunden gemieden werden. Des Weiteren müssen für ein bis zwei Tage Schutzbrillen getragen werden. Die behandelten Personen müssen ein bis zwei Tage langärmlige Bekleidung und bei Sonne eine Kopfbedeckung tragen. Zur Schonung der Augen darf für vier Wochen keine augenärztliche Untersuchung mit der normalen intensiven Beleuchtung durchgeführt werden. Die bisherigen Ergebnisse sind Erfolg versprechend. Die photodynamische Therapie kann bei Bedarf wiederholt werden.
Intravitreale Injektion
Durch das Verfahren der Intravitrealen Injektion werden Medikamente (VEGF-Antagonisten) direkt ins Auge (in den Glaskörper eingebracht). Die Injektion wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt und ist in der Regel nicht schmerzhaft. VEGF (vascular endothelial growth factor) ist einer der wichtigsten Faktoren, der für das Wachstum neuer Gefässe verantwortlich ist. Die Hemmung des VEGF verhindert, dass die neuen, abnormen Blutgefässe unter der Netzhaut wachsen und Flüssigkeit aus ihnen heraustritt.
Das Medikament befindet sich für ca. 4-6 Wochen im Auge und wird vom Körper wieder abgebaut, so dass die Behandlung in der Regel wiederholt werden muss. Die Wirkungsdauer der intravitrealen Injektion und die Erfolgsaussichten sind unterschiedlich. Sie richten sich nach zugrunde liegenden Behandlung und nach dem verwendeten Medikament. Beim Abklingen der Wirkung oder beim Anhalten der Beschwerden ist eine Wiederholung der Einspritzung notwendig.
Makulachirurgie
In einigen Fällen kann durch eine Operation eine Stabilisierung der Sehschärfe erreicht werden. In aller Regel darf vor solch einer Operation keine Laserbehandlung mit Argonlaser stattgefunden haben. Bei solchen Operationen muss zunächst der Glaskörper aus dem Auge entfernt werden (ppV). Anschließend wird die Netzhaut neben der Macula eingeschnitten und hochgeklappt. Die unter der Macula befindlichen Membranen und Blutungen werden vorsichtig herausgelöst. Damit die Netzhaut hinterher wieder sicher zum Anliegen kommt muss Silikonöl oder ein Gas in das Auge eingegeben werden.
Bei frischen Blutungen (nicht älter als 6 Tage) kann ein Medikament zur Auflösung von Blut (rTpA) in den Glaskörper verabreicht werden.
Andere Therapieansätze
Als andere Behandlungsversuche sind Spritzenbehandlungskuren mit Fortecortin® (Dexamethason) versucht worden. Ebenso ist eine Radiotherapie (Bestrahlung) mit niedriger Dosis angewendet worden. Beide Methoden scheinen nach den bisherigen Erkenntnissen keine Vorteile hinsichtlich des Langzeitverlaufes zu erbringen. In einzelnen Fällen führt die antientzündliche Wirkung der Spritzen zu einer kurzzeitigen Entquellung und damit Sehverbesserung. Da darüber hinaus bei der intravitrealen Injektion von Fortecortin®
spezifische Nebenwirkungen wie Anstieg des intraokularen Drucks, Progression der Katarakt und Endophthalmitisrisiko bestehen, erscheint eine Monotherapie mit Triamcinolon zur Behandlung einer neovas-kulären AMD nicht sinnvoll
Wie verläuft die AMD unbehandelt?
Ohne Behandlung entwickelt sich in den meisten Fällen eine Membran und Narben im Bereich der Macula und unter der Macula. Der gesamte Netzhaut-Aderhaut-Komplex wird narbig umgebaut. Nur in wenigen Fällen, wenn das Wachstum der subretinalen Gefäßneubildung nicht zum Stillstand kommt, können ausgedehnte Blutungen oder eine Netzhautablösung entstehen.