Aktivierung von Glutamatrezeptorkomplexen durch Kombination von Experiment, Simulation und maschinellem Lernen
Glutamatrezeptoren sind tetramere Ionenkanäle mit einer ausgeprägten Domänen-Architektur. Trotz zahlreicher struktureller Studien ist das Verständnis der Dynamik dieser Rezeptoren weiterhin lückenhaft. Jüngste Fortschritte in der Strukturbiologie trugen zur Veranschaulichung der Interaktionen zwischen AMPA-Typ Glutamatrezeptoren und auxiliären Untereinheiten bei, doch die Dynamik dieser Komplexe bleibt unklar. Im Rahmen dieses Projektes werden wir die zentralen Interaktionen der Rezeptoraktivierung und deren Modulation durch auxiliäre Proteine isolieren und studieren. Dieses Projekt hat eine methodische und eine angewandte Seite. Auf der angewandten Seite werden wir Laborexperimente an auxiliären Protein-Rezeptor-Komplexen mit Molekulardynamik- (MD) Simulationen verbinden. Dies ermöglicht die Identifikation von Bindestellen und Dynamik der auxiliären Proteinelemente, sowie des Mechanismus, mit dem diese die Kanalaktivität regulieren. Wir beginnen mit einem Vergleich zweier essenzieller auxiliärer Proteine, gamma-2 (Stargazin) und gamma-8, für die seit kurzem Strukturen verfügbar sind. Die Fragestellung lautet, ob eingeschränkte Interaktionen mit nur zwei Rezeptoruntereinheiten ausreichend für die Rezeptormodulation sind. Darüber hinaus werden wir die Hierarchie von positiven und negativen Modulationen bestimmen.
In der letzten Förderperiode nutzten wir maschinelle Lernverfahren, um den Konformationsraum von AMPA-Rezeptoren zu bestimmen und erstellten ein robustes Markov State Model (MSM) der Kanalkinetik. Das Multiproteinsystem, bestehend aus AMPA-Rezeptor und seinen auxiliären Proteinen, liegt nach wie vor außer Reichweite extensiver MD Simulationen. Deshalb werden wir weitere maschinelle Lernverfahren entwickeln, um den Gesamtkomplex als ein System langsam schaltender Untereinheiten darzustellen. Zu diesem Zweck werden wir unseren VAMPnet-Ansatz verwenden und weiterentwickeln. Wir beabsichtigen auch unsere kürzlich vorgeschlagenen Boltzmann-Generatoren zu nutzen, um freie Energieunterschiede zwischen verschiedenen Zuständen von Rezeptor und auxiliären Proteinen effizient zu berechnen. Wir werden die Vorhersagen dieser neuen Methoden experimentell validieren und streben schließlich ein integriertes mechanistisches Modell der funktionalen AMPA Rezeptorzustände und ihrer Kinetiken an.
![Dynamisches grafisches Modell (DGM) (A) Darstellung von Proteinkonformationszuständen entlang einer Zeitschiene. (B) Markov-Modelle (MSM) mit Markov-Zuständen Si und Übergangswahrschein-lichkeiten pij zwischen den Zuständen Si und Sj. Die Anzahl der verschiedenen Markov-Zustände Si kann exponentiell mit der Anzahl der Merkmale zunehmen, und nur beobachtete Merkmals-kombinationen können in Markov-Zuständen codiert werden. (C) DGMs, die unter Verwendung eines dynamischen Ising-Modells dargestellt sind, repräsentieren den aktuellen Zustand des Systems über die Zustände seiner Subsysteme σi, die durch die Parameter Jij gekoppelt sind. Obwohl die Anzahl der Parameter nur quadratisch mit der Anzahl der Subsysteme wächst, kann das DGM viele Zustände exponentiell codieren.](/dynion_media/Bilder/Projekte/II+P8-font-627-height-353-width-480.jpg)
Prof. Dr. Frank Noé
14195 Berlin
Prof. Dr. Andrew Plested
Humboldt-Universität zu Berlin
Lebenswissenschaftliche Fakultät
Institut für Biologie
Invalidenstraße 110
10115 Berlin