Unter Phonochirurgie werden operative Maßnahmen zur Gewährleistung, Verbesserung und Erhaltung der stimmlichen Leistungsfähigkeit zusammengefasst. In weiten Bevölkerungskreisen, insbesondere bei Angehörigen von Stimm- und Sprechberufen, herrscht die Meinung vor, dass operative Eingriffe am Kehlkopf und an den Stimmlippen höchst gefährlich seien, da die Gefahr bestehe, dass die Stimme danach "weg" sei und auch das stimmliche Resultat nicht vorherzusagen sei. In den letzten Jahren wurden jedoch entscheidende Fortschritte erzielt. Durch technische Fortschritte können heutzutage feinste Eingriffe am Stimmapparat so vorgenommen werden, dass nicht nur eine Stimmverschlechterung sicher vermieden, sondern eine gezielte Verbesserung oder Veränderung der Stimme durchgeführt werden kann.
Im Vordergrund steht nicht mehr die Operation auffälliger "Befunde", sondern die Verbesserung der Funktion des Systems "Stimmgebung". Ziel phonochirurgischer Eingriffe ist immer das Optimieren des Endproduktes Stimme. Die betrifft vor allem die Entfernung gutartiger, schwingungsbehindernder Veränderungen an den Stimmlippen, wie Stimmlippenknötchen, Stimmlippenpolypen, Stimmlippenödeme etc. Die Operation wird dabei als endoskopischer, minimal invasiver, mikrochirurgischer Eingriff durch den Mund vorgenommen. Es können dabei unter mikroskopischer Sicht und optimaler Beleuchtung mit feinsten Instrumenten (Scherchen, Zängelchen, Messerchen) die schwingungsbehindernden Veränderungen von den Stimmlippen entfernt werden, ohne dass tiefer liegende Stimmlippenanteile geschädigt werden.
Eine weitere, völlig neue und grundsätzlich andere Art stimmverbessernder Operationen sind Eingriffe am Kehlkopfskelett zur Veränderung der Stellung und Spannung der Stimmlippen. Kann z. B. nach einer Stimmlippenlähmung die Stimmritze bei der Stimmgebung nicht mehr vollständig verschlossen werden, resultiert eine leise und verhauchte Flüsterstimme. Durch eine Verlagerung der gelähmten Stimmlippe in die Mitte (sogenannte Medialisierung) kann wieder ein vollständiger Stimmlippenschluß hergestellt werden (Abbildung), die Stimme wird dadurch wieder kräftiger und klangvoll. In vielen Fällen kann danach sogar ein Lehrberuf wieder ausgeübt werden.
Auch Elastizitätsverluste der Stimmlippen wie sie im Alter und bei verschiedenen Erkrankungen auftreten, können durch Eingriffe am Kehlkopfskelett zumindest teilweise rückgängig gemacht werden, indem die Stimmlippen "nachgespannt" werden. Durch solche spannungsveränderten Eingriffe ist es aber auch möglich, die Stimmtonhöhe zu beeinflussen, wie es z. B. bei Fällen einer Geschlechtsumwandlung von Mann zur Frau notwendig sein kann. Es ist jedoch zu betonen, dass phonochirurgische Eingriffe nur einen Teilaspekt in der komplexen Behandlung von Rehabilitation stimmgestörter Personen darstellen. Phonochirurgische Maßnahmen dürfen niemals allein und isoliert durchgeführt werden, sondern nur auf dem Boden einer umfassenden Diagnostik und im Rahmen eines komplexen Behandlungskonzeptes, das konservative d. h. medikamentöse, physikalische (z. B. Inhalationen), logopädisch-stimmtherapeutische, eventuell auch psychotherapeutische und eben chirurgische Maßnahmen umfasst.