Das pleomorphe Adenom ist von allen Speicheldrüsentumoren der häufigste Tumor. Das pleomorphe Adenom ist ein gutartiger Tumor. In den meisten Fällen handelt es sich um einen kugeligen, eher festen platzbegrenzten Tumor. Der Tumor wächst sehr langsam, ist schmerzlos, und fällt deshalb erst bei deutlicher Größenzunahme als Vorwölbung im Bereich der betroffenen Speicheldrüse auf.
In Einzelfällen kann ein gutartiges pleomorphes Adenom auch zu einem bösartigen Tumor entarten. Die wird manchmal beobachtet, wenn der Tumor über viele Jahre weiter gewachsen ist und nicht behandelt wurde. Die Therapie der Wahl ist die Entfernung des Tumors. Hierzu gibt es keine empfehlenswerte Alternative. Wie so häufig bei gutartigen Tumoren spricht auch dieser gutartige Tumor nur sehr schlecht auf eine Bestrahlungsbehandlung an. Daher wird von uns von einer Strahlentherapie abgeraten. Eine empfehlenswerte Chemotherapie zur Behandlung dieses gutartigen Tumors gibt es ebenso nicht.
Ein frühzeitiges Entfernen des Tumors ist im Regelfall zu empfehlen, da mit zunehmendem Tumorwachstum auch die Operationsrisiken steigen und mit zunehmendem Tumorwachstum wahrscheinlich auch die Möglichkeit einer Entartung des Tumors steigt.
Es wurden in einer Forschungskooperation umfangreiche feingewebliche Untersuchungen zusammen mit dem Pathologen Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Arnold aus Essen an nicht voroperierten pleomorphen Adenomen der Ohrspeicheldrüse vorgenommen. Wir konnten zeigen, dass dieser Tumor im Gegensatz zur vielfach verbreiteten Meinung nicht von einer echten Kapsel umgeben ist. Das umgebende Bindegewebe wird durch das Tumorwachstum zusammengedrückt und täuscht lediglich eine Kapsel vor. Deshalb spricht man richtigerweise von einer Pseudokapsel. Diese Pseudokapsel ist bei fast allen Tumoren lediglich 20 µm breit (1 µm = 1/1000 Millimeter). Bei der Hälfte der Tumore finden sich Stellen, an denen die Pseudokapsel gar nicht vorhanden ist, und ein Viertel hat fingerförmige Ausläufer an seiner Oberfläche.
Diese Ergebnisse sind für die richtige Behandlung von pleomorphen Adenomen extrem bedeutsam: Das langsame Wachstum und die rundliche Form verleitet bei unzureichender Diagnostik leider immer noch häufig zur Annahme, dass es sich bei dem festgestellten Knoten im Bereich der Ohrspeicheldrüse um eine Lymphknotenvergrößerung handelt. Es wird leider heute unter dieser falschen immer noch häufig versucht, den Tumorknoten isoliert aus der Drüse auszuschälen. Diese Art der Operation nennt man Enukleation. Aufgrund der oben genannten Eigenschaften des pleomorphen Adenoms kann dies fatale Folgen für den Patienten haben: Die hauchdünne Pseudokapsel kann verletzt werden. Dann können Tumorzellen in das umgebene Wundgewebe gelangen und hier unbemerkt verbleiben. Kleine fingerförmige Ausläufer werden übersehen und abgeschnitten; und bleiben somit auch unbemerkt im Wundgebiet. Die unabwendbare Folge ist eine Tumoraussaat und die Ausbildung eines Rezidiv-Tumors. Eine Enukleation als Erstoperation birgt als das hohe Risiko einer unvollständigen Tumorentfernung! Nach Literaturangaben liegt das Rezidivrisiko bei einer einfachen Enukleation zwischen 20 und 40%. Daher ist eine weitaus ausgedehntere Operation unbedingt notwendig. Die Operationstechnik wird weiter unten beschrieben. Bei einer sorgfältigen Operation sinkt das Rezidivrisiko unter 2%.