"Der damals knapp 70jährige Patient hatte Glück, dass ihn beim ersten Kammerflimmern rechtzeitig ärztliche Hilfe erreichte und ihn beim zweiten der Defibrillator schützte", erläuterte der behandelnde Kardiologe, Dr. Achim Klumbies, während des Herz-Seminars für Patienten, Angehörige und Interessierte, das am 24. November im Rahmen der Herzwoche 2010 stattfand und sich der konservativen und chirurgischen Behandlung von Herzrhythmusstörungen widmete. "Doch dieses Glück haben nicht alle. Allein in Deutschland erleiden jährlich rund 120.000 Menschen ein Kammerflimmern, von denen etwa 80.000 am plötzlichen Herztod versterben", verdeutlichte der Direktor der Klinik für Innere Medizin I, Prof. Hans-Reiner Figulla, die Dimension des Problems.
Weit weniger gefährlich als Kammer- ist Vorhofflimmern, an dem zwischen vier und sechs Prozent der Über-60jährigen und neun bis 15 Prozent der Über- 80jährigen leiden. Beim Vorhofflimmern überlagern arrhythmische Erregungswellen die regelmäßigen elektrischen Impulse des Herzens und bringen es aus dem Takt. "Häufig gelingt es, den Herzrhythmus mittels eines Kathetereingriffs dauerhaft zu normalisieren. Dabei werden im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung die Regionen, die für das Vorhofflimmern verantwortlich sind, ermittelt und durch Hitze oder Kälte punktförmig verödet. Der Eingriff hat eine Erfolgsrate von über 75 Prozent", betonte Oberarzt PD Dr. Ralf Surber. "Doch das Vorhofflimmern kann nicht nur konservativ, sondern auch mittels eines chirurgischen Eingriffs, der MAZEOperation, behandelt werden", erläuterte der Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Prof. Torsten Doenst. Dazu wird mittels chirurgischer Schnittführung in den Vorhöfen ein "Labyrinth" (englisch: Maze) aus Narbengewebe angelegt, das nicht elektrisch leitfähig ist und zur Unterbrechung der arrhythmischen Erregung führt. Gelingt es weder mit dem Kathetereingriff noch mit der Operation das Vorhofflimmern zu beseitigen, müssen die Patienten lebenslang blutgerinnungshemmende Medikamente einnehmen, um die Bildung von Blutgerinnseln und einen möglichen Schlaganfall zu vermeiden. Allerdings gibt es Möglichkeiten, dieses zu vermeiden, denn die Blutgerinsel bilden sich in den so genannten Herzohren, Ausstülpungen des linken Vorhofs, die mit einem Pfropfen, der über einen Katheter eingeführt wird, verschlossen werden können.
Ein schneller, stolpernder Herzschlag von bis zu 300 Schlägen pro Minute kennzeichnet das Vorhofflattern, das ebenso plötzlich beginnt wie es endet und von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden andauern kann. Durch eine Elektroschocktherapie (Elektrokardioversion) oder die Verödung des Teils des Herzmuskelgewebes, das für die Symptomatik verantwortlich ist, kann das Vorhofflattern beseitigt werden.
22.12.2010
"Es war vor etwa vier Jahren, mein Herz begann plötzlich zu rasen, und ich verlor das Bewusstsein. Die Ärzte am Universitätsklinikum Jena stellten Kammerflimmern, eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung, fest. Mir wurde ein Defibrillator implantiert, der mich vor einem erneuten Kammerflimmern schützen sollte. Und tatsächlich, etwa ein Jahr später, trat der Defibrillator selbstständig in Aktion und rettete mir das Leben..."
Kliniksmagazin - Ausgabe 6/2010|Seite 8 - Presselink
Doch Herzen können auch zu langsam schlagen. Ein krankhaft langsamer Herzschlag unter 40 Schlägen pro Minute, der mit Schwindel symptomatisch verbunden ist, macht die Implantation eines Herzschrittmachers erforderlich. Dieser normalisiert den Herzschlag und verhindert einen lebensbedrohlichen Herzstillstand. "Herzschrittmacher gibt es seit mehr als 50 Jahren, der erste wurde 1958 in Stockholm implantiert. Die Operation war gefährlich und die Technik noch nicht ausgereift, auch die Haltbarkeit der Batterien, die alle zwei bis drei Stunden gewechselt werden mussten, ließ noch zu wünschen übrig. Heute sind die Geräte viel kleiner, leistungsfähiger und zuverlässiger und die Batterien müssen nur noch alle sechs Jahre gewechselt werden", verdeutlichte Dr. Dirk Prochnau die Fortschritte in der Schrittmachertechnik. Komplikationen sind selten. Lebensgefährlich können allerdings Schrittmacher- oder Sondeninfektionen werden. "Treten diese auf, ist der umgehende Austausch des gesamten Systems erforderlich", betonte Dr. Prochnau. Das gilt auch für den implantierten Defibrillator, der, wie eingangs dargelegt, Patienten mit lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und koronarer Herzkrankheit vor dem plötzlichen Herztod schützt. "Das Gerät überwacht den Herzrhythmus kontinuierlich wie ein Langzeit-EKG, es erkennt das Kammerflimmern, gibt selbstständig einen Stromstoß ab und stellt damit den normalen Rhythmus wieder her. "Die meisten Patienten kommen mit diesem Gerät gut zurecht", sagte Dr. Prochnau und verwies darauf, dass auch für Patienten mit Defibrillator fast alle Freizeitaktivitäten möglich sind und auch der Umgang mit elektrischen Haushaltsgeräten ungefährlich ist. Gemieden werden sollten allerdings starke elektromagnetische Felder, weshalb MRT-Untersuchungen bei Patienten mit implantiertem Defibrillator nicht durchgeführt werden dürfen.
Dr. Sigrid Geßner und Dr. Wolfgang Türk schilderten die Behandlung von Patienten mit Herzrhythmusstörungen aus der Sicht des niedergelassenen Kardiologen und verwiesen dabei auch auf die enge Verzahnung von Hausärzten, Kardiologen und Klinik, die in Jena bereits gut funktioniert, im Sinne der zahlreichen, vor allem älteren Patienten mit Herzerkrankungen aber noch weiter intensiviert werden sollte. mv