Bei Endokarditis werden Herzinnenwand und Herzklappen zum Angriffsziel krankmachender Keime. Mit dem Blut eingeschwemmte Bakterien wie Staphylokokken oder Streptokokken lösen eine Entzündung aus, die die Herzklappen – überwiegend Mitral- und Aortenklappe – schädigen. Die Klappen werden undicht oder verengen, bilden Beläge, aus denen Blutgerinnsel zum Beispiel ins Gehirn gelangen und Schlaganfälle verursachen können. Je nach Art und Aggressivität des Keims verläuft die Entzündung rasend schnell oder schleichender. Zwischen 20 und 40 Prozent der an einer bakteriellen Endokarditis Erkrankten sterben.
Umso wichtiger ist es, dass die Betroffenen so schnell wie möglich fachgerecht behandelt werden – und das heißt in den meisten Fällen heutzutage Herzklappen-Operation. "Sobald die Indikation zur operativen Sanierung besteht, muss zeitnah operiert werden, um Schlaganfällen vorzubeugen", betont Prof. Dr. Torsten Doenst, Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie am UKJ. In Mitteldeutschland geschah das, so die Erfahrungen der Jenaer Herzchirurgen, jedoch häufig erst bei weit fortgeschrittenem Krankheitsverlauf. "Wir sahen die Patienten früher häufig viel zu spät", so Prof. Doenst. Aus Sicht der Jenaer Experten spielt dabei eine ganze Reihe von Ursachen eine Rolle, nicht zuletzt die verhältnismäßig geringe Zahl niedergelassener Kardiologen in Thüringen und das lange Warten auf Termine, das von Patienten häufig beklagt wird.
Deshalb wird am UKJ derzeit ein regionales Endokarditis-Netzwerk aufgebaut. Darüber haben umliegende Krankenhäuser und niedergelassene Kardiologen die Möglichkeit, auf das Knowhow und die Erfahrung von Thüringens universitärem Herzzentrum zurückzugreifen – was nicht nur den Kontakt zu den Kardiologen und Herzchirurgen bedeutet. "Über eine Hotline ist zum Beispiel auch ein Infektionsspezialist jederzeit verfügbar", erläutert Dr. Mahmoud Diab, Oberarzt der Jenaer Herzchirurgie und Leiter des Endokarditis-Schwerpunkts am UKJ, in den neben Herzspezialisten auch Infektionsmediziner, Mikrobiologen, Neurologen, Anästhesisten und Radiologen eingebunden sind. In Zukunft soll das Netzwerk auch Fortbildungen für niedergelassene Ärzte anbieten.
Hauptproblem bei Endokarditis sei die schwierige Diagnose der Erkrankung, sagt Dr. Diab. In den meisten Fällen macht sich die Entzündung zwar beim Abhören des Herzens durch besondere Geräusche bemerkbar. Dr. Diab: "Doch Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit oder Nachtschweiß sind Anzeichen, die auch bei vielen anderen Krankheiten auftreten. Da muss man schon daran denken, dass es eine Endokarditis sein könnte." So stehe die Diagnose oft erst mit Verzögerung fest und nicht selten werde dann zunächst – entgegen den medizinischen Leitlinien zur Endokarditis-Therapie – versucht, die Entzündung mit Antibiotika in den Griff zu bekommen. Dies bedeute weiteren Zeitverzug.
Erste Früchte trage das Netzwerk inzwischen, so Prof. Doenst. "Wir sehen mittlerweile die Patienten in den früheren Phasen der Endokarditis - und das hat natürlich eine Wirkung auf den Erfolg der Therapie." (zei)
Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie
Endokarditisschwerpunkt
Dr. Mahmoud Diab
☏ 03641 9-322978