Herzerkrankungen sind vor allem unter älteren Menschen weit verbreitet.
Mehr als 100.000 Herzoperationen werden jährlich in Deutschland durchgeführt, auch am Universitätsklinikum Jena, wo es seit September 1999 eine Herz-chirurgie gibt. "Unsere Klinik bildet das gesamte Spektrum der Erwachsenen-Herzchirurgie ab. Das reicht von Bypass- und Herzklappenoperationen bis zu Kunstherzimplantationen, Herz- und Multiorgantransplantationen", erläutert der Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Prof. Dr. Torsten Doenst.
Zu den Schwerpunkten der Jenaer Herzspezialisten gehören minimal-invasive Herzklappen-operationen sowie die minimal-invasive Bypasschirurgie mit und ohne Herz-Lungen-Maschine. Ebenso sehr komplexe chirurgische Eingriffe wie Doppelt- und Dreifachklappen-operationen sowie kombinierte Mehrfachklappen- und Mehrfachbypass-OPs.
„Derartige Eingriffe sind nur an hoch spezialisierten Einrichtungen möglich“, sagt Prof. Doenst, dessen wissenschaftlicher Schwerpunkt, die chronische Herzinsuffizienz, auch ein klinischer Schwerpunkt der Jenaer Herzchirurgie ist. Die chronische Herzschwäche ist die häufigste kardiovaskuläre Erkrankung und Haupttodesursache in den Industriestaaten.
Allein in Deutschland leiden daran etwa 1,8 Millionen Menschen. Mit fortschreitender Erkrankung reduziert sich die Pumpleistung des Herzens. Dies führt zu Atemnot und einer Verringerung der Leistungsfähigkeit, im fortgeschrittenen Stadium ist die Erkrankung akut lebensbedrohlich. „Wir sind an einer europäischen Forschungsinitiative beteiligt, die die molekularen Ursachen der Herzinsuffizienz untersucht. Dabei beschäftigen wir uns vor allem mit der Frage, inwieweit Defekte des Energiestoffwechsels in den Zellen des Herzens für die Pumpschwäche verantwortlich sind. Außerdem untersuchen wir, ob durch Eingriffe in den Energiestoffwechsel die Pumpleistung des Herzens wieder verbessert werden kann. All dies ist nicht nur wissenschaftlich von Interesse, es hilft uns auch in der klinischen Tätigkeit“, erläutert Prof. Doenst, der zum Führungskreis der STICH-Studie gehört.
Diese weltweit größte herzchirurgische Studie konnte nachweisen, dass eine Bypass-operation Patienten mit einer ischämischen, das heißt durch mangelhafte Durchblutung verursachten Herzinsuffizienz einen Überlebensvorteil bringt. Bei einer Rekonstruktion der Ventrikel, der Herzkammern, so die Studie, ist dies offensichtlich nicht der Fall.
Klappenersatz oder -reparatur?
Von Klappenerkrankungen sind am häufigsten die beiden Klappen des linken Herzens, die Aorten- und die Mitralklappe, betroffen. Während die Aortenklappe, deren Funktion meist durch Stenosen (Verengungen) eingeschränkt wird, fast immer ersetzt wird, steht bei der Mitralklappe die Reparatur im Vordergrund. Mehr als 80 Prozent werden am UKJ repariert, die meisten minimal-invasiv. „Bei den Patienten mit isolierten Mitralklappenerkrankungen handelt es sich meist um jüngere Menschen, die häufig keine weiteren gesundheitlichen Probleme haben. Durch die Operation haben sie einen deutlichen Zugewinn an Lebenserwartung und -qualität“, erläutert Prof. Doenst. Patienten mit Erkrankungen der Trikuspidalklappe, die allerdings wesentlich seltener vorkommen, sind zumeist schwer krank. Entsprechend hoch ist die postoperative Sterblichkeit, die in der Literatur mit bis zu 50 Prozent angegeben wird. „An unserer Klinik liegt sie unter zehn Prozent“, sagt Torsten Doenst. Trikuspidalklappen werden fast immer repariert und nur in Ausnahmefällen ersetzt. In Jena erfolgt dies fast ausschließlich minimal-invasiv. Äußerst selten sind Erkrankungen der Pulmonalklappe, die ebenfalls ersetzt werden kann.
Bei der Aortenklappenstenose, der mit Abstand häufigsten Herzklappenerkrankung, steht der Klappenersatz eindeutig im Vordergrund. Dieser erfolgt seit etwa fünf Jahren zunehmend mittels Katheter. Eine dieser Transkatheterklappen ist die von dem Jenaer Kardiologen Prof. Figulla und seinem Leitenden Oberarzt Prof. Ferrari entwickelte „JenaValve“. „Die Klappen werden von Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam über die Leiste oder die Herzspitze implantiert. Der Eingriff erfolgt in einem Hybrid-OP, den wir seit einigen Jahren auch am Universitätsklinikum Jena haben“, erläutert Prof. Doenst.
Deutschland ist auf diesem Gebiet führend, über die Hälfte aller weltweit implantierten Transkatheterklappen werden hier eingesetzt. „Etwa 6.000 Klappen werden auf diese Weise jährlich implantiert, das ist ungefähr ein Drittel aller in Deutschland ersetzten Aortenklappen. Die Zahl der circa 12.000 chirurgisch ersetzten Klappen ist seither allerdings nur leicht zurückgegangen, denn Transkatheterklappen werden vor allem bei Hochrisikopatienten implantiert, die noch vor wenigen Jahren als inoperabel galten und eine sehr schlechte Prognose hatten“, sagt Prof. Doenst.