Das Ärzteblatt Thüringen ist das offizielle Mitteilungsblatt der Landesärztekammer Thüringen und der kassenärztlichen Vereinigung Thüringen.
Aktuelle Therapieoptionen in der modernen Herzchirurgie I
Koordination: Prof. Dr. Torsten Doenst, Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla
Über 60 Jahre Herzchirurgie – Muss sich ein operatives Fach neu erfinden?
Der Beginn der heutigen Herzchirurgie begründet sich praktisch im ersten Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durch John Gibbon vor 61 Jahren in Philadelphia/USA. Die Herausforderung an die damaligen Herzchirurgen war primär technischer Natur. Sie bestand in der Etablierung routinemäßig anwendbarer Herz-Lungen-Maschinen, der Entwicklung von kardioprotektiven Strategien zum sicheren Stillstellen des Herzens während des erforderlichen Eingriffs und in der Entwicklung und Weiterentwicklung operativer Techniken. Hieraus ergab sich ein rasantes Wachstum des Fachgebietes bis hin zur Jahrtausendwende. Weiter...
Elektive Behandlung der Koronaren Herzkrankheit – Chirurgie überlebenswichtig
Martin Breuer, Tudor Pörner, Mahmoud Diab, Markus Richter, Gloria Färber, Hans-Reiner Figulla, Torsten Doenst
Bei der elektiven Behandlung der Koronaren Herzerkrankung stehen dem Patienten zwei leistungsstarke, invasive Therapieverfahren zur Wahl: zum einen die chirurgische Revaskularisation durch Anlage von Bypässen, zum anderen die Intervention mit Angioplastie und Stentimplantation. In den letzten Jahren sind diese beiden Verfahren oft und qualitativ gut miteinander verglichen worden, sodass mittlerweile eine angemessene Sachlage für einen validen Vergleich vorhanden ist. Diese belegt, dass in der Akutsituation (also bei akutem Koronarsyndrom) die primäre Stentimplantation der Bypasschirurgie vorzuziehen ist. Bei der Behandlung der elektiven Koronaren Herzerkrankung ist das umgekehrt. Hier ist die Bypasschirurgie die einzige Therapiemodalität, die dem Patienten einen Überlebensvorteil bieten kann. Das heißt, die Chirurgie ist „überlebenswichtig“. Dass diese Erkenntnis nicht unmittelbar bei der Diagnose einer Koronaren Herzkrankheit einen operativen Eingriff nach sich ziehen muss oder sollte, zeigen detailliertere Betrachtungen verschiedener Studien. Im Folgenden zeigen wir die derzeitige Evidenz auf diesem Gebiet auf und schlagen Behandlungsstrategien vor, bei welchen die detaillierte Information des Patienten über den jeweiligen Sachverhalt und eine individualisierte Therapiekonzeption im Vordergrund stehen. Weiter...
Herzchirurgische Behandlungsoptionen bei Herzinsuffizienz
Gloria Färber, Mahmoud Diab, Tim Sandhaus, Thomas Steinke, Hristo Kirov, Tatjana Pauli, Atilla Yilmaz, Ole Bayer, Martin Breuer, Torsten Doenst
Die Herzinsuffizienz wird klinisch definiert als ein Syndrom, bei dem die Patienten typische Symptome wie z.B. Luftnot, Knöchelödeme und Müdigkeit aufweisen. Pathophysiologisch betrachtet resultiert die Herzinsuffizienz aus einer Störung der kardialen Struktur oder Funktion. Heute unterteilt man die Herzinsuffizienz (HF) in eine systolische Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (auch HF-rEF genannt) und in eine diastolische Herzinsuffizienz mit erhaltener EF (auch HFpEF genannt).
Die häufigsten Ätiologien für systolische Ventrikelfunktionsstörungen sind die Koronare Herzerkrankung mit ca. 70 Prozent und die arterielle Hypertonie mit ca. 15 Prozent. Seltenere Ursachen beinhalten unter anderem Herzklappenerkrankungen, pulmonale Hypertonie, Peri-, Myo- oder Endokarditis sowie Herzrhythmusstörungen.
Die NYHA (New York Heart Association) Klassifikation I – IV beschreibt nicht nur den Schweregrad der Symptomatik sowie die Einschränkung der physischen Aktivität, sondern ist auch wegweisend bei der Bewertung der Patientenprognose. So liegt die 1-Jahres-Sterblichkeit bei Patienten im NYHA-Stadium I bei 7,5 Prozent, im Gegensatz dazu weist ein Patient im Stadium IV eine 1-Jahres-Sterblichkeit über 50 Prozent auf.
Eine Indikation für ein operatives Vorgehen ergibt sich generell entweder aus symptomatischer oder aus prognostischer Sicht. Die aktuellen Leitlinien zur Behandlung der Herzinsuffizienz haben wesentliche Veränderungen der Empfehlungen vor allem im Bereich der Bypasschirurgie und der Chirurgie zur Anwendung von mechanischen Herzunterstützungssystemen erfahren. In diesem kurzen Übersichtsartikel möchten wir die derzeit im klinischen Alltag praktizierten herzchirurgischen Therapieoptionen zur Behandlung der Herzinsuffizienz und unsere Handlungsrationale illustrieren. Weiter...
Implantierbare Cardioverter-Defibrillatoren, Resynchronisations-therapie und Kontraktilitätsmodulation bei Herzinsuffizienz
Ralf Surber, Dirk Prochnau, Tim Sandhaus, Markus Richter, Torsten Doenst, Hans-Reiner Figulla
In den letzten zehn Jahren konnte durch implantierbare Aggregate die Mortalität bei systolischer Herzinsuffizienz gesenkt und die Lebensqualität deutlich gesteigert werden. In dem Beitrag wird auf den implantierbaren CardioverterDefibrillator, die kardiale Resynchronisationstherapie und die kardiale Kontraktilitätsmodulation eingegangen. Es werden jeweils die Indikationen zur Implantation und der Einfluss auf die Lebensqualität und Mortalität bei Herzinsuffizienz dargestellt.
Die Herzinsuffizienz ist die Hauptursache für Krankenhauseinweisungen bei Patienten über 65 Jahre und stellt in dieser Altersgruppe die häufigste Todesursache dar. So ist die Prognose älterer Patienten nach einer ersten Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz deutlich eingeschränkt, zehn Jahre später sind 99 Prozent dieser Patienten verstorben. Neben der medikamentösen Therapie ist die Implantation von Aggregaten heute zu einer Standardtherapie bei Patienten mit schwerer systolischer Herzinsuffizienz geworden. Weiter...
Aktuelle Therapieoptionen in der modernen Herzchirurgie II – Teil 1
Koordination:
Prof. Dr. Torsten Doenst, Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla, Jena
Konventionelle Klappenoperationen in der Moderne – Schritte zur "Sternotomie-freien Herzchirurgie"
Torsten Doenst, Ralf Surber
Willkommen beim 2. Teil der Sonderausgabe mit dem Thema "Aktuelle Therapieoptionen in der modernen Herzchirurgie". Im Juni hatten wir bereits auf das sich verändernde Umfeld in der Herzchirurgie hingewiesen und die Frage gestellt, ob sich die Herzchirurgie neu erfinden muss. Wir hatten drei Kernbereiche aufgezeigt, in denen der moderne Herzchirurg gefordert ist. Einer dieser Kernbereiche war die Herzklappenchirurgie, um die es in diesem 2. Teil ausschließlich gehen wird. Wir möchten Ihnen in den folgenden Artikeln illustrieren, wie das Neuerfinden aussehen kann und wie der aktuelle Stand der Klappentherapie ist. Wir nennen
das Ergebnis "Sternotomie-freie Herzchirurgie". Zum Verständnis, warum ein Neuanfang nötig ist, lohnt es sich, die Entwicklungen im Bereich der Klappenchirurgie aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Weiter...
Interventionelle Therapie von Herzklappenerkrankungen – Aktueller Stand und Perspektive 2014
Alexander Lauten, Torsten Doenst, Hans R. Figulla
Kaum ein neues Verfahren hat die Behandlung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den letzten Jahren so weitreichend verändert wie die Einführung des perkutanen Klappenersatzes (TAVI), der die Invasivität und Eingriffsdauer des Aortenklappenersatzes erheblich reduziert hat. Die Katheterverfahren haben dazu geführt, dass die traditionell allein in der Hand des Herzchirurgen gelegene Behandlung von Herzklappenerkrankungen auch in den Fokus der interventionellen Kardiologie gerückt ist, sodass in vielen Kliniken die Behandlung von Klappenpatienten heute durch spezialisierte interdisziplinäre Teams erfolgt. Zahlreiche in Zusammenarbeit von Kardiologe und Herzchirurg entstandene klinische Studien haben inzwischen auch die wissenschaftliche Evidenz für die verschiedenen kathetergeführten und konventionellen Therapiekonzepte geliefert.
Neben dem perkutanen Aortenklappenersatz sind heute Katheterverfahren auch für andere Herzklappenerkrankungen verfügbar, sodass prinzipiell bereits heute jede Art der Herzklappenerkrankung interventionell behandelt werden kann. Weiter...
Neues aus der konventionellen Aortenklappenchirurgie
David Gonzalez-Lopez, Paulo Amorim, Mahmoud Diab, Gloria Färber, Hristo Kirov, Torsten Doenst
Erkrankungen der Aortenklappe (v.a. die Aortenklappenstenose) gehören zu den häufigsten Herzerkrankungen weltweit. Mit dem Beginn von Symptomen sinkt die Lebenserwartung stark ab. Nur ein Klappenersatz kann die Symptome spürbar korrigieren und eine relevante
Lebensverlängerung bewirken. Auch wenn seit dem Einzug der Transkatheterklappen in die tägliche Klinik die konventionelle Chirurgie prozentual weniger geworden ist, ist der klassische Aortenklappenersatz weltweit immer noch die am häufigsten durchgeführte Herzklappenoperation. Allein in Deutschland werden über 10.000 Patienten pro Jahr konventionell isoliert an der Aortenklappe operiert, kombiniert mit anderen Prozeduren liegt die Zahl mehr als doppelt so hoch.
Klassischerweise wird eine Aortenklappe über eine Sternotomie ersetzt. Der Ersatz erfolgt dann entweder mit biologischen oder mechanischen Prothesen. Diese Chirurgie ist mittlerweile mehr als 50 Jahre alt. Nun gibt es gerade in den letzten Jahren wesentliche Neuerungen sowohl im technischen als auch im Management-Bereich. Im technischen Bereich wurden minimal-invasive Verfahren entwickelt, die meist über eine partielle Sternotomie einen Aortenklappenersatz erlaubten. Wir können mittlerweile alle Klappenoperationen über eine Mini-Thorakotomie komplett ohne Sternotomie durchführen (Details siehe Färber et al. im Heft 12 des Ärzteblattes). Im Management von Aortenklappenerkrankungen gibt es aber auch Neuigkeiten, deren Kenntnis für den behandelnden Arzt zur optimalen Versorgung dieser Patienten wichtig ist. Sie lassen sich in die folgenden zwei Bereiche gliedern, die im darauffolgenden Text beschrieben werden:
- Antikoagulation (oder "wie Antikoagulation die Hämodynamik beeinflusst")
- Neues zur Hämodynamik (wichtig zum Verstehen auch von Transkatheterklappen)
Aktuelle Therapieoptionen in der modernen Herzchirurgie II – Teil 2
Koordination: Prof. Dr. Torsten Doenst, Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla, Jena
Endokarditis – eine interdisziplinäre Herausforderung
Mahmoud Diab, Marcus Franz, Mathias Pletz, Albrecht Günther, Bettina Löffler, Christoph Sponholz, Hans-Reiner Figulla, Torsten Doenst
Die infektiöse Endokarditis (IE) ist eine häufige Erkrankung, die mit einer hohen Letalität verbunden ist (15 bis 30 Prozent stationäre und bis zu 40 Prozent 1-Jahres-Sterblichkeit). Trotz einer resistenzgerechten Antibiotikatherapie ist ein chirurgischer Klappenersatz bei bis zu 50 Prozent aller Endokarditis-Patienten nötig, welcher sich in vielen Fällen dann als eine technische Herausforderung darstellt. Außerdem erschweren die präoperativen Endokarditis-bedingten Komplikationen die Entscheidung zur operativen Behandlung und die Zeitplanung. Es ist deshalb wichtig, dass die Behandlung solcher Fälle interdisziplinär erfolgt.
Die infektiöse Endokarditis (IE) ist eine bedeutsame Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 3 – 10/100.000/Jahr und einer hohen Letalität. Das epidemiologische Bild der Erkrankung hat sich insbesondere in den letzten zehn Jahren grundlegend verändert. So ist eine Zunahme der durch Staphylokokken oder Enterokokken verursachten IE zu verzeichnen. Demgegenüber steht eine deutliche Abnahme der durch Streptococcus viridans verursachten Erkrankung sowie der so genannten kulturnegativen Endokarditiden. Darüber hinaus steigt das Alter der IE-Patienten kontinuierlich an.
Für die empirische Antibiotikatherapie der Endokarditis gibt es evidenzbasierte Empfehlungen in Leitlinien (ESC-Leitlinien 2009, Empfehlung der DGK sowie der Paul-Ehrlich-Gesellschaft). Die aktuelle Leitlinie der British Society for Antimicrobial Chemotherapy von 2012 bewertet auch neuere Studien und empfiehlt beispielsweise Daptomycin für MRSA-Endokarditiden.
Trotz umfangreicher Leitlinien bleiben die Diagnostik und Therapie der Endokarditis eine klinische Herausforderung, Therapieversager sind selbst unter Studienbedingungen häufig. Wie gesagt ist S.aureus mittlerweile einer der häufigsten Erreger von Endokarditiden. Eine eigene Meta-Analyse verschiedener internationaler retro- und prospektiver Studien zeigte aber, dass das infektiologische Konsil bei einer komplizierteren S.-aureus-Bakteriämie die Letalität um absolut 14 Prozent und relativ 54 Prozent reduziert. S.aureus hat ein hohes Potential zur Ausbildung von Biofilmen und so genannten Persister-Zellen, die einerseits den kulturellen Nachweis erschweren und andererseits Rezidive und septische Abszedierungen (z.B. Spondylodiscitis) verursachen. Weiter...
Aktueller Stand der minimal-invasiven Herzklappenchirurgie
Gloria Färber, Christoph Sponholz, Ali Hamedanchi, Mahmoud Diab, Torsten Doenst
Der traditionelle Weg zum Herzen ist bekanntermaßen der durch das Brustbein, also per Sternotomie. Alternativ hierzu entwickelten sich schon frühzeitig andere Zugangswege, um die am Herzen erforderlichen Operationen durchzuführen. Hierzu gehörten laterale Thorakotomien und auch inferiore Sternotomien, die vor allem für die Behandlung angeborener Herzfehler als Zugangsweg dienten. Die Wurzeln der so genannten minimal-invasiven Herzchirurgie findet man bereits vor 20 Jahren. So stammt zum Beispiel die erste Publikation einer minimal-invasiven Mitralklappenoperation aus dem Jahr 1996. Die Entwicklung neuer Instrumente und Hilfstechniken ermöglicht es dem Herzchirurgen über immer weniger invasive und unter Verwendung deutlich kleinerer Hautschnitte am Herzen zu operieren.
Wie bereits beschrieben, hat die Einführung der Transkatheter-Technologie in die klinische Praxis auch die Entwicklung der minimal-invasiven, konventionell herzchirurgischen Verfahren beschleunigt. Die derzeitige Datenlage bestätigt die Sicherheit dieser minimalinvasiven Verfahren, allerdings verändert sich die hierfür notwendige chirurgische Expertise. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher die wichtigsten Prinzipien in der Behandlung der drei im Erwachsenenalter hauptsächlich betroffenen Herzklappen – der Aorten-, Mitral- und Trikuspidalklappe – vorstellen und Sie über den Stand der jeweiligen Möglichkeit einer minimal-invasiven Versorgung informieren. Weiter...