Forschergruppe Biofilms
Biofilme sind die bevorzugte sessile Lebensform von Mikroorganismen. Sie weisen eine komplexe dreidimensionale Struktur auf, in der die Mikroben in eine sehr variable polymere Matrix, bestehend aus Proteinen, Kohlenhydraten, Nukleinsäuren und anderen Polymeren, eingebettet sind. Biofilme können auf fast allen künstlichen und natürlichen Oberflächen gebildet werden. Sie spielen in der Umwelt eine ökologisch wichtige Rolle, sind aber in der städtischen Infrastruktur (z. B. Leitungswasserleitungen) oder in industriellen Prozessen (Lebensmittelindustrie) störend und schädlich. Treten Biofilme im menschlichen Körper auf, z.B. auf Kathetern, Implantaten, Wundinfektionen, führen sie häufig zu schwerbehandelbaren und oft chronifizierenden Erkrankungen. Ausgereifte Biofilme lassen sich durch medikamentöse Behandlungen kaum vollständig eliminieren, da die in einem Biofilm eingebetteten Mikroben von der schützenden Matrixumgebung profitieren und somit eine stark reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Desinfektionsmitteln, Antibiotika und sogar dem Immunsystem aufweisen. Deshalb widmet sich die Forschergruppe unterschiedlichen Ansätzen der Biofilmbekämpfung.
Aktuelle Projekte
Etablierung von in vitro Biofilmmodellen für zeitaufgelöste standarisierte Analyse von Wirkstoffen
Vorhabenszeitraum: 01.04.2021- 31.03.2026
Gesamtziel des Verbundvorhabens Smart M2IP (Basistechnologie 1) im Rahmen des Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung (LPI) ist die Erforschung und Umsetzung von innovativen Imaging-Plattformen für die qualitative und quantitative 2D-,3D-und 4D-Analyse biologischer Systeme sowie Wechselwirkungen mit externen Einflussfaktoren oder Wirkstoffen. Das UKJ übernimmt hierbei das Teilvorhaben 'Bereitstellung der Referenzanalytik und klinischen Materials sowie von biologischen in vitro und in vivo Modellen.' Das IIMK übernimmt dabei die Aufgabe, verschiedene Biofilm-Plattformen zu etablieren, um pharmakokinetische Analysen von neuartigen Wirkstoffen in bakteriellen Biofilmen zu ermöglichen. Dabei werden verschiedene PhD-Projekte an das übergordnete Teilvorhaben angeköpft, die spezielle wissneschaftliche Fragestellungen bearbeiten und die Biofilm-Modelle dazu aufbauen, standarisieren und für das LPI bereitstellen.
Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 13N15467 gefördert.
Biologicals zur Bekämpfung bakterieller Biofilme
Vorhabenszeitraum: 01.07.2021- 30.06.2026
Da bakterielle Biofilme eine bis zu 100-fach höhere Toleranz gegenüber antimikrobiellen Substanzen aufweisen, lassen sich biofilm-assoziierte Infektion nur schwer effektive behandeln. In diesem Projekt wird deshalb die Wirkung von Bakteriophagen und probiotisch aktiven Mikroorganismen auf bakterielle Biofilme der häufigsten biofilm-bildenden humanpathogene Spezies, P. aeruginosa, K. pneumoniae, S. aureus untersucht. Gleichzeitig sollen für das LPI neuartige optische Analyse Methoden zu Erfassung der Wirksamkeit in Biofilmen etabliert werden.
Das PhD-Pojekt wird im Rahmen des Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung (LPI) durchgeführt und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter den Förderkennzeichen 13N15720 und 13N15467 gefördert.
Galleria mellonella Modell zur Untersuchung von Therapeutika und Implantatmaterialien gegen bakterielle Infektionen und Kolonisierung
Vorhabenszeitraum: 01.04.2021- 31.03.2024
Infektionen durch Biofilmbildung auf Implantaten werden durch den demographischen Wandel und die steigenden Zahlen an Implantationen ein zunehmendes Problem in den Industrieländern. Die antimikrobielle Behandlung ist schwierig und in der Regel muss das Implantat gänzlich entfernt werden. Deshalb wird an verbesserten antimikrobiellen Oberflächen und Therapieoptionen viel geforscht. Allerdings spiegeln in vitro Experiment nicht die tatsächlichen Eigenschaften von Biofilmen wider, weil diese durch Wirtsfaktoren stark beeinflusst werden. Das Galleria mellonella Larvenmodel bietet ein vereinfachtes und handhabbares System, um die Biofilmbildung und Behandlung in einer natürlicheren Umgebung zu studieren. Ferner kann dabei gleichzeitig die Wirtsantwort mit betrachtet werden.
Das PhD-Pojekt wird im Rahmen des Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung (LPI) durchgeführt und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter den Förderkennzeichen 13N15720 und 13N15467 gefördert.
Entwicklung und Validierung eines klinischen MBEC-Assays zur Individualisierung von Biofilm-assoziierten Infektionen
Vorhabenszeitraum: 01.09.2020- 31.08.2024
Kooperationspartner: Universität Leiden, Universität Uppsala, Universität Wein, Universität Bolognia, Paul-Ehrlich-Institut (PEI)
Pseudomonas aeruginosa und Burkholderia cenocepacia sind zwei der kritischsten Erreger bei Mukoviszidose (CF), die schwer behandelbaren Biofilme in der Lunge bilden und mit hoher Mortalität einhergehen. Gezielte therapeutische Strategien, die eine Eradikation der entstandenen Biofilme ermöglichen, sind essenziell für eine erfolgreiche Therapie. Die Aktivität von Antibiotika in Biofilmen wird jedoch nicht durch die routinemäßig bestimmte minimalen Hemmkonzentration (MIC) abgebildet. Die Bestimmung der minimalen biofilmeradizierenden Konzentration (MBEC), die in der Regel deutlich höher liegt als die MHK und therapeutisch oft nicht zugänglich ist, wird derzeit nicht als diagnostische Routineuntersuchung durchgeführt; vor allem wegen der methodischen Hürden. Deshalbliegt der Fokus dieses Projektes auf der Etablierung von routine-fähigen Methoden und Standarisierungen, sowie einer systematischen Analyse von CF-Isolaten und Korrelation zwischen der MBEC des jeweiligen Isolats und dem Patienten-Outcome. Dabei soll eruiert werden, ob eine personalisierte Biofilm-Diagnostik die Therapie bei CF-Patienten verbessern kann.
Das Projekt wird im Rahmen des Innovative Training Networks (ITN) mit dem Titel Training towards Innovative Personalized Antibiotic Therapy (TIPAT) unter den Förderkennzeichen EUUZI72085 durchgeführt und durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Marie Skłodowska-Curie-Finanzhilfevereinbarung Nr. 861323 gefördert.
Wirtsantwort-Biomarker für bakterielle Infektionen mittels RNA-Profiling und Raman-Spektroskopie
Vorhabenszeitraum: 01.09.2020- 31.08.2024
Kooperationspartner: Universität Leiden, Universität Uppsala, Universität Wein, Universität Bolognia, Paul-Ehrlich-Institut (PEI)
Pathogene Bakterien, wie Staphylococcus aureus, können der Immunantwort durch Invasion in Wirtszellen oder durch Biofilmbildung entkommen und führen zu chronischen immer wieder aufflammenden Infektionen. Es gibt auch auch Hinweise daruf, das neben diesen s.g. Escape-Strategien, die Bakterien gezielt das Immunsystem stimulieren und die Immunantwort zu unterdrücken. So konnte gezeigt werden, dass die Treg-Zellen, die sich durch die Stimulation mit dem S. auerus Toxin SpA- ausdifferenzieren als entzündungshemmende Gegenspieler der Th17 agieren. Aus andere unbekannte S. aureus-Effektoren führen zu einer solchen Immunsuppression und könnten damit eine entscheidende Rolle bei der Etablierung der Persistenz von S. aureus bei chronischen Infektionen spielen. Diese Fragestellung, und der Rolle einer antimikrobiellen Therapie bei Biofilm-assoziierten Infektionen wird in dem Projekt adressiert. Ziel ist es, Wirtsmarker zu identifizieren, die eine frühzeitige Indikation des Therapieerfolges oder Versagens oder eine Chronifizierung erlauben.
Das Projekt wird im Rahmen des Innovative Training Networks (ITN) mit dem Titel Training towards Innovative Personalized Antibiotic Therapy (TIPAT) unter den Förderkennzeichen EUUZI72085 durchgeführt und durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Marie Skłodowska-Curie-Finanzhilfevereinbarung Nr. 861323 gefördert.