09.02.2015
Den Patienten richtig und personalisiert behandeln, Zeit und Kosten sparen, eine Vor-Ort-Versorgung ermöglichen,– diese vorrangingen Ziele verfolgt unter dem Schlagwort „Diagnostik vor Therapie“ das Verbundprojekt „Pneumonie bei Immunsuppression“ des Forschungscampus InfectoGnostics, das Anfang Februar an den Start gegangen ist.
Dazu wollen die am Projekt beteiligten Partner ein handliches Testgerät entwickeln, das eine patientennahe Schnelldiagnostik ermöglicht. Die technologische Grundlage bildet eine direkte und weitgehend kultivierungsunabhängige Diagnostik von Erregern. Aufnahme und Verarbeitung der Proben wie Urin, Blut oder Proben aus der Lunge werden vereinfacht und miniaturisiert. Zur Bestimmung der Erreger oder der Wirtsantwort werden neue Methoden zur Vervielfältigung des Erbgutes erforscht und direkte lichtbasierte Verfahren wie Mikroskopie oder Spektroskopie weiterentwickelt.
Lungen- und Atemwegserkrankungen gehören weltweit zu den zehn häufigsten Todesursachen. Die Kosten für Erkrankungen der Atemwege summieren sich hierzulande auf 5,1 Prozent des Gesundheitsbudgets (rund zwölf Milliarden Euro). Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann eine Lungenentzündung von einer Vielzahl von Erregern verursacht werden, die sich teilweise schlecht nachweisen lassen und die durch Standardantibiotika nicht immer erfasst werden. Diese Erreger haben zudem zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika, die eine Behandlung erschweren oder gar unmöglich machen. „Besonders für diese Patienten kann eine frühzeitige, erregerspezifische Diagnosestellung und eine frühe und gezielte Therapie lebensrettend sein, da die körpereigenen Abwehrmechanismen nicht funktionieren“, erläutert Prof. Dr. Mathias Pletz, Leiter des Zentrums für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena und medizinischer Koordinator des Projekts. Aktuell dauert die Identifikation der Erreger lange und ist für den Patienten sehr belastend: Die Lunge wird während einer aufwendigen Spiegelung gespült, um die Erreger in der Spülflüssigkeit nachweisen zu können.
Das Projekt ist ein Verbund zwischen fünf Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie zwei Unternehmen, allesamt Partner des InfectoGnostics Forschungscampus Jena. Die Teilprojekte bewegen sich entlang der Innovationskette von der Feststellung des medizinischen Bedarfs über die Entwicklung neuer Technologien zur Probenaufbereitung bis hin zur Herstellung von Prototypen und neuen Tests. „Das Projekt zur Entwicklung innovativer Diagnostiktechnologien in Jena wird vom BMBF-Programm Forschungscampus in den kommenden fünf Jahren mit 10 Mio. EUR unterstützt“, so Prof. Dr. Jürgen Popp, Gesamtkoordinator des Projekts sowie Vorstand und Sprecher von InfectoGnostics. „Die wachsende Gefahr resistenter Keime bedarf geballter Anstrengung. Dafür schafft das Projekt nun den Rahmen.“ lobt Geschäftsführer Klaus Schindlbeck von der Alere Technologies GmbH das Vorhaben. Der Leiter des Geschäftsbereichs Life Science der Analytik Jena AG Alexander Berka, ergänzt: „Dieses Projekt gibt einen wichtigen Impuls für die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft am Standort Jena“. Die beiden Industriepartner investieren mehr als 4 Mio. EUR in das Vorhaben. Durch den Startschuss des BMBF für die Hauptphase des Forschungscampus konnte das Projekt am 1. Februar die Arbeit aufnehmen. „Ich freue mich, dass wir jetzt den interdisziplinären Ansatz des Forschungscampus auch in unserem Leitprojekt verfolgen können“, sagt Professor Popp.
Beteiligte Partner
- Alere Technologies GmbH
- Analytik Jena AG
- Universitätsklinikum Jena (UKJ)
- Leibniz-Institut für Photonische Technologien e.V. (IPHT)
- Leibniz-Institut für Infektionsbiologie und Naturstoffforschung – Hans-Knöll-Institut e.V. (HKI)
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Ernst-Abbe-Hochschule (EAH) Jena
InfectoGnostics – Forschungscampus Jena
Der InfectoGnostics Forschungscampus Jena beschreitet als öffentlich-private Partnerschaft neue Wege in der Diagnostik von Infektionen und Erregern, wie z. B. Viren, Bakterien und Pilzen. InfectoGnostics wird durch das BMBF im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus – öffentlich private Partnerschaft für Innovationen“ mit zusätzlicher Unterstützung durch das Land Thüringen gefördert. Etwa die Hälfte des benötigten Etats finanzieren die beteiligten Partner.