Hämangiome
Ein Hämangiom (Blutschwämmchen, Erdbeerfleck) ist ein gutartiger Gefäßtumor (gutartige Gefäßneubildung), der bei etwa 2 bis 3 % aller Neugeborenen vorkommt. Bei Frühgeborenen ist das Auftreten von Hämangiomen mit ungefähr 10 % deutlich häufiger. Hämangiome können am ganzen Körper auftreten, sind mit etwa 60 % jedoch am häufigsten im Kopf- und Halsbereich lokalisiert. Hämangiome treten typischerweise in den ersten Tagen oder Wochen nach der Geburt auf und durchlaufen charakteristischerweise drei Phasen. Abhängig von der Lokalisation, der Form und dem Verlauf ist entweder eine aktive Therapie oder ein abwartendes Vorgehen zu bevorzugen.
Begriffe
Die Bezeichnung Hämangiom wird häufig fälschlich für verschiedene Gefäßanomalien mit unterschiedlichen Merkmalen verwendet. Jedoch müssen insbesondere die Hämangiome des Säuglings und Kleinkindes (infantiles Hämangiom) einerseits von anderen Gefäßtumoren (Gefäßneubildung) und anderseits von den so genannten vaskulären Malformationen (Gefäßfehlbildung) abgegrenzt werden. Denn die frühzeitige Unterscheidung ist im Hinblick auf die Entscheidung für eine aktive Therapie oder ein abwartendes Vorgehen unerlässlich.
Anders als die Hämangiome weisen die vaskulären Malformationen keinen Tumorcharakter auf. Hämangiome sind direkt nach der Geburt oft nur diskret vorhanden und können dann in den ersten Lebensmonaten deutlich an Größe zunehmen. Dahingegen bestehen vaskuläre Malformationen häufig schon bei Geburt und werden proportional zum Körperwachstum größer. Im Gegensatz zu den Hämangiomen bilden sich die vaskulären Malformationen in der Regel nicht zurück.
Wie entstehen Hämangiome und was sind die Ursachen?
Hämangiome entstehen, wenn sich Blutgefäße neu bilden und wuchern (Tumorcharakter). Die einem Hämangiom zugrunde liegenden Ursachen sind bislang unbekannt. Neben einer vermuteten hormonellen Steuerung scheinen auch genetische Faktoren eine Rolle zu spielen.
Welche Hämangiomformen gibt es?
Bei den meisten Hämangiomen des Säuglings und Kleinkindes im Kopf-, Hals-, Rumpf- und Extremitätenbereich handelt es sich um sogenannte kapilläre oder kavernöse Hämangiome. Die Rückbildungsrate dieser beiden Neubildungen liegt bei 70 % bzw. 80 %, wobei die Rückbildungsphase ca. bis zum 9. Lebensjahr andauert.
Verlauf
Das Hämangiom durchläuft in der Regel 3 Phasen:
1. Wachstumsphase:
Die Wachstumsphase dauert meist ca. 6 - 9 Monate an, selten länger. Das Hämangiom nimmt hierbei bezüglich Flächenausbreitung und Dicke unterschiedlich schnell an Größe zu.
2. Stillstandsphase:
Die Stillstandsphase kann unterschiedlich lange anhalten.
3. Rückbildungsphase:
Die Rückbildungsphase verläuft je nach Größe und Lokalisation unterschiedlich schnell und ist meistens bis zum 9. Lebensjahr abgeschlossen.
Mögliche Komplikationen
Bei kleinen Hämangiomen im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten, die nicht oder nur sehr langsam wachsen, ist in der Regel nicht mit Komplikationen zu rechnen. Schnell wachsende Hämangiome können in allen Lokalisationen, vor allem jedoch in Bereichen, wo Hautflächen in ständigem Kontakt zu einander liegen (z. B. Hals, Achseln,) problematisch werden. Hierbei kann es zu offenen Wunden mit dem Risiko von bakteriellen Infektionen, Blutungen und Schmerzen kommen. Große Hämangiome können bei Kindern das Wachstum der betroffenen Extremität beeinflussen.
Im Gesichts- und Halsbereich führen größere Hämangiome häufig zu funktionellen Einschränkungen und ästhetischen Beeinträchtigungen. So können Hämangiome des Augenlids die Augenöffnung behindern und eine bleibende Schwachsichtigkeit (Amblyopie) hervorrufen. Im Bereich des Mundes lokalisierte Hämangiome können zu Behinderungen bei der Nahrungsaufnahme, zu dauerhaften Deformierungen der Lippen sowie im Extremfall zu Kiefer- und Zahnstellungsanomalien führen. Ähnliches gilt für die Nase mit der Konsequenz von Nasendeformitäten oder Störung der Nasenatmung. An den Ohren führen stark durchblutete Hämangiome nicht selten zu einem übermäßigen Ohrwachstum und Knorpeldeformierungen.
Kleine Hämangiome bilden sich meist ohne das Zurückbleiben von Restsymptomen zurück. Bei größeren Hämangiomen bleiben häufig sichtbare erweiterte Hautgefäße, Areale ausgedünnter Haut, Narben, überschüssige Gewebe sowie Farbveränderungen der Haut zurück. Diese sogenannten Residuen sind umso ausgeprägter, je größer das Hämangiom vor dem Eintritt in die Stillstands- und Regressionsphase war. Im Gesicht können diese Restsymptome, wie das Hämangiom selbst, je nach Ausdehnung und Lokalisation funktionell behindern und ästhetisch belasten. Diese Komplikationen machen sehr häufig einen operativen Eingriff erforderlich.
Therapie
Kleine Hämangiome, vor allem im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten, bedürfen zunächst keiner Therapie und sollten lediglich regelmäßig kontrolliert werden.
Stark wachsende Hämangiome oder bereits mit Komplikationen behaftete Hämangiome sollten einer frühzeitigen Therapie unterzogen werden, um (weiteren) Komplikationen vorzubeugen. Dies gilt insbesondere für Hämangiome in Problemzonen wie dem Augen-, Lippen- und Nasenbereich. Bei Hämangiomen in der Stillstands- oder Rückbildungsphase ist in der Regel eine abwartende Haltung zu empfehlen. Wenn jedoch Komplikationen zu befürchten sind, ist gegebenenfalls auch in diesen Phasen eine Therapie sinnvoll.
Abhängig von der Lokalisation und der Ausdehnung eines Hämangioms stehen uns heute mit der Kryotherapie, der Lasertherapie, der operativen Therapie und der medikamentösen Therapie verschiedene Behandlungsoptionen zu Verfügung. Welche Therapie am sinnvollsten ist muss für jeden Fall einzeln besprochen und entschieden werden.
Unsere Patienten mit einem Hämangiom werden in einer eigens dafür eingerichteten Sprechstunde am Universitätsklinikum Jena betreut. Im Rahmen dieser Sprechstunde werden die Patienten regelmäßig untersucht und ihre Eltern werden hinsichtlich der weiteren Maßnahmen beraten. Die möglichen Therapieoptionen werden gemeinsam diskutiert und festgelegt. Hierbei erfolgt die Betreuung in enger Absprache mit der/dem behandelnden Kinderärztin/-arzt.
Unsere Sprechstunde für Hämangiome findet montags von 08.00 Uhr bis 12:00 Uhr statt. Terminvereinbarung unter: Tel. 03641/9-323650