Sexismus im Medizinstudium sichtbar machen und Betroffenen eine Stimme geben
Sexismus kann in der medizinischen Ausbildung überall stattfinden. Ob in der theoretischen Lehre durch absichtliche oder beiläufige Bemerkungen, im Praktikum, im Unterricht am Krankenbett oder in der Lehrvisite durch herabsetzende und beleidigende Kommentare bis hin zu unangemessenen Berührungen. Meistens bleibt all dies jedoch im Dunkeln. Ob aus Scham, dem Gefühl der Ohnmacht oder aus Angst vor beruflichen Nachteilen.
Und genau hier setzt X-Ray an:
Medizinstudierende können anonym ihre Erfahrungen mit Sexismus teilen und dabei helfen, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu geben. So entsteht ein Gesamteindruck, welche Formen von Sexismus im Studium stattfinden und was von den Beteiligten als Sexismus erlebt wird.
Ziel von X-Ray
Mit der Web-Plattform "X-Ray" möchten wir Medizinstudierenden die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen zum Thema Sexismus während ihres Studiums zu teilen. Hierbei ist mit Sexismus alles gemeint, was von den Studierenden als belästigend oder diskriminierend empfunden wird, wie Kommentare, Berührungen oder Bewertungen.
Ziel ist es, den Studierenden ein Ventil zu geben, ihre Erfahrungen anonym und direkt teilen zu können, damit ihr Erlebtes nicht geheim bleibt, sondern veröffentlicht wird und andere ermutigt, ebenfalls solche Erfahrungen zu teilen.
Darüber hinaus soll die Plattform der Sensibilisierung der Öffentlichkeit dienen. Über die Plattform X-Ray soll Sexismus im Medizinstudium thematisiert und ein offener Austausch ermöglicht werden. Die hier gesammelten Beiträge sollen auch Grundlage weiterer Diskussionen innerhalb der medizinischen Fakultät zum Thema Sexismus und seiner Prävention sein.
Bisherige Zusendungen ansehen
- Als ich beim Blutspenden war, hat mich die Ärztin gefragt, in welche Richtung es mal gehen soll. Als ich gesagt habe, dass es ein chirurgisches Fach ist, kam sie während der Spende noch 3x um mir zu sagen, wie schlecht das für eine junge Frau sei.
- Bei körperlicher Untersuchung des Pat. hat er mir fest an den Hintern gefasst. Ich war so perplex und sicher, dass vom Oberarzt keine Unterstützung kommt (da ich von ihm schon als schöne junge Dame vorgestellt wurde), dass ich Nix gesagt habe.
- Krankenhaus: Hose extra weit runter gezogen bei Injektion, Freude über junge hübsche Schwester, beim waschen Frage ob man Penis massieren könnte und eincremen. Zimmerausgang versperrt und davor gestellt damit man nicht gehen kann.
- Im PJ in XXX hängt im Arztzimmer der Unfallchirurgen ein pornomäßiges Nacktbild. Auf die Frage, ob man das nicht abhängen könnte wird das Revier verteidigt, weil das die Älteren schon immer so haben. Widerliche Typen waren das.
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Pflegepraktikum Nephrologie XXX. Ein Patient nennt mich "Schatz". Nach deutlichen Hinweisen, dass das bei mir nicht erwünscht ist, scheint er dies auch einzusehen. Als ich einige Tage später wieder komme, werde ich erneut mit "Schatz" begrüßt.
- Oberarzt im OP: „Sie als Frau sollten nicht in die Chirurgie gehen, das können Sie nicht mit Ihrem Kind vereinbaren wenn sie Mutter werden. Machen Sie lieber etwas Entspanntes in Teilzeit, das ist für Sie und Ihr Familie dann besser.“ Ich war 18.
- Patient fragt: "Werden Sie hier sein, wenn ich entlassen werde? Wollen Sie mit mir nach Hause kommen?"
- Ein Kommilitone und Ich wurden gemeinsam als Studenten vorgestellt. Er wurde als Arzt oder Doktor, ich als Schwester angesprochen. Auch einer der Ärzte sah ihn als zukünftigen Kollegen, mich als Schwester.
- Patient griff mir ungefragt an den Hintern. Als Ich darauf empört reagierte meinte er dort sei nur eine Fussel gewesen und Ich solle mich nicht so haben.
- Nach dem Festziehen des Stauschlauchs beim Blutabnehmen in der Famulatur, älterer männlicher Patient: "Aha, jetzt machen wir Fesselspiele."
- Während einer körperlichen Untersuchung eines älteren Mannes zwinkerte er mir konstant zu und machte Kussbewegungen mit dem Mund. Der Arzt, der den Kurs gab hat das nicht bemerkt und andere Studierende waren nicht dabei. Ich habe nichts gesagt.
- Nach meiner ersten OP habe ich nicht sofort die Damenschleuse gefunden und fragte 2 Ärzte danach, die den Gang entlangliefen. Sie sagten, es könne mir doch egal sein, ich solle einfach bei ihnen mit in die Männerschleuse kommen, sie würden sich freuen.
- Als studentische Aushilfe in der Pflege (Sitzwache); Patient aus Nebenzimmer: "Wenn dir langweilig ist da draußen, bei mir im Bett ist noch Platz"
- Junge Assistenzärztin bringt 2 Studentinnen zum Patienten für Anamnesegespräch: "Für Sie habe ich extra die zwei jungen hübschen Studentinnen dabei"
- Mehrfache Schilderung auf verschiedenen Stationen: "Ich brauche hier mal einen starken Mann zum Lagern"
- Im Pflegepraktikum ruft ein bettlägeriger Patient und meint, dass seine Windel zu eng sei. Daraufhin wurde die Windel etwas anders festgemacht. Der Patient zieht energisch die Windel runter, schnappt sich die Hand der Praktikantin, welches er in Richtung seines Geschlechtsteils ziehen will, und ruft: "Jetzt haben Sie sich doch nicht so!"
- Stationspraktikum Neurologie: Studentin untersucht Patienten neurologisch. Patient macht Aussagen, wie: "Es ist viel schöner wenn Sie das bei mir machen, gestern musste ich mir das von einem jungen Mann über mich ergehen lassen. Mit so jungen hübschen Frauen macht es viel mehr Spaß." Dieser wird in seinen Aussagen von dem Zimmernachbar bestärkt.
- Pflegepraktikum - älterer männlicher Patient: „Ich kann auch noch mehr als nur die Socken ausziehen.“
- Berufsfelderkundung Gynäkologie in einem kleinen Lehrkrankenhaus - betreuender Chefarzt: „Also so kleine Blonde wie Sie dürfen bei mir gern das Bett in der Nachtschicht warmliegen und wenn Sie's gut machen auch liegenbleiben.“
- Unterricht am Krankenbett - Patient: „Bei Ihnen lasse ich gerne sofort die Hose runter“- betreuender Arzt: „Ach, da haben wir ja gleich Ihren Patienten gefunden.“
- Bei Famulatur nach Anlage einer Aszitesdrainage gemeinsam mit einem Assistenzarzt, zurück im Stationszimmer - Pflegeleiter: „Na, habt ihr wieder schön gevögelt?“
Mein Erlebtes schildern
Bitte beachten Sie noch folgende Hinweise:
Sollten Sie nicht am Uniklinikum Jena studieren und trotzdem Ihr Erlebtes schildern wollen, nennen Sie bitte Ihren Studienort oder weisen Sie darauf hin, dass Sie nicht in Jena studieren.
Kommentare mit Lob, Kritik usw. können Sie gerne nach der Erlebnisschilderung verfassen. Diese werden wir nicht direkt veröffentlichen, sondern in eine spätere Evaluation der Plattform X-Ray einbeziehen.
Persönliche Beratung
Möchten Sie eine persönliche Beratung, können Sie direkt Kontakt zur Gleichstellungsbeauftragten des UKJ, Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke, bzw. dem Gleichstellungsbüro aufnehmen.
Sie können sich auch an die psychologische Mitarbeiterberatung des AMD wenden, entweder per E-mail unter: oder unter der Telefonnummer 03641 939 80 47 einen persönlichen Besprechungstermin vereinbaren.
Wer steckt hinter dem Portal?
Das Web-Portal X-Ray wurde im Rahmen eines Lehreprojektes entwickelt und an den Start gebracht. Beteiligt waren hierbei die Medizinstudierenden Sabrina Bressler & Monika Vermes, die Grafikdesignerin Edda Jeggle, die Gleichstellungsbeauftragte des UKJ, Prof. Dr. Felicitas Eckoldt-Wolke sowie apl. Prof. Uwe Berger vom IPMPP des UKJ.
Was passiert mit meinen Daten?
Der Eintrag unter "Mein Erlebtes schildern" erfolgt anonym. Ein Rückschluss auf die Person, die den Text verfasst hat, ist nicht möglich. Es werden nur die Daten erfasst, die im Eingabefeld eingetragen werden. Bevor die Schilderungen öffentlich gemacht werden - unter der Rubrik "Bisherige Zusendungen ansehen", werden Sie vom Projektteam eingesehen und es werden alle Hinweise auf Personen (außer die freiwilligen Angaben über den/die Verfasser:in des Beitrags) entfernt. Daher kann bis zur Veröffentlichung einige Zeit vergehen.
Die Original-Beiträge werden auf dem Dienstrechner des Projektleiters (apl. Prof. Dr. Uwe Berger, Datenschutzbeauftragter des IPMPP) und damit auf einem geschützten Laufwerk des Universitätsklinikums Jena gespeichert. Die Löschung erfolgt gemäß DSGVO, sobald eine Weiterverarbeitung nicht mehr intendiert ist, spätestens jedoch nach 10 Jahren.
Die Beiträge werden in anonymisierter Form nach Abstimmung im Projekt-Team veröffentlicht (z. B. im Rahmen von Fachartikeln in Fachzeitschriften, Pressemitteilungen, Kongressbeiträgen) und ggf. in Qualifikationsarbeiten (z. B. Doktorarbeiten im Rahmen des Medizinstudiums am UKJena) weiterverarbeitet.
Auch wenn in einem Beitrag Erlebnisse geschildert werden, die einem Straftatbestand entsprechen, werden die Beiträge anonymisiert und nicht an das Gleichstellungsbüro oder eine Strafverfolgungsbehörde weitergeleitet. Dies kann nur die betroffene Person selbst initiieren, indem sie sich selbst an das Gleichstellungsbüro des UKJ (siehe "Persönliche Beratung") oder eine Strafverfolgungsbehörde wendet.