Forschung & Methodik
Unsere Forschungsschwerpunkte
Alle Mitarbeiter der Sektion sind in der Grundlagen- und translationalen sowie klinischen Forschung tätig.
Unser translationaler Forschungsansatz umfasst Analysen auf subzellulärer und zellulärer Basis, Untersuchungen an Tiermodellen bis hin zu klinischen Studien und ermöglicht auf diese Weise eine Überführung neuer Ergebnisse in die Entwicklung neuer Therapiestrategien. Durch die enge Verzahnung der Sektion mit der Klinik für Neurologie kann eine optimale Patientenversorgung gewährleistet werden.
Ein Forschungsschwerpunkt unserer Arbeitsgruppe sind autoimmun bedingte Gehirnentzündungen, sogenannte autoimmune Enzephalitiden, die sich unter anderem mit psychotischen Symptomen, epileptischen Anfällen und Gedächtnisstörungen manifestieren können. Hier fokussieren wir uns auf Autoantikörper-vermittelte Synaptopathien, bei denen sich das Immunsystem gezielt gegen bestimmte Zielstrukturen an den synaptischen Nervenendigungen wendet. Zur Untersuchung der Rezeptorfunktionen setzten wir auf modernste Bildgebungs- und Messmethoden, wie z.B. höchstauflösende Fluoreszenzmikroskopie und elektrophysiologische Techniken in Zusammenhang mit Zellkultur- und Tiermodellen. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind Pathomechanismen bei systemischer Infektion (Sepsis) und bei Alterungs- und degenerativen Prozessen, die zu einer Funktionsstörung der Gehirnfunktion führen. Auch hierbei kann es zu immunvermittelten Schädigungen zentraler Synapsen kommen, die wir in unserem Forschungsteam analysieren.
Unsere Forschungsmethoden
Imaging
In neurobiologischen und translationalen Fragestellungen stellen nicht-invasive bildgebende Verfahren eine entscheidende Rolle für das Verständnis zellulärer Funktionen dar. Die visuelle Darstellung von Zellen und Geweben durch Licht- und Elektronenmikroskopie konnte in der Vergangenheit viel zum Verständnis von Zellfunktionen und Veränderungen im Krankheitsmodell beitragen.
- Fluoreszenzmikroskopie | Konfokal-Mikroskopie (LSM 710 und LSM 900, Zeiss)
Unsere Arbeitsgruppe verwendet konfokale Laserscanning-Mikroskopie (LSM 710 und LSM 900, Zeiss), um die Expression und Lokalisation immunhistochemisch markierter Proteine (Rezeptoren, Ionenkanäle und deren Interaktionspartner) in Geweben, Zellen und subzellulären Strukturen zu untersuchen.
Außerdem ist es möglich, während etablierter elektrophysiologischer Messungen einzelne Neurone zu markieren, um anschließend morphologische Veränderungen im Krankheitsmodell durch konfokale Mikroskopie zu untersuchen. Für die Analyse und Darstellung verwenden wir die neueste 3D-Rekonstruktions-Software Imaris 9.2.
- Super-Resolution Mikroskopie
Die konventionelle Lichtmikroskopie besitzt eine maximale optische Auflösung von 250-500 nm, während verschiedene Zellorganellen und subzelluläre Strukturen (Spines, Synapsen, Vesikel) mit Abmessungen zwischen 20-200 nm deutlich kleiner sind. In den letzten Jahren wurden verschiedene neuartige Methoden in der Fluoreszenzmikroskopie entwickelt, die unter dem Begriff „Super-Resolution Mikroskopie“ zusammengefasst werden. Diese Methoden bieten eine optische Auflösung, die weit unterhalb der Beugungsgrenze liegt und die somit eine strukturelle Auflösung auf molekularer Ebene ermöglichen. Erreicht wird die bessere Auflösung durch die Verringerung der sog. ‚point spread function‘ (PSF) im Mikroskop mit Hilfe komplexer Anregungsoptiken (STED, SIM) oder durch die sequentielle Bestimmung der Position einzelner Fluorophore (PALM, dSTORM). In der Arbeitsgruppe ist ein Elyra P.1® sowie ein Elyra 7 System (Zeiss) etabliert, welches verschiedene Methoden der lokalisationsbasierten hochauflösenden Mikroskopie sowie der strukturierten Beleuchtung anwenden kann. Insbesondere wird die dSTORM (direct Stochastic Optical Reconstruction Microscopy) Technik verwendet. Diese Methode nutzt organische Fluoreszenzfarbstoffe, die langlebige Dunkelzustände (OFF-Zustand) aufweisen. Die Dauer des Dunkelzustandes wird durch die chemischen Eigenschaften der Messpufferlösung reguliert und die Farbstoffe kehren stochastisch in den fluoreszierenden ON-Zustand zurück. Während der Bildaufnahme befinden sich die meisten Fluorophore im OFF-Zustand und nur wenige im ON-Zustand. Aufgrund dieses Blinkverhaltens kann in Bildreihen von mehr als 20.000 Einzelaufnahmen die Position einzelner fluoreszierender Moleküle mit hoher Genauigkeit mit Hilfe eines speziellen Schwerpunklokalisations-Algorithmus detektiert werden. Aus der Gesamtheit aller bestimmten Fluorophor-Positionen wird ein hochaufgelöstes Bild erzeugt, wobei typischerweise optische Auflösungen von 20-50 nm erreicht werden. Diese Methode ist sowohl für fixierte Zellkulturen als auch an dünnen Gewebeschnitten (10 µm) einsetzbar.
- Structured Illumination Microscopy - SIM
In der Arbeitsgruppe sind weiterhin hochauflösende Mikroskope vorhanden, die auf dem Prinzip der strukturierten Beleuchtung basieren. Hierbei wird das Beugungslimit durch die Ausnutzung des sogenannten Moiré-Effektes überwunden. Mit diesem Effekt erfolgt durch Überlagerung von verschiedenen Frequenz-Strukturen (Beleuchtungsmuster) eine Reduzierung der Auflösung. Außerdem benötigt dieses Verfahren keinen zusätzlichen Imaging-Puffer und kann auch mit geringeren Laserintensitäten insbesondere für Lebendzellanalysen eingesetzt werden. Somit ist es mit dieser Mikroskopietechnik möglich, zelluläre Veränderungen hochaufgelöst zu untersuchen. Die Größe der zellulären Strukturen, die aufgelöst werden können, bewegen sich im Bereich von etwa 100 nm.
Elektrophysiologie
Das Gehirn ist wohl das komplexeste Organ des menschlichen Körpers. Schätzungen gehen davon aus, dass das zentrale Nervensystem von höheren Säugetieren aus 1011 Neuronen zusammengesetzt ist. Die Neurone kommunizieren mit ihrem Partner über 1015 Kontaktstellen, die als Synapsen bezeichnet werden. Unser Wissen über die synaptische Kommunikation basiert vor allem auf detaillierten Analysen einer geringen Anzahl von Modellsynapsen. Die Funktionen der Gesamtheit der Neurone und deren Netzwerk sind allerdings bisher noch nicht tiefgreifend erforscht. Unsere Arbeitsgruppe nutzt verschiedene elektrophysiologische Methoden, um die synaptische Transmission von Nervenzellen und deren Störungen in verschiedenen Krankheitsmodellen besser zu verstehen.
- Patch-Clamp
Bildquelle: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/patch-clamp-methode/49731
Patch-Clamp-Messungen bieten vielfältige Möglichkeiten, die elektrische Kommunikation zwischen Nervenzellen oder die Eigenschaften von einzelnen Rezeptor- und Kanaltypen zu messen. In unserem Labor verwenden wir whole-cell Patch-Clamp-Messungen in primären hippokampalen Neuronen bei der Untersuchung der Signalübertragung zwischen Neuronen in verschiedenen Krankheitsmodellen. Hierbei können wir sowohl synaptische Ströme von einzelnen Synapsen (exzitatorische/inhibitorische postsynaptische Ströme in der Spannungsklemme) als auch die Generierung von Aktionspotentialen (Strominjektionen in der Stromklemme) in den untersuchten Neuronen messen.
Für die Analyse von reinen postsynaptischen Strömen nutzen wir die Methode der Iontophorese, die es ermöglicht Rezeptortransmitter mit hoher zeitlicher Auflösung direkt auf einzelne postsynaptische Boutons zu applizieren.
Zur Untersuchung von Rezeptoreigenschaften nutzen wir außerdem die Methode der Einzelkanalmessungen in der outside-out-Konfiguration der Patch-Clamp-Methode. Hierbei können einzelne somatisch lokalisierte Rezeptoren aktiviert und deren Einzelkanalströme vermessen werden. Diese Methode kann sowohl in primären Neuronenkulturen als auch im Proteinexpressionssystem angewandt werden.
Wir verwenden stabile Zelllinien wie z. B. HEK293-Zellen zur Expression von Zielproteinen nach Transfektion von Plasmiden in die Zelle. Das Zielgen wird somit exprimiert und reichert sich in der Zelle an. Membranproteine werden teilweise in der Membran verankert, so dass es möglich ist die Eigenschaften dieser Proteine ohne Einfluss von anderen neuronal lokalisierten Proteinen zu untersuchen.
In outside-out Patch-Clamp-Messungen können dann Einzelkanalmessungen oder Untersuchungen an der Kinetik von Rezeptoren durchgeführt werden. Die Analyse der Rezeptorkinetik wird nach gleichzeitiger Aktivierung aller im Membranpatch vorhandenen Rezeptoren durch eine schnelle Applikationstechnik durchgeführt. Hierbei werden Piezokristalle genutzt, um einen zeitlich hochaufgelösten Flüssigkeitswechsel zu realisieren, indem die Messelektrode schnell zwischen einer Messlösung ohne und mit Rezeptortransmitter wechselt.
Tiermodelle & Verhaltensanalyse
In unserer Arbeitsgruppe sind verschiedene neuroimmunologische Krankheitsmodelle etabliert, v. a. Verfahren zur gezielten intrathekalen, intraventrikulären oder intraparenchymalen Applikation aufgereinigter humaner Antikörper über implantierte Katheter oder osmotische Pumpensysteme. Im Rahmen des Sepsis-Schwerpunktes besteht darüber hinaus eine langjährige Expertise mit dem PCI-Modell (peritoneal contamination and infection-Modell). Wir nutzen ferner pharmakologische Zelldepletionsmodelle sowie transgene Tiere, z.B. Knockout-Modelle, induzierbare Knockout-Modelle oder Mäuse mit zellspezifischer Fluoreszenzmarkierung.
Korreliert werden elektrophysiologische Untersuchungen mit detaillierter Verhaltensanalyse im Tiermodell. Hierzu werden insbesondere Lerntestungen (Novel Object Recognition, Barnes Maze, Morris Water Maze) und Angsttestungen (Fear Conditioning, Elevated Plus Maze) verwendet, um den Phänotyp der Versuchstiere im Experiment standardisiert zu ermitteln.
Molekularbiologie
Neben gängigen molekularbiologischen Methoden wie qPCR, Western Blot, digitalem WES und ELISA verwenden wir auch virale Vektorensysteme. Rekombinante Viren werden hierzu bspw. intraparenchymal injiziert.
Mit Kooperationspartnern erfolgen darüber hinaus umfangreiche FACS- (Prof. Kamradt, Institut für Immunologie) und RNA-Seq-Analysen (Prof. Wang, FLI).