Folgende Untersuchungsmethoden werden im Funktionsbereich Bewegungsanalytik zur Unterstützung der klinischen Diagnostik angewandt:
3-dimensionale Bewegungsanalyse
Die Bewegungsanalyse erlaubt eine komplexe Darstellung des sich bewegenden Menschen im Raum. Mit einer speziellen Anordnung wird der Patient gefilmt, wobei nur die auf speziellen Körperpunkten befestigten reflektierenden Marker von den Meßaufnehmern gesehen werden. Aus dieser Information können die Raumkoordinaten der Gelenkpunkte berechnet werden.
Mit Hilfe von Auswerte-Algorithmen können aus den sich räumlich und zeitlich verändernden Gelenkpunkten die Bewegungen in den Gelenken der unteren Extremität - Hüfte, Knie und Sprunggelenk - sowie des Oberkörpers in Frontal-, Sagittal- und Transversalebene berechnet werden.
Die Patienten werden mit den Reflexmarkern an Beinen beklebt. Nach einer kurzen "Warmlaufphase" werden die Messungen gestartet, bis genügend fehlerfreie Messungen aufgezeichnet werden konnten.
Unter Elektromyographie (EMG) versteht man das Aufzeichnen und Darstellen der elektrischen Aktivität der Skelettmuskulatur. Bei einer Muskelkontraktion findet im Muskel ein Austausch von Ionen statt, es fließt also ein bioelektrischer Strom. Man kann die dabei entstehenden Potentialdifferenzen mit Hilfe von Elektroden am Muskelbauch darstellen, was in der Regel für neurologische Fragestellungen notwendig ist. Mit entsprechenden selbstklebenden Elektroden und Verstärkern kann man diese Signale ähnlich wie das EKG (Herzströme) oder EEG (Hirnströme) durch die Haut ableiten. Diese Technik wird Oberflächen-Elektromyographie (surface EMG = SEMG) genannt.
Zur Vorbereitung der Untersuchung der Muskelaktivität im Bereich der Extremitäten werden die Ableitstellen über den zu untersuchenden Muskeln markiert. Die Haut kann mit einer Schmirgelpaste aufgerauht und mit Alkohol gereinigt werden, um dadurch eine Reduzierung des Hautwiderstandes mit möglichst guten Ableitbedingungen zu erhalten. Die mit Kontaktgel gefüllten Elektroden werden aufgeklebt und per Funkan den Hauptrechner zeitgenau gesendet. Es können bis zu 16 Muskeln bzw. 8 Muskelpaare abgeleitet werden.
Zunächst werden die Muskelaktivitätsmuster beim Gehen aufgezeichnet und im Computer gespeichert. Aus den Signalen von mindestens 10 Schrittzyklen werden durch entsprechende Verarbeitungsroutinen gemittelte Aktivitätsmuster bestimmt, die sowohl im Vergleich zu normalen EMG-Aktivitäten aus der Literatur als auch im Links-Rechts-Vergleich bzw. im Vergleich zwischen betroffener und nicht betroffener Seite beurteilt werden können. Ferner können durch Wiederholungsmessungen eventuelle Veränderungen der Muskelaktivitätsmuster festgehalten werden, die sich durch die Behandlung oder den Krankheits- bzw. Gesundungsverlauf ergeben haben.
Die Zielsetzungen stimmen mit vielen Ganglabors in Europa und den USA überein. In der Angewandten Ganganalyse war und ist es, die Methoden der biomechanischen Ganganalyse so zu adaptieren, dass sie dem Patienten, dem Arzt oder Therapeuten unmittelbar zugute kommen. Anwendungen der Ganganalyse sollten daher folgende Kriterien erfüllen (hier schließen wir uns der allgemeinen Meinung der anderen Labore an):
- Patientenfreundlich - schnell: sie dürfen nur wenige Minuten dauern
- Patientenvergleichbar - standardisiert: Messungen müssen immer nach dem gleichen Schema ablaufen. Wird ein Patient auch nach Jahren noch einmal erfasst, müssen die Daten für Langzeitstudien vergleichbar sein.
- Mitarbeiterunabhängig - benutzerfreundlich: die Messungen müssen mit hoher Betriebssicherheit und ohne großen Aufwand für Patient und betreuenden Therapeuten durchzuführen sein.
- Mitarbeiterfreundlich - leicht erlernbar: Der Einschulungsaufwand in Bedienung der Messgeräte und Interpretation der Egebnisse soll gering sein (der praktische Nutzen für den Patienten sollte im Vordergrund stehen). An der Basis steht "noch" die Grundlagenforschung. In Zukunft wird sich vielleicht die "Feedbackmethode" durchsetzen. Mit Hilfe der Bewegungsbefunde können Arzt und Therapeut den Therapieerfolg objektivieren, reliabel und valide anwenden und verschiedene Versorgungen kontrollieren (Therapiefrequenz der Heilmittelverordnungen, Hilfsmittelversorgungen?, Typenauswahl etc.). Ziel der Forschung ist stets die praktische Nutzung der Ergebnisse für den Patienten. Alle derzeit in der Routine eingesetzten Anwendungen wurden vorerst als Forschungsprojekte bearbeitet, die wesentlichen Ergebnisse in weiterer Folge für den Routinebetrieb adaptiert.
Die Basis für dieses Vorhaben sind Grundlagenforschung, sowie die Entwicklung von Bewegungsbefunden. Sämtliche Messaufgaben, diese reichen von der Gelenkwinkelmessung bis zur Erfassung von EMG-Signalen, werden von einem einzigen Computersystem durchgeführt. Die Messdaten werden in einer Bewegungsdatenbank (Intranet) abgelegt. Dies ermöglicht Datenkontinuität über verschiedene Rechner und Betriebssystemversionen hinweg und darüber hinaus die zukunftsweisende Integration der Angewandten Ganganalyse in ein hauseigenes Datenbanksystem.
In der Biomechanik werden zur Quantifizierung von Bewegungsabläufen im wesentlichen drei Typen von Messinstrumenten eingesetzt:
- kinematische: messen den Bewegungsablauf des Körpers oder von Körperteilen im Raum.
- kinetische: messen Kräfte, meist an den Systemgrenzen zwischen Körper und Umwelt
- elektromyographische: messen die elektrischen Potentiale während der Muskelkontraktion
Alle Messinstrumente werden von einem einzigen Computersystem gesteuert und synchronisiert. A/D-Wandler- und Bilddigitalisierungskarten bereiten die Messsignale, Video- und elektromyographische Daten für die Speicherung in einer Datenbank vor. Aus diesem Datenbestand werden die verschiedenen Befunde generiert. Zukunftsweisend können mit Hilfe von Visualisierungsmodulen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasste Bewegungen direkt miteinander verglichen werden. Der Computer stellt auch in Realzeit die Messergebnisse für die Feedback Methoden zur Verfügung
Derzeit werden folgende Anwendungen in der Routine durchgeführt:
- Bewegungsbefunde für die Krankengeschichte, Kontrolle des Therapieverlaufes, Kontrolle therapeutischer und orthopädisch - neurologisch - traumatologischer Maßnahmen.
- Gangphasenbefund: automatische Aufzeichnung (Momentaufnahmen) von charakteristischen Phasen während des Gangzyklus.
- Stand- und Schwungphasenbefund: Erfassen von Kinematik Parameter in der Stand- & Schwungbeinphase.
- Gangsymmetrie: Darstellung der Symmetrie beim Gehen.
- Orthesenstatik: mit Hilfe des Videovektors kann der Lotaufbau der Orthese überprüft werden.
- EMG- Analyse darzustellender Muskelketten