Die AG Translationale Nuklearmedizin und Radiopharmazie widmet sich der Entwicklung innovativer nuklearmedizinischer Verfahren und deren klinischer Translation in die personalisierte Medizin. Ein besonderer Fokus liegt auf der Erforschung neuer Radiopharmaka (radioaktiver Arzneimittel) und auf Tierversuchs-Ersatz-Modellen für die präklinische nuklearmedizinische Bildgebung.
Ei-Modell / „in-ovo“-Modell
Die AG Translationale Nuklearmedizin und Radiopharmazie hat ein neues präklinisches Modell auf Basis embryonierter Eier großer Laufvögel entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Etablierung und Validierung embryonierter Eier der Spezies Strauß und Emu als Tierversuchsersatzmodell (DFG: WI 5346/2-1, FR 2724/2-1) in Übereinstimmung mit den 3R-Richtlinien (Replace, Reduce, Refine). Die Größe der Objekte gestattet die präklinische Evaluierung neuartiger Radiopharmaka mittels humaner Scanner (z.B. PET/CT) und stellt insofern einen bedeutenden Vorteil gegenüber dem kleineren Hühnerei-Modell dar, für das dedizierte Geräte für die Kleintierbildgebung erforderlich sind. So kann zum Beispiel durch die Objektgröße die technisch begrenzte räumliche Auflösung kompensiert werden und die Entwicklungszeit der Embryonen gestattet einen längeren experimentellen Zeitraum. Das Modell wurde bereits erfolgreich zur Etablierung eines neuartigen leberfunktionsspezifischen Radiopharmakons verwendet und hat sich somit als geeignetes 3R-Modell für die Translation zwischen präklinischer Erforschung und klinischer Anwendung erwiesen. Neben der Untersuchung der Biodistribution und Pharmakokinetik verschiedener Substanzen im Embryo werden die Eier auch für die Erforschung von tumor- und entzündungsspezifischen Markern eingesetzt. Im Rahmen einer Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (KK5064501NK0) wurde zum Beispiel ein Tumor-Xenograft-Modell für triple-negativen Brustkrebs auf der Eihaut-Membran (Chorion-Allantois-Membran, CAM) etabliert.
Die AG setzt sich für eine internationale Etablierung und Anerkennung des 3R-in-ovo-Modells ein. Zu diesem Zweck wurde 2024 mit mehreren renommierten Forschern ein wissenschaftliches Netzwerk gegründet - CAM SciNet, Foundation CAM SciNet - Department of Chemistry and Pharmacy (fau.eu)
Experimentelle Radiopharmazie
Methodische Grundlage der Nuklearmedizin ist die Diagnostik und Therapie unter Verwendung radioaktiver Medikamente. Der Entwicklung neuer Radiopharmaka, die hochspezifisch auf bestimmte Zielstrukturen (z.B. Tumore) gerichtet sind, kommt daher bei der Implementierung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren der zentrale Stellenwert zu. In der radiopharmazeutischen Forschung werden mittels gezielter chemischer Synthesen spezifische Biomoleküle isoliert und charakterisiert, die anschließend mit verschiedenen Radionukliden (Radioisotopen) verbunden („radiomarkiert“) werden.
Unsere Gruppe kooperiert hinsichtlich Design und Entwicklung dieser Moleküle eng mit den Arbeitsgruppen der FSU Jena. Hervorzuheben sind hier die Teams von Prof. Weigand und Prof. Weber am Institut für Anorganische und Analytische Chemie (IAAC) der FSU, sowie die Arbeitsgruppe Prof. Schubert und apl. Prof. Gottschaldt vom Institut für Organische und Makromolekulare Chemie (IOMC) und das Pharmaunternehmen SmartDyeLivery GmbH. Für die radiochemische Synthese und Analyse der meist kurzlebigen Radiopharmaka steht in der Klinik für Nuklearmedizin ein Isotopen-Forschungslabor zur Verfügung. Mit Unterstützung der Thüringer Aufbaubank wurde 2022 ein Syntheseautomat beschafft, auf dem die radiochemischen Synthese- und Entwicklungsarbeiten durchgeführt werden (2022 FGI 0011).
Forschungsschwerpunkte
- Etablierung eines präklinischen Modells basierend auf Straußen- und Emu-Eiern
- Entwicklung von Radiodiagnostika für die Quantifizierung der Leberfunktion
- Entwicklung von theranostischen Radiopharmaka für die Diagnose und Therapie von dreifach-negativem Brustkrebs
Klinische Translation
Die frühe Translation, d.h. der Transfer aus der Forschung in die medizinische Anwendung am Patienten, ist dem Team der Nuklearmedizin ein besonderes Anliegen. In den vergangenen Jahren wurden erfolgreich mehrere innovative Radiopharmaka in begründeten Einzelfallanwendungen erstmalig am Patienten angewendet:
- 64Cu-DOTA: Ein Tracer zur Detektion kleinster Leckagen der Cerebrospinalflüssigkeit
- 68Ga-Oxin: Ein Blutmarker zur Identifizierung von Milz-Restgewebe sowie von Blutungsquellen
- 68Ga-TEoS-DAZA: Ein Radiopharmakon, das selektiv von funktionsfähigen Leberzellen aufgenommen und biliär ausgeschieden wird. Es gestattet die Evaluation der Leberfunktion sowie die bildgebungsgestützte Lokalisierung von Gallenleckagen oder –blockaden und die Differenzialdiagnose von Lebertumoren. Das Pharmakon wird derzeit in Kooperation mit einem Jenaer Unternehmen für den pharmazeutischen Markt etabliert (https://inflamedpharma.com).
AG-Mitglieder
Leiter der Arbeitsgruppe: Prof. Dr. med. Martin Freesmeyer
Schwerpunktbereich in-ovo-Modell: PD Dr. med. Thomas Winkens
Schwerpunktbereich Experimentelle Radiopharmazie: Dr. rer. nat. Julia Greiser
Schwerpunktbereich klinische Translation: PD Dr. med. Robert Drescher, MA
Dr. rer. nat. Marta Pomraenke, Chemikerin
Christian Kühnel, MSc, MBA, MSc. Leitender Medizinphysikexperte
Dipl.-Ing. Steffen Wiegand, Medizinphysikexperte
Olga Perkas, Assistenzärztin
Veronika Porwoll, MTRA
DoktorandInnen:
Anne Zenner, MSc
Anna Christl
Hanna Hermeyer
Wiebke Neuschulz
Michelle Wallrodt
Oliver Hintze
Stefanie Volz
Pauline Schweitzer
Elisabeth Schmidt