Therapie
Ziel einer nuklearmedizinischen Therapie ist das Einbringen von radioaktiver Strahlung in den Körper, um gutartige oder bösartige Erkrankungen zu behandeln. Dabei unterscheidet man zwischen Therapieformen, die auf einer nuklearmedizinischen Station erfolgen (stationäre Therapien) und Therapieformen, die ambulant durchgeführt werden können. Die Gesetzgebung bestimmt, unter welchen Bedingungen eine Therapie durchgeführt ist und wie lange ein stationärer Aufenthalt dauert; mindestens sind es jedoch 2 Nächte.
Wir können derzeit auf zwei Therapiestandorte zurückgreifen. Einerseits befinden sich 11 Therapiebetten auf der Station SA4U1 in Jena - Lobeda, die dauerhaft betrieben wird und andererseits befinden sich 10 weitere Betten auf der Station RN02B in dem Standort „Bachstraße“ in der Innenstadt von Jena.
Radiojodtherapie
Die Radiojodtherapie dient zur Beseitigung einer Schilddrüsenüberfunktion, zur Verkleinerung einer vergrößerten Schilddrüse und zur Nachbehandlung von zuvor operierten Schilddrüsenkrebspatienten.
Die Schilddrüsenzellen sowie Schilddrüsenkrebszellen nehmen über spezielle Transporter radioaktives Jod auf. Die bei dem radioaktiven Zerfall von Jod-131 entstehende Betastrahlung bestrahlt die Schilddrüsenzellen oder Schilddrüsenkrebszellen von innen. Diese Strahlenart hat im menschlichen Körper eine kurze Reichweite von wenigen Millimetern, sodass die Strahlung nahezu ausschließlich an dem zu behandelnden Ort wirkt. Dadurch kann eine unnötige Bestrahlung von Nachbarorganen weitestgehend verhindert werden.
Selektive Interne Radionuklid (SIRT)
Die SIRT ist eine nuklearmedizinische Behandlungsform bösartiger Lebertumoren. Die Behandlung stellt eine Option für Patienten dar, deren Lebertumoren nicht mit üblichen Verfahren (wie z.B. einer Operation, einer Verkochung durch Radiofrequenzablation oder einer Laser-Therapie) behandelbar sind und nicht mehr ausreichend auf eine Chemotherapie ansprechen. Die SIRT wird üblicherweise bei lebereigenen Tumoren (hepatozelluläres Karzinom, HCC) oder Lebermetastasen (z.B. Metastasen eines kolorektalen Karzinoms) eingesetzt, kann prinzipiell aber bei bösartigen Lebertumoren jeglichen Ursprungs eingesetzt werden.
Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie (PRRT)
Die PRRT stellt eine etablierte Behandlungsoption neuroendokriner Tumore dar. Neuroendokrine Zellen, welche normalerweise zur Produktion verschiedener Hormone dienen, befinden sich nahezu überall im menschlichen Körper. Genau diese Zellen können sich zu bösartigen neuroendokrinen Tumoren entwickeln, welche ein relativ langsames Wachstumsverhalten aufweisen. Auf der Zelloberfläche dieser Tumore befinden sich eine bestimmte Art von Rezeptoren, die sogenannten Somatostatin-Rezeptoren, die das Ziel-Molekül der PRRT darstellen.
Bei der PRRT kommt üblicherweise ein wirksamer Betastrahler (Radionuklid Lu-177) zum Einsatz, der in unserer hauseigenen Radiopharmazie unter Reinraumbedingungen in einem aufwändigen Verfahren an das DOTATOC gekoppelt wird. Dieser gemeinsame Komplex wird in einer Lösung aufbereitet und anschließend in eine Armvene injiziert. Aufgrund der Eigenschaft des Komplexes, an die Somatostatinrezeptoren zu binden, gelangt das Lu-177 in den neuroendokrinen Tumor und bestrahlt diesen „von innen“. Anschließend stirbt die Tumorzelle ab und wird durch das Immunsystem des Körpers beseitigt. So ist es möglich, viele vereinzelt liegende Metastasen effektiv zu behandeln.
Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel zwei Nächte.
Radioligandentherapie (RLT) mit PSMA
Die Radioligandentherapie mit PSMA (RLT-PSMA) ist eine nuklearmedizinische Therapie zur Behandlung des Prostatakarzinoms. Die Abkürzung PSMA steht für „Prostata-spezifisches Membranantigen“, ein Molekül, welches auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen vorhanden ist. Derzeit wird die Therapie bei Vorliegen von Metastasen des Prostatakarzinoms erst dann eingesetzt, wenn andere Therapieoptionen keine Wirkung (mehr) zeigen oder nicht durchführbar sind. Deutschlandweit wird die Radioligandentherapie seit etwa 2013 durchgeführt und in Jena wenden wir sie seit 2015 in zunehmender Frequenz an.
Bei der RLT-PSMA kommt üblicherweise ein wirksamer Betastrahler (Radionuklid Lu-177) zum Einsatz, der in unserer hauseigenen Radiopharmazie unter Reinraumbedingungen in einem aufwändigen Verfahren an einen Liganden (PSMA-617, PSMA-I&T) gekoppelt wird. Dieser gemeinsame Komplex wird in einer Lösung aufbereitet und anschließend in eine Armvene injiziert. Aufgrund der Eigenschaft des Komplexes, an Prostatakrebszellen zu binden, gelangt das Lu-177 in die Prostatakrebszelle und bestrahlt diese „von innen“. Anschließend stirbt die Prostatakrebszelle ab und wird durch das Immunsystem des Körpers beseitigt. So ist es möglich, viele vereinzelt liegende Metastasen effektiv zu behandeln, wie das untenstehende Patientenbeispiel zeigt.
Die Energie des Lu-177-PSMA wirkt für etwa 6 Wochen zerstörend auf die Metastasen, da es eine lange Halbwertszeit von etwa 7 Tagen hat. Der Therapieeffekt tritt somit nicht unmittelbar nach der Injektion ein, sondern im Verlauf der nachfolgenden Tage und Wochen. Oftmals ist eine Therapie nicht ausreichend, alle Metastasen ausreichend zu behandeln, sodass in den meisten Fällen mehrere Therapien erforderlich sind. Diese erfolgen in einem Abstand von 8 Wochen.
Die Verträglichkeit der RLT-PSMA ist gut. Die meisten Patienten verspüren nur geringe Nebenwirkungen, die im Vergleich zur Chemotherapie oftmals als deutlich weniger belastend beschrieben werden. Häufig treten auf: Müdigkeit, Veränderungen des Blutbildes (Blutarmut, Verringerung der weißen Blutkörperchen und Blutplättchen) sowie eine geringe Mundtrockenheit. Selten kommen vor: Übelkeit, Augentrockenheit, Schmerzen in den Metastasen.
Die RLT-PSMA ist formell eine in Deutschland nicht zugelassene Therapieform, sodass die Behandlung innerhalb eines sogenannten individuellen Heilversuchs stattfindet und das Radiopharmakon unter der Verantwortung des Arztes für den Patienten individuell hergestellt wird (erlaubnisfreie Herstellung nach §13 2b Arzneimittelgesetz). Dies ist eine für nuklearmedizinische Therapien übliche Vorgehensweise in Deutschland und stellt keinesfalls einen Nachteil für den Patienten dar. Die RLT-PSMA wird durch die aktuell gültige Leitlinie „Prostatakarzinom“ als Reservetherapieoption empfohlen, wenn andere Therapieformen nicht mehr möglich sind. Die Kosten der RLT-PSMA werden in der Regel in voller Höhe durch die Krankenkassen (gesetzlich und privat) übernommen.
Wenn Sie sich für die Durchführung einer PSMA-RLT interessieren, bitten Sie Ihren behandelnden Urologen, unser Anmeldeformular auszufüllen und uns zuzuschicken. Wir benötigen sämtliche Vorinformationen (bisheriger Behandlungsverlauf, aktuelle Blutwerte incl. PSA), damit wir die Therapieplanung vornehmen können. Anschließend werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen und einen Termin zur Vordiagnostik vereinbaren, im Rahmen dessen eine PSMA-PET/CT zur Diagnostik durchgeführt wird. Mit diesem bildgebenden Verfahren wird überprüft, ob die Metastasen des Prostatakarzinoms durch die RLT-PSMA therapiert werden können oder nicht. Daher stellt diese Untersuchung eine Grundvoraussetzung für die Durchführung der Therapie dar. Bei Metastasen mit einer ausgeprägten Aufnahme des Radiopharmakon in die Metastasen ist eine bessere Wirksamkeit der Therapie zu erwarten als bei Patienten mit nur geringer Aufnahme in die Metastasen. Diese Information wird – neben aktuellen Blutwerten und dem bisherigen Krankheitsverlauf – dazu herangezogen, um die für Sie richtige Menge an Radioaktivität zu bestimmen.
Die Dauer des stationären Aufenthaltes beträgt üblicherweise zwei, gelegentlich drei Nächte.
Neben der oben erwähnten RLT-PSMA mit dem Betastrahler Lu-177 bieten wir die RLT-PSMA mit dem Alphastrahler Ac-225 an. Diese Therapieform wird seit 2019 in unserer Klinik angewendet. Ac-225 besitzt eine deutlich höhere Energie als Lu-177 und richtet dadurch deutlich mehr Schäden an den Krebszellen an – gleichzeitig wird aufgrund der geringeren Reichweite das umliegende Gewebe besser geschont. Die RLT-PSMA mit Ac-225 wird entweder alleinig oder in Kombination mit Lu-177 (sog. Tandem-RLT-PSMA) durchgeführt. Die Festlegung, welche Therapieform (RLT-PSMA mit Lu-177, RLT-PSMA mit Ac-225 oder die Kombination aus beiden) die für Sie geeignete ist, treffen wir gemeinsam mit Ihnen unter Berücksichtigung der Ausbreitung der Metastasen und der aktuellen Blutwerte. Im Allgemeinen ist es so, dass die RLT-PSMA mit Lu-177 zuerst durchgeführt wird und die RLT-PSMA mit Ac-225 (ggf. als Kombination mit Lu-177) als Reserveoption später im Krankheitsverlauf eingesetzt wird. Die RLT-PSMA mit Ac-225 wird ebenfalls von den Krankenkassen vergütet. Das Universitätsklinikum Jena ist damit eine von wenigen Universitätskliniken in Deutschland, die alle gängigen Radionuklide (Lu-177 und Ac-225) im Rahmen der RLT-PSMA einsetzt.
Radiosynorviorthese (RSO)
Die RSO ist eine ambulante nuklearmedizinische Therapie zur Behandlung chronisch entzündeter Gelenke. Zur Beseitigung der Entzündungsreaktion werden radioaktive Nuklide in das betroffene Gelenk injiziert. Die nur kurzstreckig wirksame Strahlung entfaltet ausschließlich intraartikulär (im Gelenk) ihre Wirkung und führt zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden.
Bevor eine RSO durchgeführt wird, stellen wir die Entzündungsaktivität mit Hilfe einer Skelettszintigraphie dar. Daher erhalten Sie zunächst einen Termin für diese Untersuchung, zu der wir Ihnen auch weitere Informationen zur RSO mitteilen und eine Ultraschalluntersuchung des betroffenen Gelenks durchführen. Anschließend vereinbaren wir einen Termin zur ambulanten Therapie.
Zur Anmeldung oder zur Klärung evt. Fragen wenden Sie sich bitte an das Sekretariat und lassen sich mit dem entsprechenden (Fach-)Arzt verbinden: