Kurzbiografie
1997–2003 | Physikstudium an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel |
2003-2008 |
Dissertation in Biophysik am Zentrum für Biochemie und Molekularbiologie und im Institut für
Angewandte Physik (Prof. U.-P. Hansen), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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2009 |
Postdoc am Zentrum für Biochemie und Molekularbiologie und im Institut für Angewandte Physik
(Prof. U.-P. Hansen), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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2010 |
Postdoc in der Membran Biophysik Gruppe (Prof. G. Thiel), Fachbereich Biologie,
Technische Universität Darmstadt
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2011-2012 |
Postdoc in der Fakultät für Biowissenschaften (Prof. A. Moroni), Universität Mailand, Italien
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2012-2019 |
Juniorgruppenleiterin im Fachbereich Biologie, Technische Universität Darmstadt
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seit 2020 |
Heisenberg Gruppenleiterin im Institut für Physiologie II, Universitätsklinikum Jena
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Forschung
Ionenkanäle sind an einer Vielzahl physiologischer Prozesse beteiligt. Das Verständnis der biophysikalischen Mechanismen von Transport und Gating in diesen Proteinen ist daher eine Voraussetzung für die Entwicklung gezielter Therapien für viele verschiedene Krankheiten. Die quantitative Korrelation von Daten aus verschiedenen Quellen, z.B. elektrophysiologischen Experimenten, Strukturbiologie und Computersimulationen, ist für ein umfassendes Verständnis der beteiligten molekularen Prozesse erforderlich.
Wir verwenden elektrophysiologische und analytische und Techniken, um die erwähnte quantitative Korrelation zu verbessern und neue Informationen über die Funktion der Kanäle zu gewinnen. Die Kombination der Methoden ermöglicht ein Wechselspiel zwischen rechnerischen und funktionellen Ansätzen, was zu einer schrittweisen Verbesserung der Modelle auf beiden Seiten führt. Um die Aussagekraft der experimentellen Daten zu maximieren, werden die meisten Experimente im Modellsystem der viralen Kalium-(K+)-Kanäle durchgeführt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Methoden.
Das Gate im Selektivitätsfilter
Der Selektivitätsfilter (SF) ist das zentrale, am höchsten konservierte Element der K+-Kanäle und hat sich als physiologisch relevantes Gate erwiesen. Er wird durch die Besetzung mit K+-Ionen, die den Kanal passieren, und ein komplexes Wasserstoffbindungsnetzwerk moduliert, welches den SF an der Porenhelix verankert. Wir konnten die Besetzung dieser K+-Bindungsstellen in einem funktionierenden Kanal unter nahezu physiologischen Bedingungen bestimmen und die Richtigkeit dieser Ergebnisse anhand der elektrostatischen Abstoßung von TPrA durch die Ionen im SF zeigen. Wir untersuchen Signalkette zwischen der Ionenbindung und dem Gate im Rahmen der DFG-Forschergruppe 2518 "DynIon".
Modularität von Kanalporen
Ionenkanäle sind modulare Proteine. Ihre zentrale Pore kann auch isoliert funktionieren. In den meisten Kanälen übernehmen jedoch zusätzliche Transmembran- oder lösliche Domänen regulatorische Funktionen. Prominente Beispiele sind die spannungsempfindliche Domäne (VSD) und verschiedene Ligandenbindungs Domänen.
Aber auch das Porenmodul selbst ist modular aufgebaut. Die Poren aller K+-, Na+- und sogar einiger Ca2+-Kanäle haben eine bemerkenswert ähnliche Struktur, aber die Evolution hat zu unterschiedlichen Strategien geführt, z.B. für zytosolische Gates. In diesem Projekt werden wir "Funktionsmodule", z.B. ein isoliertes Gate oder den Selektivitätsfilter, von Kcv-Kanälen auf eukaryotische Kanäle und umgekehrt übertragen und untersuchen, ob und wie diese Module ihre Funktion auf den jeweils anderen Kanal übertragen können. Kanalporen als modulare Systeme aus verschiedenen Bausteinen zu verstehen und zu erzeugen, wird ein großer Schritt sowohl zum Verständnis krankheitsrelevanter Mutationen in einem bestimmten Modul im Kontext des gesamten Proteins als auch zum rationalen Protein-Design sein.
Methoden
Zellfreie Expression und Charakterisierung von viralen Ionenkanälen
Um die Funktion der viralen Modellkanäle zu charakterisieren, verwenden wir ein vollständig zellfreies System. Dadurch werden z.B. Veränderungen in der Lipidzusammensetzung der Zellmembran oder durch endogene Proteine vermieden, die das Ergebnis unkontrolliert beeinflussen könnten. Die Kanäle werden mit einem kommerziellen In-vitro-Expressionskit in Lipid-Nanodiscs exprimiert und für elektrophysiologische Aufnahmen in planare Lipid-Doppelschichten rekonstituiert.
Erhöhung der zeitlichen Auflösung bei elektrophysiologischen Experimenten
Poren Gating ist der Prozess des Umschaltens eines Ionenkanals zwischen leitenden (offenen) und nichtleitenden (geschlossenen) Zuständen. Häufig ist dieser Prozess schneller als die zeitliche Auflösung des Versuchsaufbaus und kann nicht direkt aufgelöst werden, was zu Informationsverlusten führt. Ein weiteres Problem ist, dass Molekulardynamik-Simulationen typischerweise den zeitlichen Bereich von Nano- bis Mikrosekunden umfassen.
Wir nehmen dieses Problem auf zwei Arten in Angriff. Auf der technischen Seite erlaubt die Verwendung von Verstärkern der nächsten Generation die Aufzeichnung von Strömen mit höheren Bandbreiten, wobei das Rauschen beherrschbar bleibt. Auf der analytischen Seite sind wir in der Lage, durch die Analyse des sogenannten "Excess noise" mittels "Erweiterter Betaverteilungen" diese Informationen zu rekonstruierten und die effektive zeitliche Auflösung zu erhöhen. Vor Ort erreichen wir eine Auflösung von Mikrosekunden, in Zusammenarbeit mit dem Shepard-Labor an der Columbia University wurde sogar eine Auflösung von 30 Nanosekunden erreicht, was schon im Bereich der Molekulardynamiksimulationen liegt.
Publikationen
Ausgesuchte Veröffentlichungen
Rauh, O., Opper, J., Sturm, M., Drexler, N., Scheub, D. D., Hansen, U. P., Thiel, G., & Schroeder, I. (2022)
Role of Ion Distribution and Energy Barriers for Concerted Motion of Subunits in Selectivity Filter Gating of a K+ Channel.
J. mol. biol. 434, 167522.
Asymmetric Interplay Between K+ and Blocker and Atomistic Parameters From Physiological Experiments Quantify K+ Channel Blocker Release.
Front. physiol. 12, 737834
Analytica Chimica Acta 1061, 13-27
Sci. Rep. 8, 10406
Proc. Natl. Acad. Sci. USA 115, E1789-E1798
FEBS Lett. 591, 3850-3860
J. Am. Chem. Soc. 139, 7494-7503
Channels 9, 262-280
PLoS One 9, e107406
Nat. Chem. Biol. 10, 457-462
Biochim. Biophys. Acta. 1838, 1096-1103
J. Gen. Physiol. 141, 499-505
Drittmittel
- Project P10 „Neue Ansätze zur Untersuchung der Signalkette des spannungsabhängigen Gatings im Selektivitätsfilter von K+-Kanälen" in der Forschungsgruppe 2518 ‘DynIon’ finanziert durch die DFG (2020)
- Heisenberg Förderung der DFG “Verständnis des schnellen Schaltens von Ionenkanälen mit neuen Strategien für das Zusammenspiel von theoretischen und funktionalen Ansätzen” (2019)
- DFG Sachbeihilfe “Funktionale Bedeutung der Transmembranhelices und des Turrets für das Gating von Kaliumkanälen" (2014)
Lehre
- Langjährige Lehrerfahrung in den Studiengängen Biologie, Molekulare Biotechnologie und (Bio)Physik.
- Hier in Jena: Angebote zu Ionenkanälen in der forschungsorientierten Linie des Medizinstudiums (FOM). Fakultätsübergreifend: Biophysik Lehre in der Physik beteiligen.
Die Covid-19 Pandemie erfordert von uns allen erhöhte Flexibilität und Kreativität in der Lehre. Viele theoretische Fächer können durch Online Angebote abgedeckt werden. Dabei müssen wir darauf achten, die Interaktion zwischen den Studierenden einerseits und zwischen Studierenden und Lehrenden andererseits nicht zu kurz kommt und dass aktive Lernangebote auch ihren Weg in die digitale Lehre finden. Dies kann schon durch ganz einfache Mittel wie ein Quiz, welches von Teams im Wettbewerb um die höchste Punktzahl in der schnellsten Zeit gelöst wird und Frage-Antwort Termine nach digitalen Vorlesungen erreicht werden. Auch Seminare, in denen Studierende eine wissenschaftliche Veröffentlichung nicht nur wiedergeben, sondern in kleinen Gruppen kritisch beleuchten, lassen sich gut per Videokonferenz realisieren.